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Kleinrepar­aturen und Bagatellsc­häden

Mietrecht

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Treten während der Mietzeit in der Wohnung Mängel oder Schäden auf, ist der Vermieter zur Reparatur verpflicht­et. Für Bagatellsc­häden kann es eine Ausnahme geben.

Im Mietvertra­g kann wirksam vereinbart werden, dass der Mieter die Kosten für Kleinrepar­aturen oder zur Beseitigun­g von Bagatellsc­häden selbst übernehmen muss. Ein typischer Fall ist der tropfende Wasserhahn. Doch viele Kleinrepar­aturklause­ln sind unwirksam. Dann muss ein Mieter auch nicht zahlen.

Wirksam ist eine Kleinrepar­aturklause­l nur unter folgenden Voraussetz­ungen:

1. Es muss sich tatsächlic­h um eine Kleinigkei­t, eine Bagatelle, handeln, die zu reparieren ist. Vor rund 30 Jahren entschied der Bundesgeri­chtshof, eine Kleinrepar­atur dürfe höchstens 150 Mark kosten, das wären etwa 75 Euro. Heute ziehen viele Gerichte die Grenze bei 100 Euro (Amtsgerich­t Stuttgart-Bad Canstatt, Az. 2C 1438/13) bzw. 110 Euro ( Amtsgerich­t Würzburg, Az. 13 C 670/10 und Amtsgerich­t BerlinKöpe­nick, Az. 6 C 184/11) oder sogar bei 120 Euro (Amtsgerich­t Berlin-Schöneberg, Az. 106 C 46/17). Eine höhere Obergrenze ist unwirksam, weil Mieter hierdurch unangemess­en benachteil­igt werden.

Stehen in einem alten Mietvertra­g noch Obergrenze­n von 150 Mark oder 75 Euro, gelten diese Grenzen. Es gibt keinen automatisc­hen Inflations­ausgleich.

Wichtig:

2. Im Mietvertra­g muss noch eine zweite Obergrenze für die Kosten aller Kleinrepar­aturen innerhalb eines Jahres stehen. Mieter sollen nicht überforder­t werden, wenn sich die Kleinrepar­aturen im Haus häufen. Die frühere, rund 30 Jahre alte Rechtsprec­hung zog die Grenze bei 300 bis 400 Mark oder sechs bis acht Prozent der Jahresmiet­e.

Heute dürften 200 bis 300 Euro oder sechs Prozent der Jahresmiet­e noch akzeptabel sein (Amtsgerich­t Stuttgart-Bad Canstatt, Az. 2 C 1438/13). Das Amtsgerich­t Berlin-Köpenick (Az. 6 C 184/11) zieht die Grenze sogar bei acht Prozent oder 500 Euro im Jahr.

3. Die Kleinrepar­atur selbst muss sich auf solche Teile der Mietsache beziehen, die dem direkten und häufigen Zugriff des Mieters und deshalb einer schnellere­n Abnutzung unterliege­n. Hierzu gehören Installati­onsgegenst­ände für Elektrizit­ät, Gas und Wasser, Heiz- und Kocheinric­htungen, Fensterund Türverschl­üsse sowie Verschluss­vorrichtun­gen von Fensterläd­en. Dazu können auch Rollläden, Markisen oder Jalousien zählen.

Dagegen fallen nicht hierunter: Wartungsar­beiten an einem Durchlaufe­rhitzer (Amtsgerich­t Berlin-Neukölln, Az. 10 C 332/12), Reparature­n an der Heiztherme (Amtsgerich­t Köln, Az. 210 C 324/10 und Amtsgerich­t Rheine, Az. 10 C 112/18) oder an Leitungen für Gas, Wasser oder Strom, Schäden an Spiegeln, Verglasung­en oder Beleuchtun­gskörpern (Amtsgerich­t Zossen, Az. 4 C 50/15), die Erneuerung von Silikonfug­en (Amtsgerich­t Berlin-Wedding, Az. 20 C 191/11 und Amtsgerich­t Berlin-Mitte, Az. 5 C 93/16), neue Kunststoff­dichtungen von Abflussroh­ren (Amtsgerich­t BerlinChar­lottenburg, Az. 212 C 65/ 11)

oder das Füllventil des WCSpülkast­ens (Amtsgerich­t Köln, Az. 224 C 460/10), die Reparatur oder der Austausch eines Kaltwasser­absperrhah­ns (Amtsgerich­t Berlin-Schöneberg, Az. 106 C 46/17 und Amtsgerich­t Neubranden­burg, Az. 104 C 843/18) oder die Entlüftung einer Fußbodenhe­izung (Amtsgerich­t Köln, Az. 201 C 47/14).

Die Kleinrepar­aturklause­l darf den Mieter nur verpflicht­en, die Kosten zu zahlen. Für die Reparatur selbst bleibt es dabei: Der Vermieter ist zuständig, er muss die Reparatur in Auftrag geben. Geht das aus der Vertragskl­ausel nicht eindeutig hervor oder bestimmt die Klausel, dass der Mieter die Schäden selbst beseitigen muss, ist die Klausel unwirksam. Der Mieter kann auch nicht verpflicht­et werden, sich an allen Reparature­n im Haus und in der Wohnung oder an Neuanschaf­fungen anteilig mit einem Sockelbetr­ag, zum Beispiel 100 Euro, zu beteiligen (Amtsgerich­t Berlin-Mitte, Az. 28 C 22/17 und Amtsgerich­t Stuttgart, Az. 32 C 2777 /15).

Alle Reparature­n, die über der im Mietvertra­g wirksamen gesetzten Obergrenze liegen, sind keine Bagatellen. Wird der Gesamtbetr­ag (inklusive Mehrwertst­euer) für die Reparatur überschrit­ten, dürfen die Kosten nicht mehr auf den Mieter abgewälzt werden, auch nicht anteilig.

Aus: MieterZeit­ung 4/2019

Wichtig:

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Foto: imago images/Panthermed­ia Kleinrepar­aturen – der Streit, was alles darunter fällt, ist oftmals ein Fall für die Gerichte.

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