Es braucht keinen Champion
Die Fusion zwischen Deutscher Bank und Commerzbank wurde mit dem Argument angetrieben, Deutschland brauche einen Bankenchampion. Doch kann ein solches Denken teuer werden.
So mancher soll ihm abgeraten haben, zu dieser Veranstaltung zu kommen. Nun sei ein »ganz besonderer Ehrengast« doch in die »Höhle des Löwens« gekommen, wie es der LINKE-Finanzexperte Fabio De Masi ausdrückt: Braun gebrannt, mit zurück gegelten Haaren, Manschettenknöpfen am Hemd und einem breiten Lächeln im Gesicht sitzt Jörg Kukies ganz rechts auf dem Podium – seinerseits Ex-Investmentbänker bei Goldman Sachs und nun unter Olaf Scholz Staatssekretär im Bundesfinanzministerium.
Übernahmegerüchte bezüglich der Commerzbank
Das Thema der Veranstaltung ist etwas von den letzten Entwicklungen überholt worden. Unter dem Titel »Braucht Deutschland Bankenchampions?« diskutierte man bei der Linksfraktion im Bundestag vergangenen Montag. Als die Einladung verschickt wurde, loteten Deutsche Bank und Commerzbank die Möglichkeiten einer Fusion aus. Doch inzwischen wurde diese abgeblasen. Ein Zusammenschluss würde »keinen ausreichenden Mehrwert bieten«, erklärte Commerzbank-Chef Martin Zielke Ende April. Das Thema Bankenchampion ist also etwas aus der öffentlichen Wahrnehmung verschwunden, gleichwohl Übernahmegerüchte etwa der Commerzbank durch die niederländische ING-Finanzgruppe noch kursieren. Aber eben nicht mehr die von einem Zusammenschluss der größten und zweitgrößten hiesigen Bank miteinander.
Kukies und sein Chef, Bundesfinanzminister Scholz, galten als die Treiber hinter diesen Plänen einer Megafusion. Kukies versuchte nun, diesen Eindruck zu widerlegen. Es habe seitens des Ministeriums »keinen Druck« auf die beiden Finanzinstitute gegeben. Man setze sich lediglich für den Finanzplatz Deutschland und für eine Beendigung des Stillstandes in der Bankenindustrie ein, behauptete der Staatssekretär.
Eine Fusion schafft keinen Champion
Vielleicht lag die Zurückhaltung Kukies auch an der breiten Ablehnung, auf die die Fusionspläne stießen. Ob Ökonom, Finanzmarktexperte oder Gewerkschafter – alle waren dagegen. »Eine Fusion schafft keinen Champion«, sagte Stefan Wittmann, der für ver.di im Aufsichtsrat der Commerzbank sitzt. Man habe nur versucht, zwei Banken zu fusionieren, die nicht zusammen passen. So sei die Integration der Postbank in die Deutsche Bank noch immer nicht bewerkstelligt und eine aus einer möglichen Fusion entstandene Bank wäre immer noch nicht mal so viel wert gewesen wie der Bruttojahresgewinn von Goldman Sachs.
Martin Hellwig vom MaxPlanck-Institut zur Erforschung von Gemeinschaftsgütern stellte die Sinnhaftigkeit vom Champions infrage: »Wenn ich bei einer deutschen Großbank als Kunde eine schlechte Qualität bekomme, aber bei einer anderen eine gute, dann ist diese für mich der Champion.« Stattdessen habe das Championdenken in der Finanzkrise von 2007/8, die den Steuerzahler mindestens 70 Milliarden Euro kostete, eine große negative Rolle gespielt. So hätten die Banken hierzulande versucht, internationale Champions im Pfandbriefbereich zu werden – und sich letztlich verzockt. »Auch die Fusion der Commerzbank und Dresdner Bank war sehr teuer für uns«, erinnerte Hellwig daran, dass die Commerzbank im Zuge der Finanzkrise teilverstaatlicht werden musste.