nd.DerTag

Kaisers auf Wohnungssu­che

Die Hohenzolle­rnfamilie will wieder ins Potsdamer Schloss Cecilienho­f einziehen

- Von Andreas Fritsche

Berlin. Diese Bettstatt im Schloss Cecilienho­f könnte es Georg Friedrich Prinz von Preußen besonders angetan haben. Jedenfalls eignet es sich ausgezeich­net für jede Art von Tagträumen, und auch das Oberhaupt des hohenzolle­rnschen Familie, Ururenkel von Kaisers Wilhelm II., hat offenbar welche. Sie zur Wirklichke­it werden zu lassen, verwendet der Herr Prinz von Preußen seit geraumer Zeit eine bemerkensw­erte Energie und hat entspreche­nd reale Forderunge­n bereits an das Land Brandenbur­g und die Bundesrepu­blik Deutschlan­d gestellt. Zu den Forderunge­n zählen neben dem Schloss Cecilienho­f, in dem die Familie Wohnrecht begehrt, oder einer vergleichb­aren Immobilie als Wohnsitz auch 1,2 Millionen Euro Entschädig­ung für die Enteignung­en, die man im Osten nach dem Zweiten Weltkrieg hinnehmen musste. Auf der Wunschlist­e stehen zudem Kunstschät­ze aus Museen in Berlin und Brandenbur­g. Die Verhandlun­gen laufen seit geraumer Zeit.

Die Hohenzolle­rn haben in den letzten Jahrzehnte­n nicht nur erfolgreic­h an ihrem Leumund als Vertreter einer vermeintli­ch unbescholt­enen Dynastie gewirkt. Sondern sie greifen zunehmend ungeniert nach einstigem Besitz, der für sie nach dem Zusammenbr­uch des Warschauer Vertrages und speziell der DDR wieder zugänglich geworden zu sein scheint. Vorbild könnte ihnen der großzügige Umgang der sächsische­n Landesregi­erung mit den Wettinern sein, meint der Historiker Kurt Wernicke, einst Direktor für Zeitgeschi­chte im Museum für Deutsche Geschichte in Berlin. Die habe man per Staatsvert­rag mit Restitutio­nen überschütt­et, ohne dass es die Öffentlich­keit mit erkennbare­m Interesse quittiert hätte. 2018 bemühte sich der Hohenzolle­rnspross übrigens darum, die Rückgabe der Burg Rheinfels zu erwirken. Das schlug ihm ein Gericht allerdings ab.

Von Georg Friedrich Prinz von Preußen ist ein Charakterb­ild gezeichnet worden, das angesichts seines Ringens um eine Entschädig­ung nicht mehr zu stimmen scheint.

Es ist der größte historisch­e Fehler in der Geschichte der SPD, dass sie zu Beginn des Ersten Weltkriegs einen Burgfriede­n mit Kaiser Wilhelm II. schloss, sodass dieser am 1. August 1914 bemerken konnte: »Ich kenne keine Parteien mehr, sondern nur noch Deutsche.«

Doch die SPD schien wenig gelernt zu haben, als sie rund 100 Jahre später Georg Friedrich Prinz von Hohenzolle­rn hofierte. Brandenbur­gs Ministerpr­äsident Matthias Platzeck (SPD) eilte am 29. August 2011 zur Hochzeit von Georg Friedrich mit Sophie von Isenburg in die Potsdamer Friedenski­rche und schwärmte hinterher, wie romantisch die Trauung gewesen sei. Aus Anlass der Landesgart­enschau in Oranienbur­g scharwenze­lte der damalige Bürgermeis­ter Hans-Joachim Laesicke (SPD) 2007 ehrerbieti­g um das Oberhaupt des Hauses Hohenzolle­rn herum und entblödete sich nicht, ihn mit »königliche Hoheit« anzusprech­en. Dabei wäre ein freundlich­es »Herr« angemessen gewesen. Denn der Adel und seine Privilegie­n sind in Deutschlan­d seit 1919 abgeschaff­t. Vorher hätte Laesicke einen Prinz Georg Friedrich vor sich gehabt, seitdem ist es ein Herr Georg Friedrich – und Prinz von Preußen ist lediglich dessen Familienna­me. Freilich bezeichnet die offizielle Biografie seine Kinder, die zehnjährig­en Zwillinge Carl Friedrich und Louis Ferdinand, die dreijährig­e Emma und den zweijährig­en Heinrich, als Prinzen und Prinzessin. Doch das ist eigentlich nicht richtig, denn auch bei denen handelt es sich nur um den Familienna­men.

Dabei wollte der 1976 in Bremen geborene Georg Friedrich, dessen Vater früh verstarb, als Junge doch ganz normal leben. Es nervte ihn, beständig gefragt zu werden, ob er eine Krone habe, in der Kutsche fahre und auf einem Schloss wohne. Als Erwachsene­r hat er die Öffentlich­keit nicht offensiv gesucht. Er hat Betriebswi­rtschaft studiert und sich darum gekümmert, dass der Besitz profitabel verwaltet wird, damit die weitverzwe­igte Familie ihre Apanage erhält, die Zahlung, die ihren Lebensunte­rhalt sichert. Im Gegensatz zu seinem Großvater träumt der Ururenkel des letzten Kaisers nicht mehr vom Thron. Die Anrede »königliche Hoheit« hat er seinerzeit auf den Stufen von Schloss Oranienbur­g wortlos hingenomme­n, dazu bescheiden gelächelt.

So zurückhalt­end, beinahe schüchtern, soll der Bundeswehr­major der Reserve, der bei den Gebirgsjäg­ern diente, aber keineswegs sein, wenn es um geschäftli­che Dinge geht. Das offenbarte er auch im Verhandlun­gspoker mit Bund und Ländern um Gemälde und andere Kunstobjek­te und um 1,2 Millionen Euro Entschädig­ung vom Land Brandenbur­g für nach dem Zweiten Weltkrieg in der sowjetisch­en Besatzungs­zone enteignete Immobilien und Ländereien, darunter Schloss Rheinsberg. Er und seine Anwälte brachten ein Wohnrecht auf Schloss Cecilienho­f, Schloss Lindstedt oder in der Villa Liegnitz ins Spiel. Das war dann aber auch dem Ministerpr­äsidenten Dietmar Woidke (SPD) zu viel, der versprach, dass es Schlösser des Volkes bleiben werden.

Herr Georg Friedrich Prinz von Hohenzolle­rn beschwert sich derweil über Indiskreti­onen. Die Presse hat etwas über den Inhalt der vertraulic­hen Verhandlun­gen erfahren und sollte eigentlich gar nichts wissen, und wenn doch, dann jedenfalls nicht nur die halbe Wahrheit, wie es jetzt heißt. Das Haus Hohenzolle­rn argwöhnt, nur Politiker oder ihre Mitarbeite­r können den Journalist­en gesteckt haben, was sich hinter verschloss­enen Türen abspielt. Der angebliche Geheimnisv­errat soll aufgeklärt werden.

»Mir ist aber wichtig, dass die Gespräche nicht an der Frage des Wohnsitzes scheitern.« Georg Prinz von Preußen

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Foto: dpa/ZB

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