Nicht jedes Boot ist ein Hausboot
Vier Abgeordnete von CDU und LINKE greifen gemeinsam die Infrastrukturministerin an
Der Brandenburger Hausbootstreit hat neben einer rein sachlichen Ebene nun auch eine politische Dimension. Riskiert wird eine Krise der rot-roten Koalition.
Wenige Wochen vor der Landtagswahl am 1. September riskiert der Landtagsabgeordnete Matthias Loehr (LINKE) eine Krise der rot-roten Koalition. Er sei sich bewusst, dass seine parlamentarische Initiative gemeinsam mit drei CDU-Abgeordneten gegen den Koalitionsvertrag verstößt, der ein einmütiges Vorgehen von SPD und LINKE vorsieht. »Das ist ein Konflikt, den ich nicht auflösen kann«, sagte Loehr am Montag bei einer Pressekonferenz, die er gemeinsam mit dem CDU-Abgeordneten Rainer Genilke bestritt. Doch sei er angesichts des vorgelegten Gesetzentwurfes »guter Dinge«, dass schließlich dafür eine breite Mehrheit im Landtag zusammenkomme, sagte Loehr.
Anliegen des Gesetzentwurfes der vier Abgeordneten ist eine Klarstellung in der brandenburgischen Bauordnung. Der Landtag soll feststellen, dass »Wasserfahrzeuge mit einer Rumpflänge bis 24 Meter, die für Sport- und Erholungszwecke bestimmt sind, nicht zum Anwendungsbereich der Bauordnung gehören«.
Hintergrund sind juristische Auseinandersetzungen zwischen einer Unteren Bauaufsichtbehörde und Eigentümern von Wasserfahrzeugen. Als Betroffener vorgestellt wurde am Montag Ralf Günther, der in Neuruppin am Ruppiner See vor dem eigenen Wassergrundstück und am eigenen Steg ein Sportboot zu liegen hat. Ihm zufolge hat die Bauaufsicht das zum Anlass genommen, ihm mitzuteilen, dass ein am Steg festgemachtes Boot der Bauaufsicht unterliege. Die Logik der Behörde: Sobald ein Boot mit einem Seil oder Kabel an einem Steg befestigt sei, handle es sich nicht mehr um ein Boot, sondern um ein Haus und könne als solches behandelt werden. Auf dieser Grundlage habe er eine Abrissverfügung bekommen, die andere Bootseigentümer schon befolgt haben, erklärte Günther. Er aber setze sich zur Wehr.
Genilke bestätigte, dass bei einer solchen Sichtweise sämtliche Boote auf brandenburgischen Gewässern, sobald sie irgendwo festmachen, als Gebäude gelten und mit »Abrissverfügungen« rechnen müssen. Die bisherigen Einzelfälle haben nach Angaben von Genilke »zu großer Verunsicherung geführt«. Der Fall liege jetzt beim Oberverwaltungsgericht und sei noch nicht entschieden. Dem könne eine ministerielle Klarstellung oder eine Klarstellung des Landtags zuvorkommen. Die Sache müsse geregelt werden.
Merkwürdig sei, dass das Infrastrukturministerium deutlich bekundet habe, dass ein Sportboot nicht als Wohnhaus anzusehen ist, fügte Genilke hinzu. Er verstehe nicht, dass Ministerin Kathrin Schneider (SPD) angesichts des Sachverhalt nicht einfach die Untere Bauaufsicht anweise, die Bauordnung so auszulegen. Das wäre »relativ einfach zu lösen«. So aber müsse er von Führungsschwäche ausgehen, sagte Genilke. Er bestritt, dass durch eine Hintertür letztlich das Wohnen auf Booten praktikabel werden solle. Das sei auf den Sportbooten genauso verboten wie in Datschensiedlungen. Das Sportboot, um das es im konkreten Fall gehe, verfüge weder über ein Bad noch über eine Küche. Von Wohnbedingungen könne keine Rede sein. Dem Abgeordneten zufolge schwebt das Verfahren jetzt seit vier Jahren.
Der Abgeordnete Loehr sprach von einer »gewissen Arbeitsverweigerung«. Er wäre froh gewesen, wenn die Zuständigen dafür gesorgt hätten, dass dieses Problem gar nicht erst entstehen könne. Bootsfreund Günther zufolge haben Länder wie Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg Klarstellungen ins Landesrecht aufgenommen.