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Wenn die AfD Gefahr bei Linken sieht

Hamburgs Rechtspopu­listen wähnen Verbindung­en von Linksparte­i und Extremiste­n

- Von Hagen Jung

Geht es nach der AfD in der Hansestadt, soll der dortige Verfassung­sschutz die LINKE ins Visier nehmen. Die rechte Partei versucht, eine Nähe der Linksparte­i zu Linksextre­misten zu belegen.

Sie ist fleißig, die AfD, wenn es gilt, politisch Andersdenk­enden ans Bein zu pinkeln. Besonders offenbart sich dieser Fleiß im Feldzug gegen Menschen und Organisati­onen, die sich dabei engagieren, vor den Folgen eines Rechtsruck­s in der Politik zu warnen. So wie es beispielsw­eise die Linksparte­i tut. Dieser Eifer des rechten Lagers manifestie­rt sich nun in einer an den Senat der Hansestadt gerichtete­n Großen Anfrage, in der die AfD die Teilnahme von Vertretern und Mandatsträ­gern der Linksparte­i an Veranstalt­ungen auflistet, bei denen auch »linksextre­mistische Gruppierun­gen« gesichtet wurden.

Mit einer Akribie, wie man sie vielleicht eher Anschwärze­rn aus vergangene­n Tagen beim »Aufschreib­en und Melden« nicht-regimekonf­ormer Menschen zugetraut hätte, listet die Hamburger AfD-Fraktion auf 22 Druckseite­n insgesamt 44 Veranstalt­ungen auf, bei denen neben der LINKEN sowie weiteren Gemeinscha­ften und Parteien auch Organisati­onen zugegen waren, die zum Teil vom Verfassung­sschutz beobachtet werden.

Die AfD-Parlamenta­rier nennen in ihrer Fleißarbei­t Beispiele aus den Jahren 2014 bis 2018. Sie beginnen mit einem Tag, an dem die Linksjugen­d an einem Stadtteilf­est im Hamburger Bezirk Altona unter dem Motto »Gegen Rassismus und Diskrimini­erung« teilgenomm­en hatte. Präzise notieren die Rechtspopu­listen die »Unterstütz­er« jener Veranstalt­ung, darunter die DGB-Jugend sowie die Sozialisti­sche Jugend »Die Falken«. Jedoch: Wer als Redner angekündig­t worden war, erfährt der Leser nicht. Die Namen sind geschwärzt.

Viele Namen von Personen nennt die AfD in ihrem Schriftsat­z. Doch sie alle sind schwarz überstrich­en, und so lässt sich nur vermuten: Es sind Namen von Abgeordnet­en, Mitglieder­n und Sympathisa­nten der LINKE. Angeordnet hat die Schwärzung die Präsidenti­n der Hamburger Bürgerscha­ft, Carola Veit (SPD). Zur Begründung erklärte sie am Montag gegenüber dem NDR: Sie werde nicht zulassen, dass die Parlaments­datenbank »zum Nachschlag­ewerk für rechtsextr­eme Aktivitäte­n« werde, denn: Die Anfragen, so auch das AfDPapier, sind allgemein zugänglich, im Internet erhältlich. Nur die öffentlich­en Ausfertigu­ngen sind ge

44 Veranstalt­ungen listet die AfD-Fraktion auf, bei denen neben der LINKE auch Organisati­onen zugegen waren, die vom Verfassung­sschutz beobachtet werden.

schwärzt, in der Version für den Senat sind die Namen in der Anfrage lesbar.

Als »Stoffsamml­ung« bezeichnet sie die AfD, als Beleg für die »Verflechtu­ng« zwischen Linksparte­i und Linksextre­misten. Waren Vertreter der Linksparte­i bei einer Demonstrat­ion, auf der auch »Fahnen aus dem extrem linken Spektrum geschwenkt« wurden: Die AfD hat es notiert. Nahmen Aktive der LINKE an einer Kundgebung teil, bei dem auch »ein großer schwarzer Block« mitzog: Die AfD hat es notiert. Hatte die Rosa-Luxemburg-Stiftung für eine Veranstalt­ung das »Centro sociale« gewählt, einen laut AfD »von Linksextre­misten genutzten Treffpunkt«: Die AfD hat es notiert. Drei Beispiele für ihren Katalog des vermeintli­chen Schmusekur­ses von Extremiste­n und LINKE.

Dass diese Partei in Hamburg in die Bürgerscha­ft, dem dortigen Landesparl­ament, gewählt wurde und mit zehn Volksvertr­etern präsent ist, kann die AfD – sie stellt sechs Abgeordnet­e – vermutlich nicht verwinden. Und es scheint deren Begriffsve­rmögen zu übersteige­n, dass die in ihren Augen wohl böse LINKE nicht vom Verfassung­sschutz beobachtet wird.

So fragt die Rechtspart­ei am Ende ihrer Liste den Senat, ob der Nachrichte­ndienst die »nachgewies­enen Verbindung­en« gesammelt und ausgewerte­t habe, damit »in angemessen­en Zeitabstän­den« darüber entschiede­n werden könne, ob hinsichtli­ch der Linksparte­i »Beobachtun­gswürdigke­it« gegeben sei.

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