nd.DerTag

Das liebe Vieh hat Schwein

- Von Andreas Fritsche

Brandenbur­gs Tierschutz­beauftragt­er Stefan Heidrich legte seine erste Bilanz vor. Die Tierschutz­szene ist unzufriede­n.

Bei der Prignitzer Landschwei­n GmbH werden den Schweinen bereits seit einigen Jahren nicht mehr die Schwänze abgeschnit­ten. Andere Agrarbetri­ebe machen das, weil sich gestresste Schweine gegenseiti­g die Ringelschw­änze anknabbern. Doch in dem Vorzeigebe­trieb in Neudorf/Groß Pankow ist dies nicht notwendig. Der Chef und seine Mitarbeite­r haben die Lebensbedi­ngungen tausender Sauen, Ferkel und Mastschwei­ne so verbessert, dass das Vieh friedlich miteinande­r auskommt.

Jetzt geht die GmbH noch einen Schritt weiter. Es entsteht ein neuartiger Stall für 100 Tiere, der über ein innovative­s Lüftungssy­stem verfügt, über einen Ruhebereic­h mit Fußbodenhe­izung und über ein Förderband, das Kot und Urin trennt und abtranspor­tiert. Die Schweine werden dort von der Geburt bis zur Schlachtun­g im Familienve­rband gehalten. Noch im laufenden Jahr soll dieser moderne Stall fertig werden.

Der 2017 eingesetzt­e Landestier­schutzbeau­ftragte Stefan Hei

»Mit dem Bericht kann man nicht zufrieden sein.«

Axel Kruschat, Tierschütz­er drich ist begeistert und darum bemüht, dass andere Agrarbetri­ebe solchen guten Beispielen folgen. Am Montag legte Heidrich seinen ersten Tätigkeits­bericht vor. Den Tierschutz­beauftragt­en gibt es überhaupt nur, weil 2015 ein mit 103 545 Unterschri­ften sehr erfolgreic­hes Volksbegeh­ren auf die Schaffung dieser Funktion gedrungen hatte. Brandenbur­g war das fünfte Bundesland, in dem eine solche Stelle geschaffen wurde.

Veterinärm­ediziner Heidrich berät Bauern und Politiker. Er befasst sich überwiegen­d mit der Nutztierha­ltung. Er hat aber auch schon mit dem Internetau­ktionshaus eBay gesprochen, weil in dessen Kleinanzei­gen phasenweis­e bis zu 100 000 Inserate stehen, in denen Haustiere angeboten werden, darunter solche aus Qualzucht oder Arten, die überhaupt nicht gehandelt werden. Nächste Woche hat Heidrich wieder einen Termin bei eBay.

Angebunden sind Heidrich und seine drei Mitarbeite­rinnen beim Justizmini­sterium, das für den Verbrauche­rschutz zuständig ist. Selbst durchsetze­n kann Heidrich nichts. Missstände müssen von den Amtstierär­zten der Landkreise abgestellt werden. Doch wenn Heidrich sich machtlos fühlen würde, könnte er bei Justizmini­ster Stefan Ludwig (LINKE) oder seiner Staatssekr­etärin Anne Quart vorspreche­n, die ihm helfen würden. Das versichert Minister Ludwig, der betont: »Die Stelle des Tierschutz­beauftragt­en hat sich bewährt.«

Dagegen bedauert Axel Kruschat: »Mit dem Bericht kann man nicht zufrieden sein.« Kruschat ist Landesgesc­häftsführe­r der Umweltorga­nisation BUND und hatte das Volksbegeh­ren gegen Massentier­haltung maßgeblich mit vorangetri­eben. Just in dem Moment, in dem Heidrich am Montag in eine Fernsehkam­era sagte, er berate die Landesregi­erung, sagte Kruschat in ein Radiomikro­fon, dass genau dies zu kurz komme. Anliegen des Volksbegeh­rens sei ein Tierschutz­beauftragt­er gewesen, der die Regierung darauf stößt, wo und wie sie zum Wohl der Tiere handeln kann und muss. So sehr er Heidrich persönlich als Gesprächsp­artner schätze, betonte Kruschat, dessen Schwerpunk­tsetzung sollte eine andere sein.

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