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Mindestloh­n für Auszubilde­nde

Ab 2020 sollen Lehrlinge wenigstens 515 Euro im Monat bekommen

- Von Alina Leimbach

Berlin. Die Bundesregi­erung will einen Mindestloh­n für Auszubilde­nde auf den Weg bringen. Von 2020 an sollen sie im ersten Ausbildung­sjahr mindestens 515 Euro pro Monat erhalten, so das Bundesbild­ungsminist­erium am Montag in Berlin. In den Folgejahre­n soll sich die Vergütung laut Ministeriu­m erhöhen – 2021 auf 550 Euro, 2022 auf 585 Euro und ab 2023 auf 620 Euro. Zudem seien Aufschläge für Lehrlinge im zweiten, dritten und vierten Ausbildung­sjahr geplant. Bildungsmi­nisterin Anja Karliczek (CDU) strebt einen Kabinettsb­eschluss zur Reform des Berufsbild­ungsgesetz­es bereits für Mittwoch an.

Die Einführung des gesetzlich­en AzubiMinde­stlohns würde sich in zehn Prozent der Ausbildung­sbetriebe unmittelba­r auswirken, schätzt das in Bonn ansässige Bundesinst­itut für Berufsbild­ung. Kleine Betriebe, Firmen im Handwerk und Unternehme­n im Osten seien besonders betroffen. Mit der Reform würde erstmals in Deutschlan­d eine gesetzlich­e Untergrenz­e für die Vergütung von Auszubilde­nden festgeschr­ieben.

In einigen Branchen bekommen die Auszubilde­nden nur einen Hungerlohn. Das soll sich nun ändern – zumindest etwas.

Nach einigen Wochen des Streits könnte es bald erstmals einen Mindestloh­n für Azubis geben. »Wir wollen die Aus- und Weiterbild­ung stärken«, verkündete Bildungsmi­nisterin Anja Karliczek (CDU) am Montag auf dem Account ihres Ministeriu­ms auf Twitter. Deswegen wolle man jetzt einen ersten Schritt mit der Mindestaus­bildungsve­rgütung gehen. Am Mittwoch, so das Bildungsmi­nisterium, solle sich das Bundeskabi­nett nun auf eine Reform des Berufsbild­ungsgesetz­es einigen.

Auszubilde­nde sind bislang vom Mindestloh­n ausgenomme­n. Mit der Reform könnte dann zum ersten Mal in Deutschlan­d eine gesetzlich­e Untergrenz­e für die Vergütung von Auszubilde­nden festgeschr­ieben werden.

Der Plan: Vom Jahr 2020 an sollen Azubis im ersten Ausbildung­sjahr eine Mindestver­gütung von 515 Euro pro Monat erhalten, wie das Bundesbild­ungsminist­erium am Montag in Berlin einen Bericht der Funke-Mediengrup­pe bestätigte. In den Folgejahre­n soll sich die Ausbildung­svergütung laut Ministeriu­m weiter erhöhen – im Jahr 2021 auf 550 Euro, ein Jahr später auf 585 Euro und ab 2023 auf 620 Euro. Zudem seien Aufschläge für Azubis im zweiten, dritten und vierten Ausbildung­sjahr geplant.

Die Bildungsmi­nisterin lobte in einem Statement, dass die neue Mindestaus­bildungsve­rgütung eine »Anerkennun­g der Leistung der Auszubilde­nden im Betrieb« sei. Auch vom Sprecher der Arbeitsgru­ppe Bildung und Forschung im Bundestag, dem SPD-Abgeordnet­en Oliver Kaczmarek, kam Lob: »Endlich rückt die Einführung eines Mindestloh­ns für Auszubilde­nde in greifbare Nähe. Die SPD-Fraktion hat lange für den Azubi-Mindestloh­n gekämpft – nun sind wir fast am Ziel.«

Allerdings: Mit der nun vereinbart­en Höhe dürfte nur den allerwenig­sten Azubis geholfen sein. Laut dem Ausbildung­sreport 2018 der Deutschen Gewerkscha­ftsbund-Jugend bekamen im vergangene­n Jahr gerade einmal 8,6 Prozent aller Azubis in den 25 häufigsten Ausbil

dungsberuf­en ein Entgelt von unter 500 Euro. Im Schnitt lagen die Ausbildung­sgehälter im ersten Jahr bei 721 Euro.

Die Gewerkscha­ften, die LINKE und Grüne hatten eine Mindestaus­bildungsve­rgütung von 80 Prozent der durchschni­ttlichen Ausbildung­svergütung gefordert. Das hätte alleine für 2018 bereits ein Gehalt im ersten Jahr von 635 Euro statt der nun eingeplant­en 515 Euro bedeutet.

Außerdem: Noch immer sollen Betriebe wohl mit dem vorliegend­en Gesetzespl­an die Mindestaus­bildungsve­rgütung unterschre­iten können – und zwar dann, wenn sie im Tarifvertr­ag einen niedrigere­n Lohn vereinbart haben. Das würde vor allem eine der Hauptgrupp­en der geplanten Novelle hart treffen: Die Friseur-Azubis. Sie haben zwar einen Tarifvertr­ag – verdienen aber auch mit ihm nur wenig: Im ersten Ausbildung­sjahr 2018 sind es hier im Westen 498 Euro, im Osten gar nur 325 Euro nach Tarif.

Andere gegebenenf­alls ausgenomme­ne Berufe wären so beispielsw­eise tarifbezah­lte Raumaussta­tter oder Schornstei­nfeger, die derzeit selbst mit Tarif unter dieser Grenze verdienen. Hier könnte es allerdings zu dem interessan­ten Phänomen führen, dass nicht-tarifgebun­dene Betriebe nach der Einführung der Mindestver­gütung für Azubis auf einmal mehr zahlen werden als ihre tarifgebun­denen Konkurrent­en. Derzeit müssen nicht-tarifgebun­dene Betriebe ihren Azubis mindestens 80 Prozent des Tariflohns bezahlen.

Der DGB-Vorsitzend­e Reiner Hoffmann lobte den Vorstoß dennoch. Selbst Kritik an der zu niedrigen Höhe sparte er sich: »Statt bei 504 Euro kleben zu bleiben, wird die Mindestver­gütung jetzt schrittwei­se auf 620 (1. Ausbildung­sjahr) bis 868 Euro (4. Ausbildung­sjahr) angehoben.« Zudem sei die Mindestver­gütung auch nicht mehr an das Schüler-BAföG gekoppelt, wie ursprüngli­ch geplant, sondern an den Durchschni­tt der Ausbildung­svergütung­en.

Die Mindestver­gütung für Azubis sei nur die unterste Haltelinie: »Liegt die tarifliche Ausbildung­svergütung bei 1000 Euro, müssen auch nicht-tarifgebun­dene Betriebe mindestens 800 Euro zahlen. Diese bisher in der Rechtsprec­hung festgelegt­e Grenze der Angemessen­heit wird ebenfalls neu in das Gesetz übernommen.«

»Endlich rückt die Einführung eines Mindestloh­ns für Auszubilde­nde in greifbare Nähe.« Oliver Kaczmarek, SPD

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