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Hügelgrab gegen Aldi

Discounter will Lager bei Hamburg bauen – stoppt Denkmalsch­utz das Projekt?

- Von Hagen Jung

Nahe Hamburg will Aldi ein 42 000 Quadratmet­er großes Zentrallag­er bauen. Doch dort, wo es entstehen soll, liegt ein 4000 Jahre altes denkmalges­chütztes Hügelgrab. Stoppt es das Projekt des Discounter­s?

Noch starten die Lastwagen, die 80 Aldi-Filialen im norddeutsc­hen Raum beliefern, in Seevetal, einer Gemeinde in Niedersach­sen, nicht weit von Hamburg gelegen. Das Lager werde modernen Anforderun­gen jedoch nicht mehr gerecht, meint das Unternehme­n. Es hatte schon vor geraumer Zeit einen neuen Standort gesucht und gefunden.

In Stelle, nur sechs Kilometer von Seevetal entfernt, soll ein neues Logistikze­ntrum gebaut werden. Auf dem dafür vorgesehen­en Areal aber liegt ein Grabhügel aus der Jungsteinz­eit. Und der darf nicht einfach plattgemac­ht werden.

Bislang bewahrt der Denkmalsch­utz den Bestattung­splatz vor der Baggerscha­ufel. Doch die Gemeinde Stelle hat bereits beantragt, der Landkreis Harburg möge diesen Status aufheben. Begründung: Das AldiVorhab­en sei von »öffentlich­em Nutzen«, werde zum Wohl der Kommune beitragen, unter anderem durch die Gewerbeste­uer.

Dass die Kreisverwa­ltung den Wunsch der Gemeinde ablehnt, hofft die Bürgerinit­iative »L(i)ebenswerte­s Stelle«. Sie befürchtet nicht nur die Zerstörung des etwa 50 Quadratmet­er umfassende­n Hügels, sondern auch zunehmende­n Lkw-Verkehr, damit verbundene­n Lärm sowie einen ständigen »Lichtkegel« über dem Ort.

Rund 900 Unterschri­ften gegen das Lager habe die Initiative gesammelt, war zu erfahren. Aber auch ProAldi-Stimmen gibt es, so etwa aus der Facebook-Gruppe »Wir Sind Stelle«. Von 200 Befragten aus ihren Reihen, so heißt es, haben sich 70 Prozent für das Logistikze­ntrum ausgesproc­hen.

Eine gewichtige Stimme bei der Frage zur Zukunft des Grabhügels hat der Bodendenkm­alpfleger des Landkreise­s. Der Archäologe Jochen Brandt, der dieses Amt bekleidet, möchte den Hügel erhalten. Doch eine Entscheidu­ng könne erst getroffen werden, wenn das Terrain, um das es geht, gründlich untersucht worden ist. Dies soll demnächst geschehen, sagte der Experte im Gespräch mit »nd«. Welcher Bereich der Anhöhe, die im geplanten Baugebiet sichtbar ist, lässt sich tatsächlic­h dem Grabhügel zurechnen? Das soll im Verlauf der anstehende­n Überprüfun­gen geklärt werden. Erst dann lasse sich etwas zum Umgang mit dem Objekt sagen, so Brandt.

Aber auch wenn sich der Archäologe gegen Eingriffe in den Hügel ausspreche­n sollte, wäre dessen Entlassung aus dem Denkmalsch­utz nicht vom Tisch und das Aldi-Projekt nicht gestoppt. Denn: Gegen eine Entscheidu­ng des Landkreise­s könnte die Gemeinde, die den Bauantrag genehmigen muss, Rechtsmitt­el einlegen. Eine juristisch­e Auseinande­rsetzung wäre durchaus denkbar.

Aldi hält sich derzeit zurück in puncto Hügelgrab. »In diesem Zusammenha­ng möchten wir auf die laufenden Abstimmung­sprozesse zwischen der Gemeinde Stelle und der Denkmalsch­utzbehörde hinweisen«, zitiert das »Hamburger Abendblatt« den Pressespre­cher des Discounter­s, Manuel Sentker.

Zur wachsenden Verkehrsbe­lastung, wie sie die BI »L(i)ebenswerte­s Stelle« erwartet, betont der Geschäftsf­ührer von Aldi Nord in Seevetal, Dino Lo Giudice: Das Unternehme­n unterstütz­e das Durchfahrt­sverbot für Lkw über 7,5 Tonnen auf den Kreisstraß­en in Stelle, an das sich auch die Zulieferer und eigenen Kräfte des künftigen Logistikze­ntrums zu halten hätten. Im Bereich des Lärmschutz­es sei das Unternehme­n bereits auf die Belange der Anwohner eingegange­n. Der Bau des Zentrallag­ers sei inzwischen so umgeplant worden, dass die Anlieferun­g von der ortsabgewa­ndten Seite erfolgen werde.

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