CityLab Berlin eröffnet im Tempelhofer Flughafen
Verwaltung, Wissenschaft und Bürger sollen in dem Stadtlabor gemeinsam am digitalen Berlin von morgen arbeiten
Intelligente Städte mit digital vernetzten Verwaltungen, das klingt in Berlin bisher noch nach Zukunftsmusik. Zumindest eine Entwicklerwerkstatt, die daran arbeiten soll, wurde nun eröffnet.
Nummer ziehen und warten – so sehen bisher die meist sehr zeitaufwendigen Behördengänge in Berlin aus. In Zukunft soll sich das ändern und die Stadt eine digitale und innovative Verwaltung bekommen, die den Berlinern Zeit erspart. Möglich gemacht werden soll das unter anderem vom CityLab (auf deutsch: Stadtlabor), das am Mittwochabend im ehemaligen Offiziershotel des Tempelhofer Flughafengebäudes eröffnet wurde.
»Die Berliner erwarten zu Recht, dass sie eine Verwaltung bekommen, die Dienstleister für die Menschen ist«, sagte der Regierende Bürgermeister, Michael Müller, zur Eröffnung. Für den SPD-Politiker ist das CityLab »ein Labor der Möglichkeiten«. Denn in der Entwicklerwerkstatt werden Wissenschaftler, Start-ups und Bürger gemeinsam an der digitalen Zukunft Berlins arbeiten. Die Verwaltung wird zu dieser Arbeit beitragen, meint Müller: »Durch ihren Zugang zu Daten ist die Berliner Verwaltung ein wichtiger Partner des CityLabs.«
»Fix my Berlin« ist eins dieser Projekte, wo Entwickler und Verwaltung zusammenarbeiten. Die Initiative mit ihrem neuen Zuhause im CityLab hat eine interaktive Karte der Berliner Radwege erstellt. Sie zeigt nicht nur, wo bereits sichere Radwege existieren und welche Straßen wenig Radfahrfreude versprechen. Auch Radwege, die sich im Bau befinden oder noch geplant werden, veranschaulicht die Karte. Die Bezirksverwaltungen stellen dazu die erforderlichen Daten zur Verfügung. Von der Zusammenarbeit könnten nicht nur Radfahrer profitieren, letztendlich werden dadurch auch die Verwaltungen entlastet, meint Boris Hekele von der Initiative. »Nach unserer Umfrage sind Verkehrsplaner in der Senatsverwaltung zu 30 bis 50 Prozent mit Bürgeranfragen beschäftigt«, sagt Hekele. Durch »Fix my Berlin« würden sich zumindest die Anfragen zu geplanten Radwegen erübrigen und die Verkehrsplaner Zeit für ihre eigentlich Arbeit gewinnen, glaubt er.
Genau für solche innovativen Projekte hat der Senat die Technologiestiftung Berlin mit der Schaffung des CityLab beauftragt. Ursprünglich war die Eröffnung des Stadtlabors Teil des Anfang 2017 vorgestellten 100-TagePlans der rot-rot-grünen Regierung. Dass aus 100 nun 884 Tage wurden, begründet Michael Müller auch damit, dass im zuerst geplantem Standort, dem Robert-Koch-Forum, ein anderer Akteur der digitalen Erneuerung Berlins eingezogen sei.
Dabei ist das CityLab nicht das einzige Digitalprojekt, mit dem Berlin im Verzug ist. Der Landesrechnungshof hat erst letzte Woche in seinem Jahresbericht kritisiert, dass die Senatsverwaltung zu spät mit der Umstellungen ihrer Computer auf Windows 10 begonnen habe. Falls diese nicht bis Januar 2020 abgeschlossen ist, drohen Mehrkosten, da die Unterstützung für das jetzige Betriebssystem ausläuft. Spätestens 2023 sollen dann auch die Akten der Berliner Verwaltung elektronisch werden. Sowohl die E-Akte als auch die Umstellung des Betriebssystems sind notwendig für das geplante IT-Dienstleistungszentrum. Dieses soll ermöglichen, dass die Mitarbeiter der Behörden zukünftig von jedem Arbeitsplatz aus arbeiten und auf Akten zugreifen können.
Für Benjamin Seibel, Leiter des CityLab, geht es bei solchen Digitalisierungsvorhaben allerdings nicht nur um Technik, sondern auch um den Nutzen für die Menschen. »Technische Entscheidungen haben immer eine Auswirkung auf das soziale Leben«, sagt Seidel. Für Carolin Silbernagl von der befreundeten Entwicklerwerkstatt »betterplace lab« ist bei solchen Stadtentwicklungsprojekten die Perspektive der Bürger entscheidend: »Für die Stadtentwicklung von unten müssen wir die Expertise von Betroffenen nutzen.« Genutzt wurde diese in der Vergangenheit bereits bei »Brokenlifts«, einer Anwendung, die aufbereitet, welche Aufzüge im Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg intakt oder außer Betrieb sind.
Auch im CityLab wurden am Mittwoch innovative Hilfestellungen für Menschen mit besonderen Bedürfnissen vorgestellt. Etwa eine Beleuchtung für Rollstühle, die Menschen mit Gehbehinderung zusammen mit dem Verein »be able« entwickelt haben. Oder ein Lesegerät, das Menschen mit eingeschränkter Sehfähigkeit behördliche Schreiben vorliest. Entscheidend bei beiden Innovationen ist laut Isabelle Dechamps von »be able«, dass ihre Baupläne nachbaubar seien und im Internet frei zugänglich. Dadurch könne beispielsweise das Lesegerät inklusive Materialkosten für 250 Euro nachgebaut werden, anstatt auf deutlich teurere kommerziellere Alternativen zurückzugreifen.