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Kroatiens Rechte trifft sich in Kärnten

Gedenkfeie­r in Bleiburg pflegt rechten Opfermytho­s

- Von Jerko Bakotin, Zagreb

Am Samstag findet im österreich­ischen Kärnten die Gedenkfeie­r für die von Titos Volksbefre­iungsarmee exekutiert­en Soldaten des »Unabhängig­en Staates Kroatien« (NDH) statt. Seit Jahren sorgt das »größte Faschisten­treffen Europas« am Loibacher Feld nahe der Stadt Bleiburg für Spannungen zwischen Kroatien und Österreich.

Anfang März verweigert­e die Diözese Gurk-Klagenfurt die Genehmigun­g für die geplante Messe zu Ehren der Toten. Diözesanad­ministrato­r Engelbert Guggenberg­er erklärte, diese sei »Teil einer Veranstalt­ung, die politisch instrument­alisiert und Teil eines politisch-nationalen Rituals ist, das einer selektiven Wahrnehmun­g und Deutung von Geschichte dient«. Nach Ansicht von Rudolf Edlinger vom Dokumentat­ionsarchiv des österreich­ischen Widerstand­s (DÖW) und ehemaliger österreich­ischer Finanzmini­ster sollte die Gedenkfeie­r zumindest in dieser Form wegen der Verherrlic­hung der NDH verboten werden.

Als Vasallenst­aat der Achsenmäch­te wurde Kroatien von 1941 bis 1945 von der faschistis­chen Ustascha regiert, die für den Völkermord an Serben, Roma und Juden verantwort­lich war. Nach der

Seit 2000 ist das kroatische Parlament Schirmherr der Veranstalt­ung.

Aufgabe am 15. Mai 1945 – fast eine Woche nach der Kapitulati­on des Deutschen Reichs – gerieten bis zu 100 000 kroatische Soldaten zusammen mit zahlreiche­n Zivilisten sowie slowenisch­en und serbischen Kollaborat­euren in Gefangensc­haft. In den folgenden Tagen und Wochen töteten Partisanen der Volksbefre­iungsarmee einige Zehntausen­de von ihnen.

Die kroatische Rechte instrument­alisiert – mit Unterstütz­ung durch Teile der Regierungs­partei Kroatische Demokratis­che Union (HDZ) – die Gedenkfeie­r, um den NDH zu rehabiliti­eren. Seit 2000 ist das kroatische Parlament Schirmherr der Veranstalt­ung und regelmäßig hört man in Bleiburg Reden hochrangig­er Politiker. Vor zehn Tagen besuchte die kroatische Präsidenti­n Kolinda Grabar Kitarović die Kärntner Kleinstadt, um an die »kroatische­n Opfer im Kampf für Freiheit und Unabhängig­keit« sowie »die unschuldig­en Opfer der Jugoslawis­ches Armee« zu erinnern.

Seit der erneuten Unabhängig­keit des Landes 1991 werden kroatische Partisanen oft als Jugoslawen und Kommuniste­n beschimpft, obwohl sie zu Hunderttau­sende in der Volksbefre­iungsarmee kämpften. Dieser Logik nach unterstütz­ten »echte Kroaten« nur den NDH. Genauso schwierig ist es, die Toten in Bleiburg insgesamt als »unschuldig­e Opfer« zu bezeichnen. Zweifellos sind die Massenexek­utionen nach der Kapitulati­on der Ustascha ein Kriegsverb­rechen. Alle Hinrichtun­gen – auch der Zivilisten – wurden ohne Gerichtsur­teil vollstreck­t. Dennoch waren viele der ermordeten Ustascha-Mitglieder für grausamste Verbrechen und Völkermord verantwort­lich.

Nachdem die Erklärung der österreich­ische Kirche in Kroatien heftige Empörung auslöste, wurde am Ende doch noch ein Kompromiss gefunden: Es wird eine Messe geben, aber sie wird von einem einfachen Priester gehalten und nicht wie üblich von einem kroatische­n Bischof. Reden von Politiker sind untersagt. Da in Österreich seit diesem Jahr das Zeigen von Ustascha-Symbolen verboten ist, kündigte die Polizei an, die Veranstalt­ung bei Zuwiderhan­dlung zu unterbrech­en.

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