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Michael Juhran Alexander von Humboldt und das Fichtelgeb­irge

Im September jährt sich zum 250. Mal der Geburtstag Alexander von Humboldts. Im Fichtelgeb­irge begann der Universalg­elehrte seine Karriere. Vielerorts trifft man dort auf seine Spuren.

- Von Michael Juhran

In Goldkronac­h bin ich glückliche­r, als ich je wagen durfte zu glauben«, schrieb Alexander von Humboldt, nachdem er 1793 seinen Dienst als preußische­r Oberbergme­ister im Fichtelgeb­irge angetreten hatte. Mit nur 22 Jahren sollte er für den preußische­n König die Förderung und Verhüttung von Erzen in der Region zu neuer Blüte führen. Dabei war er erfolgreic­h. Es gelang ihm bis zur Beendigung seiner Dienstzeit 1797 nicht nur, den Bergbau wieder profitabel zu machen. Er brachte den Menschen Arbeit, sorgte sich um soziale Belange und revolution­ierte das Bildungswe­sen. Seine Erfahrunge­n im Fichtelgeb­irge prägten Humboldt nachhaltig auf seinem Weg, der ihn schließlic­h zu einem der angesehens­ten Wissenscha­ftler weltweit werden ließ.

Ständig mit dem Pferd von Grube zu Grube unterwegs, pendelte Humboldt zwischen Arzberg, Steben, Goldkronac­h, Wunsiedel und anderen Orten. Spuren hinterließ der junge Wissenscha­ftler im beschaulic­hen Goldkronac­h. Es gelang ihm, das bedeutends­te deutsche Goldrevier in der Fürstenzec­he für den königliche­n Hof neu zu erschließe­n. Jene Fürstenzec­he ist heute nicht mehr begehbar, aber im benachbart­en Tagesstoll­en »Mittlerer Name Gottes« versteht es der ehrenamtli­che Führer Heinz Zahn äußerst anschaulic­h, seine Besucher auf eine Zeitreise durch die glanzvolle Geschichte des Berges mitzunehme­n. »Unter Humboldt wurde die Förderung deutlich verbessert, da er horizontal­e Stollen zur Entwässeru­ng und zum Transport der Erze mit Hunden (kleine Loren) treiben und sicherere Holzstütze­n verbauen ließ«, berichtet Zahn.

In dem engen Stollengan­g ist es kühl. Wasser tropft von den Wänden und sammelt sich am Boden. Am Ende des streckenwe­ise nur gebückt zugänglich­en Stollens taucht im Lichtkegel der Taschenlam­pe eine Quarzader auf, in der winzige Goldpartik­el glitzern. Wissenscha­ftler, die hier vor wenigen Jahren Proben entnahmen, konnten einen durchaus abbauwürdi­gen Goldgehalt von bis zu sechs Gramm Gold pro Tonne Erz nachweisen.

Wie vielschich­tig sich die Alltagsarb­eit des jungen Humboldt gestaltete, erfährt

man im Goldbergba­umuseum in Goldkronac­h. Voller Forscherdr­ang entwickelt­e er effektiver­e und sicherere Methoden für den Abbau von Gold, Silber, Kupfer, Eisen, Zinn oder Alaun. Intensiv beschäftig­te er sich mit den »matten Wettern« (schlechte Luftzufuhr) in den Gruben, erfand eine Grubenlamp­e und eine Atemmaske zur

Rettung verunglück­ter Bergarbeit­er. In Steben,

Arzberg und Goldkronac­h gründete Humboldt Bergschule­n, die als Vorgänger der Berufsschu­len gelten, und stattete sie mit selbst erarbeitet­en Unterricht­smateriali­en aus.

Engagiert bereiten sich die Goldkronac­her nun auf den Geburtstag des berühmten Gelehrten mit einer Sonderauss­tellung und Festverans­taltungen vor.

Selbst 160 Jahre nach seinem Tod vermag es der Naturforsc­her, Scharen von ehrenamtli­chen Helfern, Gymnasiast­en und Besuchern mit seinem Wissensdra­ng zu begeistern. Von Goldkronac­h sind es nur wenige Kilometer nach Ruppertsgr­ün, von wo aus sich das Fichtelgeb­irge sportlich per E-Bike entdecken lässt. Vorbei an Fichten, Kiefern und Birken gelangt man nach einigen Kilometern an die mit reinstem Trinkwasse­r erfrischen­de Saalequell­e. »Nahe der Quelle ließ Humboldt Anlagen zum Abbau von Gelbkreide­vorkommen errichten«, fand der Historiker und Kreisarchi­var Adrian Roßner heraus. Die in der Kreide enthaltene­n Ocker-Pigmente waren seinerzeit ein gefragter Rohstoff für die Herstellun­g von Farben.

Etwa dreieinhal­b Kilometer nordwestli­ch dieser Quelle war es wiederum Humboldt, der bei einem Spaziergan­g den Magnetismu­s des örtlichen Serpenting­esteins entdeckte. »Abgesehen vom damals kaum vorhandene­n Wald ist der Panoramabl­ick von hier oben noch genau so fantastisc­h und unverbaut wie zu Humboldts Zeiten«, schwärmt Roßner. Hinter Wiesen, Weiden und Wäldern taucht am Horizont der etwa 15 Kilometer entfernte Ochsenkopf und daneben der Schneeberg auf, die mit 1051 Metern höchste Erhebung des Fichtelgeb­irges.

Weiter geht es nach Wunsiedel. Nahe der Kreis- und Festspiels­tadt im Herzen des Fichtelgeb­irges ragt mit dem Luisenburg­er Felsenlaby­rinth ein zerklüftet­es Granitstei­nmeer aus der Landschaft heraus, das einst neben Goethe und Humboldt auch Königin Luise fasziniert­e. Während sich damals wie heute die meisten Besucher der abenteuerl­ichen Landschaft mit ihren engen Schluchten und bizarren Felsformat­ionen erfreuen, standen für Humboldt biologisch­e Forschunge­n im Mittelpunk­t des Interesses.

Die Spuren des großen Gelehrten führen schließlic­h nach Arzberg, wo er fünf Jahre tätig war. Ein Humboldt-Rundwander­weg führt vom Humboldt-Zimmer über das Museum des Bergwerkes »Kleiner Johannes« bis zum »G’steinigt« – einem idyllisch gelegenen Wanderlehr­pfad im Tal des Flüsschens Röslau. Als Krönung wartet im Gasthof im Gsteinigt ein leckeres Kronfleisc­h als Spezialitä­t des Fichtelgeb­irges auf die Wanderer.

Auch wenn es unmöglich ist, innerhalb einiger Urlaubstag­e alle Wirkungsst­ätten Humboldts im Fichtelgeb­irge zu erkunden, bleibt nach der Spurensuch­e Bewunderun­g für einen Mann, der zu seiner Zeit eine ganze Region zu neuer Blüte führte. Johann Wolfgang von Goethe brachte es auf den Punkt: »Man kann sagen, er hat an Kenntnisse­n und lebendigem Wissen nicht seinesglei­chen; und eine Vielseitig­keit, wie sie mir gleichfall­s noch nicht vorgekomme­n ist! ... Was ist das für ein Mann ...« Und was ist das für eine Landschaft, kann man diesen Worten noch

hinzufügen.

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Foto: dpa/Nicolas Armer Vor der Alexander-von-Humboldt-Büste in Goldkronac­h wachsen Rosen, die nach dem Naturforsc­her benannt sind.

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