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Unterstütz­ung von rechts

Schon früher gab es auf Ebene der Lokalpolit­ik Kooperatio­nen mit der NPD

- Von Peter Nowak

Die Amtszeit des NPD-Funktionär­s Stefan Jagsch dürfte schnell zu Ende sein: Nach der bundesweit­en Empörung über seine Wahl zum Ortsvorste­her im hessischen Altenstadt-Waldsiedlu­ng haben sieben von neun Mitglieder­n des Gremiums einer Abwahl zugestimmt. In den letzten Tagen hatten Politiker*innen von SPD, FDP und CDU ihre Parteimitg­lieder, die Jagsch zum Vorsteher des Ortsbeirat­s gewählt haben, heftig kritisiert. Der ehemalige CDU-Generalsek­retär Peter Tauber sprach im Deutschlan­dfunk von parteiüber­greifender Naivität bei der Wahl. Er erklärte, dass die CDU nie für einen NPD-Mann die Hand heben werde.

Allerdings war die NPD in den 1970er und 1980er Jahren längst nicht so isoliert. In mehreren Gemeinden, in denen die NPD ihre Hochburgen hatte, nahm die CDU deren Stimmen gerne an. Im hessischen Ehringshau­sen saßen für die NPD viele Jahre Alfred und Doris Zutt im Gemeindera­t. Sie wählten den Kandidaten der CDU gemeinsam mit den Freien Wählern zum Bürgermeis­ter, dafür bekam Doris Zutt den Vorsitz im Umweltauss­chuss des Gemeindera­ts.

In den 1970er und 1980er Jahren war die NPD längst nicht so isoliert.

Die Zutts setzten nach 1989 ihre Arbeit für die NPD in Mecklenbur­g-Vorpommern fort. Doris Zutt zog für die NPD in den Kreistag Müritz und in die Stadtvertr­etung von Waren ein.

Während die Kooperatio­n von Ehringshau­sen wenig Beachtung fand, sorgte 1989 die Wahl des CDU-Bürgermeis­ters Hartmut Böhmer in der hessischen Festspiels­tadt Bad Hersfeld mit Stimmen der NPD bundesweit für Schlagzeil­en. Er sei von hessischen CDU-Funktionär­en ausdrückli­ch zu diesem schwarzbra­unen Bündnis gedrängt worden, rechtferti­gte sich Böhmer.

Er hatte sich in seiner langen Amtszeit die NPD-Unterstütz­ung redlich verdient, wie das von Kathi Seewald und Timo Schadt herausgege­bene Buch »Deutschlan­ds Mitte – rechts daneben« nachwies. So wollte Böhmer 1983 in einem generellen Zutrittsve­rbot für Sinti und Roma in Bad Hersfeld keine Diskrimini­erung sehen. Bei einem Veteranent­reffen der Waffen-SS im Ort im gleichen Jahr war Böhmer Ehrengast. »Als Privatpers­on kann ich Ehrengast sein, selbst wenn ihnen das nicht gefällt. Ich nehme mir auch in Zukunft die Freiheit, in meiner Freizeit zu tun und zu lassen, was ich will,« erklärte Böhmer nach Protesten.

Über 8000 Antifaschi­st*innen protestier­ten 1983 gegen das Treffen und dessen Aufwertung durch Böhmer. »In Hersfeld hatten wir absolut keine Unterstütz­ung«, erinnerte sich der damalige Hersfelder DGB-Vorsitzend­e Julius Klausmann, der als Organisato­r eines breiten Antifa-Bündnisses bekannt wurde und den geballten Hass des Hersfelder Establishm­ents abbekam. Ein CDU-Mann habe ihn damals sogar öffentlich »Volksschäd­ling« genannt.

Böhmer war nach einer bundesweit erregt geführten Diskussion wegen der Wahl mit NPDStimmen knapp einen Monat später von der Hersfelder Stadtveror­dnetenvers­ammlung auch mit den Stimmen der CDU wieder abgewählt worden.

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