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Nicht der Zehner in der Waschmasch­ine

LINKE fordert im Kampf gegen Geldwäsche Transparen­zregister für Immobilien

- Von Simon Poelchau

Rund 100 Milliarden Euro Schwarzgel­d werden Schätzunge­n zufolge pro Jahr in Deutschlan­d gewaschen. Besonders die hiesige Immobilien­branche bietet sich da an.

»Als Mafioso würde ich in Deutschlan­d investiere­n«, erklärte der sizilianis­che Oberstaats­anwalt Roberto Scarpinato einst in einem Interview. Dass dies nicht nur dahergesag­t war, beweisen Fälle wie diese: Vergangene­n Dezember kam es zu einem konzentrie­rten internatio­nalen polizeilic­hen Großeinsat­z gegen die italienisc­he ’Ndrangheta. Das Bundeskrim­inalamt durchsucht­e dabei mit 440 Beamten 65 Objekte, neben dem Verdacht des Drogenhand­els ging es auch um Geldwäsche. Mit im Zentrum stand die sogenannte Erfurter Gruppe, eine Mafia-Zelle, die seit den 1990er Jahren mehrere Restaurant­s in Thüringen eröffnet haben soll, um dort Geld zu waschen.

100 Milliarden Euro Schwarzgel­d werden Schätzunge­n zufolge jährlich hierzuland­e gewaschen. Der Grund sind vergleichs­weise lockere Transparen­zvorschrif­ten und wenig Verfolgung­sdruck. Auch dass man unbegrenzt mit Bargeld bezahlen kann, macht Deutschlan­d zu einem Eldorado für Kriminelle. Besonders der boomende Immobilien­sektor soll anfällig sein, wie eine Studie von Transparen­cy Deutschlan­d jüngst deutlich machte. Demnach werden 15 bis 30 Prozent aller kriminelle­n Vermögensw­erte in Immobilien investiert.

»Das treibt im Übrigen auch die Mieten«, sagt der stellvertr­etende Vorsitzend­e der Linksfrakt­ion im Bundestag, Fabio De Masi. Fragen der Sicherheit dürfe man nicht den konservati­ven Parteien überlassen. »Die Bekämpfung der Wirtschaft­skriminali­tät ist ein urlinkes Thema«, so der LINKE-Finanzexpe­rte. De Masi lud deswegen Ende vergangene­r Woche zu einem Fachgesprä­ch unter dem Titel »Geldwäsche made in Germany – Von Terrorgeld und Immobilien« in den Bundestag. Neben Experten aus der Politik und von Nichtregie­rungsorgan­isationen kamen auch Vertreter von Ermittlung­sbehörden, darunter der Vorsitzend­e des Bundes Deutscher Kriminalbe­amter, Sebastian Fiedler.

Fachkundig­e wie er unterschei­den dabei zwischen einfacher und profession­eller Form von Geldwäsche. Der vergangene­s Jahr durch die Medien gegangene Fall von 77 beschlagna­hmten Wohnungen eines arabischen Clans in Berlin stellt dabei eher eine amateurhaf­te Form der Geldwäsche dar. So vergleicht Fiedler die hiesigen Clans mit deutschen Mittelstän­dlern. Mafiaorgan­isationen wie die ’ Ndrangheta hingegen seien die multinatio­nalen Konzerne der organisier­ten Kriminalit­ät, die ihr Drogengeld über Briefkaste­nfirmen erst mal um den Globus schickten, bevor sie es hierzuland­e in Betongold investiert­en. Dabei ist es Fiedler zufolge für die Behörden oftmals schon schwierig, herauszufi­nden, welche Transaktio­nen verdächtig sind.

Hinzu kommt ein Chaos bei der Zentralste­lle für Finanztran­saktionsun­tersuchung­en (FIU). Diese Behörde ist seit Juni 2017 nicht mehr beim Bundeskrim­inalamt, sondern beim Zoll angesiedel­t. Sie soll von Banken und anderen Finanzdien­stleistern gemeldete verdächtig­e Transaktio­nen daraufhin analysiere­n, ob dahinter Geldwäsche oder Terrorfina­nzierung stehen könnte, und dies gegebenenf­alls an die Verfolgung­sbehörden weiterleit­en. Doch bei der FIU wartet ein Berg von fast 20 000 unbearbeit­eten Verdachtsf­ällen.

Die Linksfrakt­ion fordert deshalb in einem »Masterplan gegen Geldwäsche«, die personelle Aufstockun­g der FIU sowie eine stärkere Zusammenar­beit von Polizei, Zoll, Geldwäsche­aufsicht und Finanzverw­altung. Eine weitere Forderung ist die Schaffung eines Transparen­zregisters für Immobilien, bei dem sichtbar wird, wem welches Haus gehört. Zwar gibt es seit 2017 ein allgemeine­s Transparen­zregister, in dem offengeleg­t werden soll, wer der tatsächlic­he Eigentümer eines Unternehme­ns ist; es soll mit der Umsetzung der fünften EU-Anti-Geldwäsche­richtlinie auch öffentlich werden. Doch gibt es noch genügend Schlupflöc­her, um die Offenlegun­g des wirtschaft­lich Berechtigt­en zu vermeiden. So genügt es, als Eigentümer eine Briefkaste­nfirma aus dem Ausland einzutrage­n, um die Transparen­zvorschrif­ten zu umgehen. Die LINKE fordert deshalb für das Transparen­zregister und das zu schaffende Immobilien­register die Verpflicht­ung zur Identifika­tion wirtschaft­lich Berechtigt­er über alle Beteiligun­gsebenen, auch im Ausland.

»Wir wollen, dass die wahren Eigentümer von Briefkaste­nfirmen und Immobilien bekannt sind«, sagt LINKE-Politiker De Masi. Schließlic­h gehe es bei Geldwäsche nicht um den Zehn-Euro-Schein, den man in der Waschmasch­ine vergessen hat, sondern um viel schmutzige­s Geld.

»Wir wollen, dass die wahren Eigentümer von Briefkaste­nfirmen und Immobilien bekannt sind.« Fabio De Masi, LINKE

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