Das liebe Vieh hat Schwein
Brandenburgs Tierschutzbeauftragter Stefan Heidrich legte seine erste Bilanz vor. Die Tierschutzszene ist unzufrieden.
Bei der Prignitzer Landschwein GmbH werden den Schweinen bereits seit einigen Jahren nicht mehr die Schwänze abgeschnitten. Andere Agrarbetriebe machen das, weil sich gestresste Schweine gegenseitig die Ringelschwänze anknabbern. Doch in dem Vorzeigebetrieb in Neudorf/Groß Pankow ist dies nicht notwendig. Der Chef und seine Mitarbeiter haben die Lebensbedingungen tausender Sauen, Ferkel und Mastschweine so verbessert, dass das Vieh friedlich miteinander auskommt.
Jetzt geht die GmbH noch einen Schritt weiter. Es entsteht ein neuartiger Stall für 100 Tiere, der über ein innovatives Lüftungssystem verfügt, über einen Ruhebereich mit Fußbodenheizung und über ein Förderband, das Kot und Urin trennt und abtransportiert. Die Schweine werden dort von der Geburt bis zur Schlachtung im Familienverband gehalten. Noch im laufenden Jahr soll dieser moderne Stall fertig werden.
Der 2017 eingesetzte Landestierschutzbeauftragte Stefan Hei
»Mit dem Bericht kann man nicht zufrieden sein.«
Axel Kruschat, Tierschützer drich ist begeistert und darum bemüht, dass andere Agrarbetriebe solchen guten Beispielen folgen. Am Montag legte Heidrich seinen ersten Tätigkeitsbericht vor. Den Tierschutzbeauftragten gibt es überhaupt nur, weil 2015 ein mit 103 545 Unterschriften sehr erfolgreiches Volksbegehren auf die Schaffung dieser Funktion gedrungen hatte. Brandenburg war das fünfte Bundesland, in dem eine solche Stelle geschaffen wurde.
Veterinärmediziner Heidrich berät Bauern und Politiker. Er befasst sich überwiegend mit der Nutztierhaltung. Er hat aber auch schon mit dem Internetauktionshaus eBay gesprochen, weil in dessen Kleinanzeigen phasenweise bis zu 100 000 Inserate stehen, in denen Haustiere angeboten werden, darunter solche aus Qualzucht oder Arten, die überhaupt nicht gehandelt werden. Nächste Woche hat Heidrich wieder einen Termin bei eBay.
Angebunden sind Heidrich und seine drei Mitarbeiterinnen beim Justizministerium, das für den Verbraucherschutz zuständig ist. Selbst durchsetzen kann Heidrich nichts. Missstände müssen von den Amtstierärzten der Landkreise abgestellt werden. Doch wenn Heidrich sich machtlos fühlen würde, könnte er bei Justizminister Stefan Ludwig (LINKE) oder seiner Staatssekretärin Anne Quart vorsprechen, die ihm helfen würden. Das versichert Minister Ludwig, der betont: »Die Stelle des Tierschutzbeauftragten hat sich bewährt.«
Dagegen bedauert Axel Kruschat: »Mit dem Bericht kann man nicht zufrieden sein.« Kruschat ist Landesgeschäftsführer der Umweltorganisation BUND und hatte das Volksbegehren gegen Massentierhaltung maßgeblich mit vorangetrieben. Just in dem Moment, in dem Heidrich am Montag in eine Fernsehkamera sagte, er berate die Landesregierung, sagte Kruschat in ein Radiomikrofon, dass genau dies zu kurz komme. Anliegen des Volksbegehrens sei ein Tierschutzbeauftragter gewesen, der die Regierung darauf stößt, wo und wie sie zum Wohl der Tiere handeln kann und muss. So sehr er Heidrich persönlich als Gesprächspartner schätze, betonte Kruschat, dessen Schwerpunktsetzung sollte eine andere sein.