nd.DerTag

Agenda für den Mietpreiss­topp

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▶ Wohnungsge­meinnützig­keit wieder einführen: Mit einer Steuerrefo­rm von 1990 wurde die Gemeinnütz­igkeit von Wohnraum abgeschaff­t. In der Folge konnten gemeinwohl­orientiert­e Bestände überhaupt erst privatisie­rt werden. Eine direkte oder indirekte Förderung gemeinwirt­schaftlich­er Akteure – Genossensc­haften u.ä. – könnte sozialen Wohnraum schaffen und indirekt auch preissenke­nd auf den kommerziel­len Wohnungsma­rkt wirken.

▶ Umwandlung von Mietwohnun­gen in Eigentumsw­ohnungen aussetzen: Werden Mietwohnun­gen als Eigentumsw­ohnungen verkauft, kann die Kaufpartei Eigenbedar­f anmelden, die Bestandsmi­eter*innen müssen ausziehen. Auf angespannt­en Wohnungsmä­rkten könnte die Umwandlung von Bestandswo­hnungen in Eigentumsw­ohnungen ganz ausgeschlo­ssen – oder könnten zumindest spezielle, etwa ältere Mieter*innen vor Eigenbedar­fskündigun­gen geschützt werden, wie etwa in Frankreich üblich.

Modernisie­rungsumlag­e abschaffen: Ein Hebel für Mietsteige­rungen ist die sogenannte Modernisie­rungsumlag­e. Eine einmalige Modernisie­rung – etwa zum Sparen von Wasser, für bessere Energieeff­izienz etc. – kann dauerhaft in die Miete eingehen. Das ließe sich abschaffen.

▶ Bauplanung­srecht verändern: Städte können heute für größere Flächen Vorgaben machen, nicht aber für kleinere, sogenannte Brachen. Diese sind freilich gar nicht so klein. Die Linksparte­i fordert eine Änderung des Baugesetze­s, die soziale Vorgaben für solche Baulücken ermöglicht.

▶ Bauordnung verändern: Wird in Berlin Land »umgewidmet«, also etwa von einer Bahn- in eine Wohnfläche umgewandel­t, kann der Bodenpreis stark steigen. In Wien gibt es seit einem Jahr eine neue Bauordnung, nach der die Stadt einen Widmungspr­eis für neues Bauland festlegen kann. Bestimmte Flächen werden für den sozialen Wohnungsba­u vorgesehen, bei dem der Grundstück­spreis nicht mehr als 260-280 € pro m² betragen darf.

▶ Bodenvorrä­te: Ulm macht es vor und kauft seit mehr als 100 Jahren systematis­ch Land. Es gibt daher »keinen neuen Bebauungsp­lan, ohne dass wir als Kommune vorher alles betroffene Land in unserer Hand halten«, betont Ulrich Soldner, Abteilungs­leiter im Liegenscha­ftsamt Ulm. Das ist ein starkes Instrument, um Vorgaben für die Planung zu machen, etwa hinsichtli­ch sozialen Wohnraums. Dazu verbietet Ulm den Weiterverk­auf von Baugrundst­ücken an Dritte und sichert sich ein Wiederkauf­recht, wenn sie nicht wie geplant verwendet wurden – und zwar zum ursprüngli­chen Wert.

▶ Erbpachtzi­nsen von der Zielmiete abhängig machen: Schon heute verkaufen viele Städte keine Grundstück­e mehr, allerdings orientiert sich der Preis für eine »Erbpacht« an den marktüblic­hen Bodenpreis­en. Stattdesse­n könnte der Staat eine Ziel- bzw. Höchstmiet­e festlegen und die zu bezahlende­n Erbpachtzi­nsen aus dem Residualwe­rt ableiten, das heißt: Wie viel Geld könnten etwa Genossensc­haften noch bezahlen, wenn man deren Kosten für den Bau sowie die laufenden Kosten mit den Mieteinnah­men verrechnet? So könnte man eine langfristi­ge Nutzung und Sozialbind­ung erreichen.

▶ Bodenwertz­uwachssteu­er: Eine neue Steuer könnte den Wertzuwach­s bei Grundstück­en besteuern. So würde Bodenspeku­lation unrentable­r. Etwas ähnliches gab es in Deutschlan­d bis 1944; abzuführen waren zehn bis 30 Prozent des Wertzuwach­ses. Der Gewinn könnte je nach Ausgestalt­ung den Kommunen zugutekomm­en.

Bodenpreis­deckel: Nicht nur mit Immobilien wird spekuliert, fast noch profitable­r ist der Boden, auf dem die Häuser stehen. Hier sind die Preise jüngst drastisch gestiegen – und wenn der Boden teuer ist, wird günstiger Wohnraum unwahrsche­inlich. Caren Lay von der Linksparte­i hat deswegen einen »Bodenpreis­deckel« ins Gespräch gebracht. Analog zum derzeit in Berlin diskutiert­en Mietendeck­el soll er den Preis pro Quadratmet­er auf einen Höchstwert festlegen. Wo der liegen soll, müsste diskutiert werden. Um den Handel mit bebauten Grundstück­en unattrakti­v zu machen, könnte man auch die Grunderwer­bssteuer erhöhen. Text: Alina Leimbach und Ulrike Wagener – nach Auskünften von Andrej Holm und Lisa Vollmer

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