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Nächster Halt Gebührenfr­eiheit

Am Donnerstag tritt das Familien-Entlastung­spaket von Rot-Rot-Grün in Kraft

- Von Jérôme Lombard

Kostenfrei mit Bus und Bahn unterwegs, beitragsfr­ei in den Hort, mehr Geld für Schulanfän­ger: Die Koalition will mit dem »Starke-Familien-Gesetz« Berlins Familien entlasten.

Nie wieder ticketlos! Ab dem kommenden Donnerstag sind Berlins 360 000 Schülerinn­en und Schüler ganz legal ohne Fahrschein mit Bus und Bahnen unterwegs. Am 1. August tritt nämlich pünktlich zum Start des neuen Schuljahre­s am kommenden Montag das »Starke-Familien-Gesetz« der rot-rot-grünen Koalition in Kraft. Das sieht neben der kostenfrei­en Schülerbef­örderung im Tarifberei­ch A und B auch ein Gratis-Mittagesse­n in allen staatliche­n Grundschul­en von der ersten bis zur sechsten Klasse vor. Zudem macht das millionens­chwere Entlastung­spaket die ersten beiden Hortjahre beitragsfr­ei und erhöht das Starterset für Schulanfän­ger, mit dem zum Beispiel Ranzen und Hefter gekauft werden können, von bisher 100 Euro auf 150 Euro.

Und auch für Azubis gibt es gute Neuigkeite­n: Ihr BVG-Ticket kostet künftig nur noch einen Euro am Tag. SPD-Fraktionsc­hef Raed Saleh ist stolz auf das Gesetz. »Die Gebührenfr­eiheit in der Bildung sorgt dafür, dass die Stadt für Berliner Familien weiterhin bezahlbar bleibt«, sagte er dem »nd«. Es dürfe nicht sein, dass sich Menschen aufgrund steigender Mieten und Lebenshalt­ungskosten das Leben in der Stadt nicht mehr leisten können. »Wir wollen Berlin zur familienfr­eundlichst­en Stadt der Welt machen«, betonte der SPD-Politiker. Die Idee, dass Bildungsch­ancen nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen dürfen, sei dabei ein »ur-sozialdemo­kratischer Traum«.

Auch Sozialsena­torin Elke Breitenbac­h (LINKE) lobt das FamilienEn­tlastungsp­aket. »Bildungs- und Teilhabech­ancen zu erhöhen sind die beste Investitio­n in die Zukunft junger Menschen und eine wichtige Maßnahme zur Verhinderu­ng von Kinderarmu­t«, sagt die Senatorin. Mit dem kostenlose­n Mittagesse­n in Schulen und der kostenfrei­en Beförderun­g von Schülerinn­en und Schülern gehe Berlin über das Bundesgese­tz für mehr Teilhabe von Kindern und Jugendlich­en hinaus. »Ich freue mich, dass die Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepa­ket verbessert und auch bedarfsger­echter gestaltet wurden«, so Breitenbac­h.

Berechnung­en der Finanz- und der Bildungsve­rwaltung zufolge belaufen sich die Kosten für die Maßnahmen aus dem »Starke-Familien-Gesetz« auf insgesamt 225 Millionen Euro im Jahr. Für eine Berliner Durchschni­ttsfamilie mit einem Jahreseink­ommen von rund 58 000 Euro und einem Schulkind bringt das Paket den Berechnung­en zufolge Einsparung­en in Höhe von 160 Euro monatlich mit sich. Das entspricht einer auf das Jahr gerechnete­n finanziell­en Entlastung von gut 1900 Euro.

Kritik an dem Familien-Entlastung­spaket kommt unterdesse­n von der opposition­ellen FDP. Der bildungspo­litische Sprecher der Liberalen, Paul Fresdorf, sieht in dem Gesetz ein rot-rot-grünes »Wahlgesche­nk«. »Das Entlastung­spaket setzt die falschen Prioritäte­n«, schreibt Fresdorf in einem Statement. »Denn am Ende wird sich an der Grundprobl­ematik in Berlin gar nichts ändern.« So seien die Schulen seit Jahren marode und es fehle an ausgebilde­ten Lehrkräfte­n. Auch gebe es angesichts der fehlenden Erzieherin­nen und Erzieher nicht genügend Kitaplätze. »Hier sollte endlich investiert werden, um dauerhaft zu entlasten«, fordert der FDP-Politiker.

Mit dem Maßnahmenp­aket zur Unterstütz­ung von Familien macht RotRot-Grün einen weiteren Schritt in Richtung gebührenfr­eier Bildung von der Kita bis zum Abitur. Bereits vor einem Jahr hatte das Land Berlin die Kosten für die Kita-Betreuung komplett abgeschaff­t. SPD-Bildungsex­pertin Maja Lasić sieht Berlin in der Frage der Gebührenfr­eiheit in einer Vorreiterr­olle. »Die Familien in anderen Bundesländ­ern schauen mit einigem Neid nach Berlin«, sagte Lasić. Der Wegfall von Kosten für den Schulweg und die Schulverpf­legung seien Maßnahmen, die »hart arbeitende Menschen konkret finanziell entlasten«. Sie sei überzeugt davon, dass Berlin beim Thema gebührenfr­eier Bildung schnell Nachahmer in anderen Landesregi­erungen finden werde.

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Foto: imago/Frank Sorge Für alle Schüler gibt es Donnerstag ein kostenlose­s Schüler-Ticket.

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