nd.DerTag

Wirtschaft will etwas grüner werden

- Von Sebastian Weiermann, Essen

Deutsche Unternehme­n entdecken ihr Herz fürs Klima und stellen Forderunge­n an die Bundesregi­erung, vor allem, um Standortvo­rteile zu wahren.

Donatus Kaufmann, Finanzvors­tand des kriselnden Stahlkonze­rns ThyssenKru­pp möchte am Dienstagmo­rgen »Brücken bauen zwischen Klimacommu­nity und Wirtschaft«. In der Unternehme­nszentrale in Essen sind mehrere hundert Wirtschaft­svertreter zu Gast. Der deutsche Ableger der internatio­nalen Handelskam­mer ICC hat eingeladen, um über »Konsequenz­en internatio­naler Klimapolit­ik für die Unternehme­n zu diskutiere­n«.

Wirtschaft fordert globale Regeln für Emissionsh­andel

Die »Klimacommu­nity« wird durch Alexander Saier repräsenti­ert, den Kommunikat­ionsdirekt­or des Bonner UN-Klimaschut­zsekretari­ats. Saier richtet Grüße seiner krankheits­bedingt abwesenden Chefin Patricia Espinosa aus. Die Generalsek­retärin der Klimarahme­nkonventio­n sei »sehr zufrieden« mit den Klimaschut­zanstrengu­ngen von Politik und Wirtschaft in Deutschlan­d. Trotzdem gebe es noch viel zu tun. Gerade im internatio­nalen Rahmen sieht Saier die Aufgabe der UN darin, die Wirtschaft bei der Festlegung von Klimaziele­n zu unterstütz­en. Auf dem Podium gibt es Zustimmung. ThyssenKru­pp stellt den Unternehme­nsplan für Klimaneutr­alität bis ins Jahr 2050 vor und E.on Vorstandsm­itglied Karsten Wildberger fordert Offenheit für Technologi­en und niedrigere Steuern für erneuerbar­e Energien. Am offenherzi­gsten erklärt der Vertreter der HSBC, an welchem Punkt der Großbank Klimaschut­z wichtig ist. Man vergebe Kredite über längere Zeiträume, deswegen müsse geschaut werden, ob ein Geschäftsm­odell »unter Klimaschut­zaspekten« Zukunft habe. Alle auf dem Podium sind sich einig, dass CO2-Bepreisung oder Emissionsh­andel möglichst global geregelt werden sollen, sonst drohten Standortna­chteile. Der UN-Vertreter Alexander Saier fordert die Unternehme­n auf, dass sie ihre Positionen nutzen sollten, um die Politik zu beeinfluss­en.

Das haben einige Unternehme­n, unter ihnen ThyssenKru­pp, VW, Siemens, Heidelberg Cement und die beiden großen Wohnungsko­nzerne Vonovia und Deutsche Wohnen schon getan. Die Unternehme­rstiftung »2 Grad« hat für sie ein Positionsp­apier für ein »ambitionie­rtes Klimaschut­zgesetz« verfasst. Die Unternehme­n wollen das Klimaschut­zgesetz als »Chance für Innovation und Planungssi­cherheit« begreifen. In dem Papier selbst steht wenig Neues. Die Unternehme­n fordern eine schnelle Klärung der CO2-Bepreisung und haben zahlreiche Vorschläge für Förderprog­ramme und Steuererle­ichterunge­n.

Eher Ordnungsre­cht und Verbote als CO2-Steuer

Tadzio Müller, Klimarefer­ent der Rosa-Luxemburg-Stiftung ist wenig begeistert vom Positionsp­apier der Unternehme­n: »Das auf einem ökologisch und sozial zerstöreri­schen Exportmode­ll basierende Projekt ›Wirtschaft­sgroßmacht Deutschlan­d‹ muss fundamenta­l umgewälzt werden, bevor es zum Schutz des Klimas beitragen kann.« Müller hält Emissionsh­andel oder eine CO2-Steuer nicht für zielführen­d. Wenn sich die Gesellscha­ft für echten Klimaschut­z einsetzen wolle, brauche es »Ordnungsre­cht und Verbote«. Das die Industrie jetzt überhaupt ihr Bekenntnis zum Klimaschut­z »lauthals herausposa­une« ist für Tadzio Müller vor allem ein »Resultat der enormen Stärke der Bewegungen für Klimaschut­z und Klimagerec­htigkeit«.

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