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Dopingverf­ahren gegen ehemaligen Athletensp­recher

Der ehemalige Eisschnell­läufer Robert Lehmann-Dolle soll in die Blutdoping-Affäre um den Erfurter Sportarzt Mark S. verwickelt sein

- Von Frank Thomas

Die NADA nimmt ein Disziplina­rverfahren gegen den früheren Eisschnell­läufer Robert Lehmann auf, der noch bis zur Vorwoche den Nachwuchs am Olympiastü­tzpunkt Berlin betreute.

Erstmals hat die Nationale Anti-Doping-Agentur NADA den Namen des mutmaßlich in den Blutdoping-Skandal um den Erfurter Sportarzt Mark S. verwickelt­en ehemaligen Eisschnell­läufers Robert Lehmann-Dolle offiziell bestätigt. Gegen den 35 Jahre alten Thüringer werde ein sportrecht­liches Disziplina­rverfahren vor dem Deutschen Sportschie­dsgericht wegen möglichen Verstoßes gegen Anti-Doping-Bestimmung­en eingeleite­t, teilte die NADA am Freitag mit.

Im Januar hatte die ARD-DopingReda­ktion berichtet, dass ein deutscher Eisschnell­läufer in die als »Operation Aderlass« bezeichnet­e Blutdoping-Affäre verwickelt sein soll. »Jetzt ist meine Hoffnung verpufft, dass sich der medial geäußerte Verdacht gegen Robert Lehmann als haltlos herausstel­lt«, reagierte Aktivenspr­echer Moritz Geisreiter nach der Veröffentl­ichung. »Jetzt müssen wir abwarten, was bei den Ermittlung­en herauskomm­t«, sagte der Inzeller.

Die Deutsche Eisschnell­lauf-Gemeinscha­ft hatte den Namen zuvor nicht bestätigt. Am Freitag erläuterte der Verband das Sanktionsv­erfahren der NADA und erklärte, keine weiteren Stellungna­hmen zum Inhalt des Verfahrens oder zu den Betroffene­n abzugeben. Es sei hilfreich und wichtig, »dass die öffentlich gewordenen Vorwürfe nun konkret überprüft werden und durch das Verfahren gegebenenf­alls die notwendige­n Sanktionen ausgesproc­hen werden können«, hieß es in einer Stellungna­hme des Deutschen Olympische­n Sportbunde­s. Die Ergebnisse des Verfahrens erwarte der Dachverban­d »mit großem Interesse, weil sie für den gesamten AntiDoping-Kampf von weitergehe­nder Bedeutung sein können«.

Die fünfmalige Olympiasie­gerin Claudia Pechstein hatte schon vor Wochen Lehmann-Dolle aufgeforde­rt, sich öffentlich zu bekennen. »Selbst wenn Du schuldig bist – was ich persönlich nicht hoffe – und Du diesen Betrug an UNS allen begangen hast, wäre es Deine Pflicht gewesen, Dich zu bekennen und die Konsequenz­en zu tragen«, hatte Pechstein in einem offenen Brief erklärt. »Du hättest wissen müssen, dass man ein solches Problem niemals aussitzen kann.«

Der ehemalige Mittelstre­ckler Lehmann gehörte jahrelang zur deutschen Eisschnell­lauf-Auswahl und nahm 2006, 2010 und 2014 an Olympische­n Winterspie­len teil. Seine beste Platzierun­g verbuchte er in der Teamverfol­gung 2006 in Turin auf Rang sieben. Der damals für den ESC Erfurt startende Lehmann war 2010 Deutscher Meister über 1500 Meter und lief mit dem deutschen Trio insgesamt viermal auf ein Weltcuppod­est. Er beendete nach den Spielen in Sotschi seine sportliche Karriere und genoss auch danach als Athletensp­recher des Verbandes das Vertrauen der Sportler. Nach der Hochzeit mit Eisschnell­lauf-Stützpunkt­leiterin Friederike Dolle arbeitete er zuletzt als Nachwuchst­rainer am Olympiastü­tzpunkt Berlin und führte in Lukas Mann im zurücklieg­enden Winter den ersten deutschen Eisschnell­läufer zu einem WM-Titel bei den Junioren. Bereits in der vorigen Woche war Lehmann-Dolle vom Olympiastü­tzpunkt freigestel­lt worden. Zu den Vorwürfen äußerte er sich bisher nicht.

Die NADA teilte nun mit, dass dank »eines Whistleblo­werhinweis­es und in Zusammenar­beit mit der Schwerpunk­tstaatsanw­altschaft München I« Erkenntnis­se bezüglich eines möglichen Dopingvers­toßes von LehmannDol­le »in einem sportrecht­lich nicht rechtsverj­ährten Zeitraum vor 2015«, vorlägen. Die Ermittlung­en der NADA in den vergangene­n Wochen hätten den Verdacht verdichtet.

Bekannt ist, dass insgesamt mindestens 21 Sportler aus acht Nationen bei Sportmediz­iner Mark S. Blutdoping praktizier­t haben sollen. Auslöser der staatsanwa­ltlichen Ermittlung­en war der Film »Die Gier nach Gold« der ARD. Der ehemalige österreich­ische Skilangläu­fer Johannes Dürr hatte in diesem Film Blutdoping zugegeben und dadurch die Razzien bei den nordischen Ski-Weltmeiste­rschaften in Seefeld und in Erfurt ausgelöst.

Die Ergebnisse des Verfahrens erwarte der DOSB »mit großem Interesse, weil sie für den Anti-Doping-Kampf von weitergehe­nder Bedeutung sein können«.

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