Kommunalwahlen im Kohl-Land
In Rheinland-Pfalz wird parallel zur Europawahl auf Gemeindeebene abgestimmt – die LINKE hofft auf Besserung
Im seit Jahrzehnten SPD-regierten Rheinland-Pfalz ist die CDU auf Kommunalebene deutlich stärker. Hier ist man sauer auf die schlechte Finanzausstattung. In zwei Wochen wird neu gewählt.
Rheinland-Pfalz ist eines von zehn Bundesländern, in denen das Wahlvolk zeitgleich mit der Wahl zum EUParlament am 26. Mai auch über die Neubesetzung der Räte auf kommunaler Ebene abstimmt. In dem VierMillionen-Einwohner-Land zwischen Pfälzer Wald, Eifel und Westerwald sind rund 3,1 Millionen Menschen mit deutschem Pass sowie knapp 100 000 EU-Staatsangehörige wahlberechtigt. Um eines der 32 000 Ratsmandate in Ortsbezirken, Orts- und Verbandsgemeinden, Landkreisen, kreisfreien Städten sowie dem pfälzischen Bezirkstag bewerben sich nach Angaben des Landeswahlleiters rund 67 000 Frauen und Männer. Zudem sind in direkter Wahl auch 2260 Bürgermeister- und 450 Ortsvorsteherposten zu besetzen. Da in 465 kleineren Ortschaften kein einziger Bürgermeisterkandidat ins Rennen geht, müssen die neu gewählten Räte über die Besetzung der Chefposten abstimmen.
In allen 24 Kreistagen und den Stadträten der zwölf kreisfreien Städte treten SPD, CDU, FDP, die Grünen und die LINKE mit eigenen Listen an. Nahezu flächendeckend ist die Rechtspartei AfD vertreten, die 2016 mit 12,6 Prozent den Sprung in den Landtag schaffte. Sie steht lediglich im ländlichen Kreis Birkenfeld und im kreisfreien Neustadt an der Weinstraße nicht auf dem Stimmzettel. Neben kleineren Parteien spielen vor allem in ländlichen Regionen auch nicht parteigebundene Wählergruppen eine Rolle.
Während das traditionell konservativ geprägte Rheinland-Pfalz seit 1991 kontinuierlich von der SPD regiert wird und die CDU im Land von Ex-Kanzler Helmut Kohl bald drei Jahrzehnte die Oppositionsbänke im Mainzer Landtag drückt, hatten die Konservativen bei fast allen Kommunalwahlen seit 1948 klar die Nase vorn. 2014 errangen die Christdemokraten auf Ebene der Landkreise und kreisfreien Städte 38,6 Prozent und ließen damit die Sozialdemokraten mit 28,8 Prozent weit hinter sich.
Eine Besonderheit im Südwesten ist der Bezirkstag Pfalz, der in der Nachkriegszeit geschaffen wurde, um das Selbstverwaltungsrecht der Pfälzer Bevölkerung im Süden des damals neu gebildeten Bundeslandes zu verkörpern. Er ist als höherer Kommunalverband zwischen der Landesebene und den 16 Kreisen bzw. kreisfreien Städten angesiedelt. Zu seinen Zuständigkeitsbereichen gehören kulturelle Einrichtungen, das Pfalzklinikum für Psychiatrie und Neurologie, das Biosphärenreservat Pfälzer Wald/Nordvogesen und der Energieversorger Pfalzwerke.
Der Urnengang am 26. Mai wird überschattet von einem Konflikt zwischen den Kommunen und der Landesregierung über die Kommunalfinanzen. Insgesamt habe das Land den Städten und Kreisen von 1991 bis 2020 rund 13 Milliarden Euro entzogen, beklagen die kommunalen Spitzenverbände. Sieben der zehn kommunalen Gebietskörperschaften mit der höchsten Pro-Kopf-Verschuldung liegen laut einer Studie der Bertelsmann-Stiftung in Rheinland-Pfalz. Ganz oben rangiert das kreisfreie Pirmasens. Die Stadt, einst Hochburg der Schuhindustrie, ist durch gähnende Leere in Fabrikgebäuden, überdurchschnittlich hohe Arbeitslosigkeit, Armut und Abwanderung geprägt. Eine Trendwende ist nicht in Sicht und dürfte auch nicht vom Konsumtourismus und Eventshopping ausgehen, womit die Stadt Scharen von kaufkräftigen Kunden aus allen Himmelsrichtungen anzulocken versucht.
Die rheinland-pfälzische LINKE, die nach wie vor nicht im Landtag sitzt, tritt in etlichen Kommunen überhaupt zum ersten Mal mit eigenen Listen an, zum Beispiel in der Kreisstadt Ingelheim (Landkreis Mainz-Bingen). Ihr Spitzenkandidat Rolf Henrich war erst vor Kurzem von der SPD übergetreten. Eine bessere kommunale Verankerung soll nach dem Willen der Akteure in zwei Jahren den Weg für den Einzug in das Landesparlament ebnen. Linke Kommunalpolitiker halten sich zugute, dass sie schon jetzt mit ihren Anträgen ein starkes Echo finden. So erklärte der Mainzer Stadtrat kürzlich auf Antrag der Linksfraktion die Landeshauptstadt im Rahmen der Hilfsaktion »Seebrücke« zum »Sicheren Hafen«. Er befürwortete die Aufnahme von aus Seenot geretteten Geflüchteten und verurteilte jede Kriminalisierung der Seenotrettung.
Ein weiterer Erfolg: Im Bezirkstag Pfalz wurde jüngst ein LINKE-Antrag zur Ermittlung möglicher NS-Raubkunstgegenstände in den regionalen Museen angenommen und an den Kulturausschuss überwiesen. Im Rhein-Hunsrück-Kreis verfehlte ein Antrag der Linksfraktion zur Gründung einer kommunalen Wohnbaugesellschaft und Schaffung von kostengünstigem Wohnraum in Trägerschaft des Kreises die Mehrheit – aber nur ganz knapp.
Der Urnengang am 26. Mai wird überschattet von einem Konflikt zwischen den Kommunen und der Landesregierung über die Kommunalfinanzen.