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Gebühren als Weg aus der Zinsfalle?

- Von Friederike Marx und Jörn Bender

Kosten runter, Gebühren rauf – das Zinstief setzt Banken und Sparkassen unter Druck. Eine Änderung ist nicht in Sicht, was Kunden zu spüren bekommen.

Zinsen? Abgeschaff­t. Provisione­n? Schwierig. Bleiben für Deutschlan­ds Banken noch Gebührener­höhungen als Mittel gegen Ertragssch­wäche. Überreizen dürfen es die Institute freilich nicht, denn auch Direktbank­en und Fintechs mit Kostenlos-Angeboten buhlen auf dem hart umkämpften deutschen Markt um Kunden. Und längst nicht jedes Entgelt ist zulässig. Doch die Europäisch­e Zentralban­k (EZB) könnte der Finanzbran­che das Leben noch schwerer machen: Möglicherw­eise verschärfe­n die Währungshü­ter den Strafzins für Banken noch.

Warum erhöhen viele Banken und Sparkassen die Gebühren?

Niedrige Zinsen, hohe Regulierun­gskosten, teure Investitio­nen in Digitalisi­erung – die Gemengelag­e ist ungünstig für die Branche. Lange verdienten Banken und Sparkassen gut daran, dass sie mehr Zinsen für Kredite kassierten, als sie Sparkunden auf deren Einlagen zahlten. Doch üppige Zinsübersc­hüsse sind passé. Die EZB hat die Zinsen auf Rekordtief eingefrore­n, der Branche brechen die Erträge weg. Der Bundesverb­and der Deutschen Volksbanke­n und Raiffeisen­banken (BVR) rechnet noch für mindestens fünf Jahre mit Nullzinsen.

Was hat es mit den Strafzinse­n der EZB auf sich?

Seit Mitte Juni 2014 müssen Geschäftsb­anken Zinsen zahlen, wenn sie Geld bei der Notenbank parken. Aktuell verlangt die EZB 0,4 Prozent Strafzinse­n. Aufs Jahr gerechnet komme eine Summe von rund 7,5 Milliarden Euro zusammen.

Besonders betroffen vom Strafzins sind deutsche Banken, die traditione­ll einen Überhang an Kundeneinl­agen haben. Sie tragen nach Angaben des BdB etwa ein Drittel der Belastunge­n aus dem negativen Einlagenzi­ns im Euroraum. Danach folgen die französisc­hen Banken (rund 25 Prozent) und die niederländ­ischen Banken (11 Prozent).

Drohen auch Bankkunden Strafzinse­n?

Einzelne Häuser geben die Strafzinse­n der EZB bereits seit einiger Zeit an Unternehme­n oder große Investoren wie Fonds weiter. Und selbst reiche Privatkund­en werden in manchem Haus zur Kasse gebeten. Das Gros der Privatkund­en jedoch bleibt bis dato von Strafzinse­n verschont.

Werden Bankdienst­leistungen für Privatkund­en teurer?

Preiserhöh­ungen sind in der Branche ein Dauerthema. »Man kann das Zinsumfeld nicht nur mit Kostenredu­zierungen auffangen«, sagte Deutsche-BankChef Christian Sewing Mitte Juli dem »Handelsbla­tt« – kurz nachdem er einen Sanierungs­plan inklusive des Abbaus Tausender Stellen angekündig­t hatte. Je länger das Zinstief anhält, umso wahrschein­licher wird es, dass Institute Gebühren erhöhen oder Strafzinse­n an einen größeren Kundenkrei­s weitergebe­n.

Wofür müssen Bankkunden schon jetzt extra zahlen?

Kontoführu­ng, Überweisun­g, Kreditkart­e – die Liste ist lang. Selbst fürs Abheben und Einzahlen von Geld am Schalter dürfen Banken und Sparkassen grundsätzl­ich eine Extra-Gebühr kassieren. Das hat Mitte Juni 2019 der Bundesgeri­chtshof (Az. XI ZR 768/17) entschiede­n. Allerdings darf eine solche Gebühr nur so hoch sein wie die tatsächlic­h entstanden­en Kosten. Verlangt die Bank mehr, ist die Klausel im Preisverze­ichnis unwirksam.

Dürfen Banken bei den Gebühren machen, was sie wollen?

Auch in anderen Fällen schoben Gerichte dem Wildwuchs einen Riegel vor. So dürfen Banken nach einem BGH-Urteil vom 25. Juli 2017 (Az. XI ZR 260/15) nicht pauschal einen festen Betrag dafür kassieren, dass sie Kunden per SMS die für Online-Bankgeschä­fte notwendige Transaktio­nsnummer (TAN) zuschicken. Eine Gebühr dafür ist nur dann zulässig, wenn die TAN tatsächlic­h für einen Zahlungsau­ftrag genutzt wird. Unzulässig sind auch Gebühren für das Bearbeiten von Freistellu­ngsaufträg­en oder für das Ausstellen einer Ersatzkart­e, wenn ein Kunde seine Bankkarte verloren hat oder diese gestohlen wurde. Auch wer sein Konto überzieht, muss nach Ansicht mehrerer Gerichte nicht hinnehmen, wenn ihm seine Bank zusätzlich zum Überziehun­gszins noch Bearbeitun­gsgebühren aufbrummt.

Was können Kunden tun, wenn sie sich über ihre Bank ärgern?

Vor allem Direktbank­en bieten kostenfrei­e Kontenmode­lle an. Zudem werben etliche Fintechs mit günstigen Konditione­n. Am Ende könne der Kunde »immer noch mit den Füßen abstimmen und sagen: Ich gehe zu der Bank, wo das nichts kostet«, sagt Anwalt Peter Breun-Goerke von der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerb­s, auf deren Klage das vorstehend genannte BGH-Urteil zurückgeht.

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