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Entschädig­ung nicht halbieren

Fluggastre­chte

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Darf eine Fluggesell­schaft die Ausgleichs­zahlung für die Passagiere halbieren, weil der Flug »nur« dreieinhal­b Stunden später erfolgte?

Im Sommer 2018 landete ein Flug aus Florida mit dreieinhal­b Stunden Verspätung am Zielort Düsseldorf. Vier Passagiere forderten von der Airline eine Ausgleichs­zahlung gemäß der EUFluggast­rechtevero­rdnung in Höhe von 600 Euro, weil es sich um einen Langstreck­enflug (rund 7500 km) handelte.

Die Fluggesell­schaft war allerdings der Ansicht, dass sie die Entschädig­ung um 50 Prozent reduzieren dürfe. Das Unternehme­n pochte ebenfalls auf die EU-Fluggastre­chteverord­nung (Artikel 7 Abs. 2 c): Biete eine Airline bei Annullieru­ng des Flugs – oder wenn ein Passagier aus anderen Gründen nicht befördert werde – dem betroffene­n Passagier einen »Alternativ­flug« an, der »nicht später als vier Stunden nach der planmäßige­n Ankunftsze­it des ursprüngli­ch gebuchten Fluges« ankomme, könne die Airline die Ausgleichs­zahlung um die Hälfte kürzen.

Doch die Passagiere gaben sich mit der halbierten Ausgleichs­zahlung in Höhe von 300 Euro nicht zufrieden und bestanden auf den vollen Betrag. Zu Recht, wie das Amtsgerich­t Düsseldorf (Az. 51 C 505/18) entschied. Die Vorschrift, auf die sich das Fluguntern­ehmen berufe, setze eine Nichtbeför­derung oder die Annullieru­ng eines Fluges voraus. Im konkreten Fall gehe es jedoch um einen verspätete­n Flug. Würde man die Vorschrift auch auf verspätete Flüge anwenden, würde sie im Wesentlich­en nur für Langstreck­enflüge gelten, gar nicht für Kurzstreck­en und nur eingeschrä­nkt für Mittelstre­ckenflüge. So eine Differenzi­erung wäre nicht sachgerech­t.

Außerdem müsste man dann auch konsequent sein, so das Amtsgerich­t: Wenn man bei einer Flugverspä­tung unter vier Stunden den Anspruch der Fluggäste auf Entschädig­ung kürzte, müsste man den Reisenden umgekehrt auch eine höhere Zahlung zugestehen, wenn eine Verspätung drei Stunden weit überschrei­te.

Startbahn gesperrt – keine Entschädig­ung Eine Reisende hatte einen Rückflug von Barcelona nach Stuttgart gebucht. Doch die Startbahn war von einer anderen Maschine blockiert: Sie war beim Starten in ein Loch im Asphalt eingesunke­n und musste erst geborgen werden. Daraufhin wurde die Startbahn gesperrt und es kam zu erhebliche­n Flugverspä­tungen. Sind dafür Ausgleichs­zahlungen rechtens?

Der Abflug nach Stuttgart erfolgte erst mit einer Verspätung von über drei Stunden. Dafür verlangte die Reisende gemäß EU-Fluggastre­chteverord­nung von der Fluggesell­schaft 250 Euro Ausgleich. Doch das Landgerich­t Stuttgart (Az. 5 S 128/18) war der Ansicht, die Airline könne sich in diesem Fall auf außergewöh­nliche und von ihr nicht beherrschb­are Umstände berufen, was einen Anspruch der Passagiere auf Ausgleichs­zahlung ausschließ­e.

Die Fluggesell­schaft sei für die Verspätung nicht verantwort­lich. Das in einem Senkloch auf der Startbahn eingesunke­ne Flugzeug habe entfernt und die Startbahn repariert werden müssen. Die Sperre sei unvermeidl­ich gewesen. Wenn aufgrund einer Entscheidu­ng des Flugverkeh­rsmanageme­nts des Flughafens der gesamte Flugverkeh­r schwer beeinträch­tigt sei, stelle dies einen außergewöh­nlichen Umstand dar. In so einer Ausnahmesi­tuation könne eine Airline eine Verspätung nicht verhindern.

Diese Art Störung hebe sich deutlich ab vom üblichen Ablauf des Luftverkeh­rs und den dafür typischen Störungen, mit denen man bei einem Flug immer rechnen müsse, so das Gericht. OnlineUrte­ile.de

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Foto: dpa/Michael Hanschke Dauerthema vor Gericht: Flugverspä­tungen und die Folgen für Passagiere

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