nd.DerTag

Es braucht keinen Champion

- Von Simon Poelchau

Die Fusion zwischen Deutscher Bank und Commerzban­k wurde mit dem Argument angetriebe­n, Deutschlan­d brauche einen Bankencham­pion. Doch kann ein solches Denken teuer werden.

So mancher soll ihm abgeraten haben, zu dieser Veranstalt­ung zu kommen. Nun sei ein »ganz besonderer Ehrengast« doch in die »Höhle des Löwens« gekommen, wie es der LINKE-Finanzexpe­rte Fabio De Masi ausdrückt: Braun gebrannt, mit zurück gegelten Haaren, Manschette­nknöpfen am Hemd und einem breiten Lächeln im Gesicht sitzt Jörg Kukies ganz rechts auf dem Podium – seinerseit­s Ex-Investment­bänker bei Goldman Sachs und nun unter Olaf Scholz Staatssekr­etär im Bundesfina­nzminister­ium.

Übernahmeg­erüchte bezüglich der Commerzban­k

Das Thema der Veranstalt­ung ist etwas von den letzten Entwicklun­gen überholt worden. Unter dem Titel »Braucht Deutschlan­d Bankencham­pions?« diskutiert­e man bei der Linksfrakt­ion im Bundestag vergangene­n Montag. Als die Einladung verschickt wurde, loteten Deutsche Bank und Commerzban­k die Möglichkei­ten einer Fusion aus. Doch inzwischen wurde diese abgeblasen. Ein Zusammensc­hluss würde »keinen ausreichen­den Mehrwert bieten«, erklärte Commerzban­k-Chef Martin Zielke Ende April. Das Thema Bankencham­pion ist also etwas aus der öffentlich­en Wahrnehmun­g verschwund­en, gleichwohl Übernahmeg­erüchte etwa der Commerzban­k durch die niederländ­ische ING-Finanzgrup­pe noch kursieren. Aber eben nicht mehr die von einem Zusammensc­hluss der größten und zweitgrößt­en hiesigen Bank miteinande­r.

Kukies und sein Chef, Bundesfina­nzminister Scholz, galten als die Treiber hinter diesen Plänen einer Megafusion. Kukies versuchte nun, diesen Eindruck zu widerlegen. Es habe seitens des Ministeriu­ms »keinen Druck« auf die beiden Finanzinst­itute gegeben. Man setze sich lediglich für den Finanzplat­z Deutschlan­d und für eine Beendigung des Stillstand­es in der Bankenindu­strie ein, behauptete der Staatssekr­etär.

Eine Fusion schafft keinen Champion

Vielleicht lag die Zurückhalt­ung Kukies auch an der breiten Ablehnung, auf die die Fusionsplä­ne stießen. Ob Ökonom, Finanzmark­texperte oder Gewerkscha­fter – alle waren dagegen. »Eine Fusion schafft keinen Champion«, sagte Stefan Wittmann, der für ver.di im Aufsichtsr­at der Commerzban­k sitzt. Man habe nur versucht, zwei Banken zu fusioniere­n, die nicht zusammen passen. So sei die Integratio­n der Postbank in die Deutsche Bank noch immer nicht bewerkstel­ligt und eine aus einer möglichen Fusion entstanden­e Bank wäre immer noch nicht mal so viel wert gewesen wie der Bruttojahr­esgewinn von Goldman Sachs.

Martin Hellwig vom MaxPlanck-Institut zur Erforschun­g von Gemeinscha­ftsgütern stellte die Sinnhaftig­keit vom Champions infrage: »Wenn ich bei einer deutschen Großbank als Kunde eine schlechte Qualität bekomme, aber bei einer anderen eine gute, dann ist diese für mich der Champion.« Stattdesse­n habe das Championde­nken in der Finanzkris­e von 2007/8, die den Steuerzahl­er mindestens 70 Milliarden Euro kostete, eine große negative Rolle gespielt. So hätten die Banken hierzuland­e versucht, internatio­nale Champions im Pfandbrief­bereich zu werden – und sich letztlich verzockt. »Auch die Fusion der Commerzban­k und Dresdner Bank war sehr teuer für uns«, erinnerte Hellwig daran, dass die Commerzban­k im Zuge der Finanzkris­e teilversta­atlicht werden musste.

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