Gebühren als Weg aus der Zinsfalle?
Kosten runter, Gebühren rauf – das Zinstief setzt Banken und Sparkassen unter Druck. Eine Änderung ist nicht in Sicht, was Kunden zu spüren bekommen.
Zinsen? Abgeschafft. Provisionen? Schwierig. Bleiben für Deutschlands Banken noch Gebührenerhöhungen als Mittel gegen Ertragsschwäche. Überreizen dürfen es die Institute freilich nicht, denn auch Direktbanken und Fintechs mit Kostenlos-Angeboten buhlen auf dem hart umkämpften deutschen Markt um Kunden. Und längst nicht jedes Entgelt ist zulässig. Doch die Europäische Zentralbank (EZB) könnte der Finanzbranche das Leben noch schwerer machen: Möglicherweise verschärfen die Währungshüter den Strafzins für Banken noch.
Warum erhöhen viele Banken und Sparkassen die Gebühren?
Niedrige Zinsen, hohe Regulierungskosten, teure Investitionen in Digitalisierung – die Gemengelage ist ungünstig für die Branche. Lange verdienten Banken und Sparkassen gut daran, dass sie mehr Zinsen für Kredite kassierten, als sie Sparkunden auf deren Einlagen zahlten. Doch üppige Zinsüberschüsse sind passé. Die EZB hat die Zinsen auf Rekordtief eingefroren, der Branche brechen die Erträge weg. Der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) rechnet noch für mindestens fünf Jahre mit Nullzinsen.
Was hat es mit den Strafzinsen der EZB auf sich?
Seit Mitte Juni 2014 müssen Geschäftsbanken Zinsen zahlen, wenn sie Geld bei der Notenbank parken. Aktuell verlangt die EZB 0,4 Prozent Strafzinsen. Aufs Jahr gerechnet komme eine Summe von rund 7,5 Milliarden Euro zusammen.
Besonders betroffen vom Strafzins sind deutsche Banken, die traditionell einen Überhang an Kundeneinlagen haben. Sie tragen nach Angaben des BdB etwa ein Drittel der Belastungen aus dem negativen Einlagenzins im Euroraum. Danach folgen die französischen Banken (rund 25 Prozent) und die niederländischen Banken (11 Prozent).
Drohen auch Bankkunden Strafzinsen?
Einzelne Häuser geben die Strafzinsen der EZB bereits seit einiger Zeit an Unternehmen oder große Investoren wie Fonds weiter. Und selbst reiche Privatkunden werden in manchem Haus zur Kasse gebeten. Das Gros der Privatkunden jedoch bleibt bis dato von Strafzinsen verschont.
Werden Bankdienstleistungen für Privatkunden teurer?
Preiserhöhungen sind in der Branche ein Dauerthema. »Man kann das Zinsumfeld nicht nur mit Kostenreduzierungen auffangen«, sagte Deutsche-BankChef Christian Sewing Mitte Juli dem »Handelsblatt« – kurz nachdem er einen Sanierungsplan inklusive des Abbaus Tausender Stellen angekündigt hatte. Je länger das Zinstief anhält, umso wahrscheinlicher wird es, dass Institute Gebühren erhöhen oder Strafzinsen an einen größeren Kundenkreis weitergeben.
Wofür müssen Bankkunden schon jetzt extra zahlen?
Kontoführung, Überweisung, Kreditkarte – die Liste ist lang. Selbst fürs Abheben und Einzahlen von Geld am Schalter dürfen Banken und Sparkassen grundsätzlich eine Extra-Gebühr kassieren. Das hat Mitte Juni 2019 der Bundesgerichtshof (Az. XI ZR 768/17) entschieden. Allerdings darf eine solche Gebühr nur so hoch sein wie die tatsächlich entstandenen Kosten. Verlangt die Bank mehr, ist die Klausel im Preisverzeichnis unwirksam.
Dürfen Banken bei den Gebühren machen, was sie wollen?
Auch in anderen Fällen schoben Gerichte dem Wildwuchs einen Riegel vor. So dürfen Banken nach einem BGH-Urteil vom 25. Juli 2017 (Az. XI ZR 260/15) nicht pauschal einen festen Betrag dafür kassieren, dass sie Kunden per SMS die für Online-Bankgeschäfte notwendige Transaktionsnummer (TAN) zuschicken. Eine Gebühr dafür ist nur dann zulässig, wenn die TAN tatsächlich für einen Zahlungsauftrag genutzt wird. Unzulässig sind auch Gebühren für das Bearbeiten von Freistellungsaufträgen oder für das Ausstellen einer Ersatzkarte, wenn ein Kunde seine Bankkarte verloren hat oder diese gestohlen wurde. Auch wer sein Konto überzieht, muss nach Ansicht mehrerer Gerichte nicht hinnehmen, wenn ihm seine Bank zusätzlich zum Überziehungszins noch Bearbeitungsgebühren aufbrummt.
Was können Kunden tun, wenn sie sich über ihre Bank ärgern?
Vor allem Direktbanken bieten kostenfreie Kontenmodelle an. Zudem werben etliche Fintechs mit günstigen Konditionen. Am Ende könne der Kunde »immer noch mit den Füßen abstimmen und sagen: Ich gehe zu der Bank, wo das nichts kostet«, sagt Anwalt Peter Breun-Goerke von der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs, auf deren Klage das vorstehend genannte BGH-Urteil zurückgeht.