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Weiße Flecken bei den Roten

In Sachsen ist die LINKE außerhalb der Städte schwach. Die Wahlnieder­lage wirft nun schwerwieg­ende Fragen auf.

- Von Hendrik Lasch

Plakate abnehmen nach einer Wahl – das ist so unangenehm wie das Aufräumen nach einer Party. War die Fete gelungen, wirkt das immerhin beflügelnd bei der Beseitigun­g von leeren Flaschen und Kippen. Bleibt von der Feier aber nur der schwere Kopf, ist das Zusammenfe­gen der Scherben doppelt lästig.

Silvio Lang und seine Genossen haben einen dicken Kater. Die LINKE in Sachsen ist bei der Landtagswa­hl von 18,9 auf 10,4 Prozent abgestürzt. Vor allem außerhalb der Großstädte ist das Bild ernüchtern­d. In Langs Wahlkreis Bautzen 3, der sich vom Dresdner Stadtrand bis fast nach Hoyerswerd­a erstreckt, hat die Partei 2892 Stimmen erhalten: 7,8 Prozent. Dem Direktkand­idat gaben immerhin 3134 Wähler ih

re Stimme: 8,5 Prozent. Der siegreiche AfDMann erhielt fast viermal so viele.

Zeit zum Wundenleck­en bleibt nicht. Bis Sonntag hat Lang Zeit, um 600 Plakate von Laternen zu entfernen. Hilfe gibt es kaum, wie schon im Wahlkampf. »Ich konnte auf keine Parteistru­kturen zurückgrei­fen«, sagt der 36-Jährige LINKE-Landesvize. Im gesamten Landkreis Bautzen, der gut 300 000 Einwohnern hat und fünf Wahlkreise umfasst, leben knapp 500 Genossen, viele von ihnen hoch betagt. Ortsverbän­de gibt es im Kreis Bautzen 3 nicht mehr. Eine Handvoll Genossen half beim Plakatiere­n; Infostände waren allein sein Job. In der Provinz betreibe man »Wahlkampf ohne Unterbau«.

Der fehlt nicht nur in Kampagnenz­eiten. Die Partei ist auf dem Land kaum noch präsent. Kommunalma­ndate hat sie noch am ehesten in Klein- und Mittelstäd­ten; in Langs Wahlkreis etwa in Radeberg. In Dörfern aber hat sie oft keine Gesichter und also keine Ansprechpa­rtner. Ohnehin sind Orte wie Wachau, wo Lang an diesem Morgen mit Leiter und Zange unterwegs ist, »kein Terrain, wo es für uns viel zu holen gäbe«: klassische­r Dresdner Speckgürte­l, adrette Häuser hinter getrimmten Hecken, wenig soziale Not, 172 Wählerstim­men.

Dass die LINKE auf dem platten Land überhaupt noch präsent ist, verdankt sich Büros, die zum guten Teil von Abgeordnet­en finanziert und von deren Mitarbeite­rn betreut werden. Lang etwa ist bei der Bundestags­abgeordnet­en Caren Lay angestellt und arbeitet je zwei Tage pro Woche in Büros in Bautzen und Hoyerswerd­a. Weitere bestanden in Kamenz und Radeberg; möglich war das, weil es mit Marion Junge und Heiko Kosel auch zwei Landtagsab­geordnete aus der Region gab.

Das ist vorbei; in der nur noch 14-köpfigen Fraktion ist der Landkreis Bautzen nicht vertreten, weil seine Vertreter auf der Landeslist­e zu weit hinten einsortier­t wurden. Regionen wie das Vogtland trifft es noch härter; dort ist auch keiner der sechs sächsische­n Bundestags­abgeordnet­en der LINKEN verankert: »Die sind völlig blank«, sagt Lang. Sein eigener Kreisverba­nd hat Vorsorge für den Ernstfall getroffen und Büros gekündigt. Ob die Landespart­ei helfen kann, die Verluste zu begrenzen, ist offen; auch dort fehlt wegen sinkender Zuschüsse vom Staat und geringerer Spenden von Abgeordnet­en nun viel Geld.

Dass die Partei in der Fläche ein Problem hat, weiß man lange. Als die vormalige Landesgesc­häftsführe­rin Antje Feiks Ende 2017 zur Vorsitzend­en gewählt wurde, punktete sie bei den Genossen aus der Provinz mit der Ankündigun­g einer Offensive für den ländlichen Raum. Ein Strategiep­apier schlug zum Beispiel »regelmäßig­es und dauerhafte­s öffentlich­es Auftreten« linker Politiker vor; dazu thematisch­e Touren, Präsenz bei Sport- und Dorffesten bis hin zu einer »linken Wandergrup­pe«. Zwei Jahre später räumte Feiks ein, trotz eines Budgets von 100 000 Euro sei von der Offensive »nur wenig« zu sehen gewesen. Woran das lag, ist strittig. Manche ver

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