Kein »Airport-Village« in Parchim
Traum von Luxus-Einkaufszentrum und Luftfracht-Drehkreuz geplatzt – der Flughafen ist pleite
Der Flughafen Parchim ist unter Insolvenzverwaltung gestellt worden. Ein Investor aus China hatte ihn 2007 gekauft, um im Nordosten ein Luftfracht-Drehkreuz zwischen Europa und Asien zu schaffen.
Warum zum Kauf sündhaft teurer Uhren, exklusiver Schmuckstücke und Shirts mit dem Label namhafter Spitzendesigner nach New York, Paris oder London jetten? Weshalb sich dem Stress jener Millionenmetropolen aussetzen, wenn doch in Mecklenburg-Vorpommern bei Schwerin im knapp 20 000 Einwohner zählenden Parchim nahe dem Flughafen ein Luxus-Einkaufszentrum auf betuchte Kunden wartet? Auf einen solchen Edel-Konsumtempel, wie ihn der chinesische Investor Jonathan Pang dem Nordosten verhieß, wartet man dort noch immer. Und wohl vergeblich. Denn der Mann aus dem Land des Lächelns hat sich laut Insider-Informationen in seine Heimat zurückgezogen, und der Flughafen, den er 2007 gekauft hatte, ist pleite.
Korrekt gesagt: Die Betreibergesellschaft des Airports, die Baltic Airport Management GmbH ist zahlungsunfähig. Sie steht seit Dienstag unter Insolvenzverwaltung und hatte dies vor wenigen Tagen selbst beantragt. Die großen Pläne, die Pang in Parchim präsentiert aber nur zum Teil verwirklicht hatte, scheinen endgültig gescheitert zu sein.
Vor der chinesischen Episode wussten viele Menschen in Deutschland überhaupt nicht, dass es diesen Flughafen gibt. Errichtet worden war er 1934 vom Hitlerregime, das dort Kräfte seiner Luftwaffe stationierte. Gegen Kriegsende zerstörten USamerikanische Bomber die Anlage. Sie wurde wieder hergerichtet, 1949 zogen sowjetische Soldaten mit Kampfflugzeugen dort ein, später kamen Hubschrauber hinzu. Die zivile Nutzung des Geländes begann 1992, nachdem die russischen Streitkräfte abgezogen waren.
Privat- und Geschäftsflugzeuge starteten und landeten fortan in Parchim, Linien- und Charterverkehr waren zunächst ausgeschlossen. Erst 1998 begann ein regelmäßiger Passagierverkehr, doch die Nachfrage war relativ schwach. Inzwischen hatte der Flughafen mehrmals den Besitzer gewechselt. Vom Land war er an ein britisches Unternehmen gegangen, von diesem 2005 an den Kreis Ludwigslust-Parchim. Dessen Landrat verfügte im Jahr darauf: Nur noch Frachtflüge werden hier abgewickelt!
Im Frachtverkehr sah auch der chinesische Geschäftsmann Jonathan Pang die große Chance für sich und den kleinen Ort. Parchim liege sehr günstig in der Mitte Europas, sei gut zu erreichen, könne ein Drehkreuz für den Warenverkehr zwischen China und Europa werden, sah der Investor in die Zukunft. Durch seine Firma »Link Global Logistics« kaufte er 2007 den Flughafen vom Landkreis. Doch schon eine Abschlagszahlung von 12 Millionen Euro ließ auf sich warten. Die chinesische Regierung habe die Überweisung gestoppt, entschuldigte sich Pangs Unternehmen. Unterbunden sei der Geldtransfer nach Deutschland womöglich, weil Angela Merkel den Dalai Lama empfangen und damit China verärgert hatte.
Über Umwege kommt das Geld schließlich an. Doch auch die weitere Finanzierung ist holprig. Schließlich gelingt es Pang 2010, den Kaufpreis für den Flughafen auf 12 Millionen Euro herunterzuhandeln. Im Gegenzug verpflichtet er sich, einen neuen Tower sowie eine Frachthalle zu bauen und die Landebahn zu sanieren. Das ist geschehen.
Doch das Luxus-Shoppingzentrum namens »Airport Village«, das der Chinese noch 2016 angekündigt hatte und in dem vor allem Reiche aus China, Russland und arabischen Staaten auf 12 000 Quadratmetern einkaufen sollten, blieb eine Vision. Ebenso die Funktion des Flughafens als »Luftfracht-Drehkreuz«.
Seit 2017 ist Jonathan Pang nicht mehr Geschäftsführer von »Link Global«. Er soll als Kaufmann in Peking tätig sein, heißt es. Am »Parchim International Airport«, den Namen gab ihm der Investor seinerzeit, wurde es immer ruhiger, Ende 2018 entließ die Betreibergesellschaft 20 ihrer 25 Mitarbeiter. Nun hofft man im Land, dass sich ein neuer Investor findet, hat doch der Flughafen eine Nachtflugerlaubnis – für Frachtverkehr ideal.