Behördenreform braucht ihre Zeit
Kampagnenbündnis »Eine Stadt. Eine starke Verwaltung« zieht Bilanz nach vier Monaten Zukunftspakt Verwaltung
Verbände kritisieren die mangelnde Umsetzung der Maßnahmen zur Effizienzsteigerung der Berliner Verwaltung. Die zuständige Senatskanzlei sieht das jedoch ganz anders.
Lange Wartezeiten für Termine, Personalmangel, ineffiziente Strukturen – die Berliner Verwaltung hat nicht gerade den besten Ruf. Um das zu ändern, rief der Senat im Mai den »Zukunftspakt Verwaltung« ins Leben. Vier Monate nachdem dieser vom Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD), den Mitgliedern des Senats und den Bürgermeister*innen der Bezirke unterzeichnet wurde, zog das Bündnis »Eine Stadt. Eine starke Verwaltung« bei einer Pressekonferenz am Mittwoch Bilanz.
Die Initiative wurde Anfang des Jahres gegründet, »um den Druck auf die Politik zu erhöhen, die überfällige Verwaltungsmodernisierung umzusetzen«. Maßgeblich getragen wird das Bündnis von der Industrie- und Handelskammer (IHK) sowie von insgesamt 39 Partnerorganisationen.
Die Projekte, die der Zukunftspakt Verwaltung in den Blick nimmt, betreffen sämtliche Bereiche der Verwaltung, darunter Digitalisierung und Strukturen der Verwaltung, Personalentwicklung und Personalgewinnung sowie Führungskultur und Führungskompetenzen. Vier Monate nach Startschuss bemängelt die Präsidentin der IHK Berlin, Beatrice Kramm, nun die langsame Durchführung der Vereinbarungen: »Die Umsetzung muss bis zum Ende der Legislatur deutlich an Fahrt gewinnen.« Die Verwaltungsmodernisierung habe oberste Priorität und gehöre »ganz oben auf die politische ToDo-Liste von Senat und Bezirken«, sagt Kramm. Auch die Hauptgeschäftsführerin der Fachgemeinschaft Bau, Manja Schreiner, wünscht sich »leistungsfähige Behörden mit schlanken Strukturen, eindeutigen Zuständigkeiten und effektiven Verwaltungsprozessen«, um so vereinfachte Verfahren für die Baubranche zu schaffen. Der stellvertretende Landesvorsitzende des Beamtenbundes, Thomas Goiny, bemängelt, dass die Politik im Angesicht des demographischen Wandels hilflos sei. Er fordert: »Die Beschäftigung im öffentlichen Dienst muss an Attraktivität gewinnen.« Goiny verweist auf die höheren Gehälter in anderen Bundesländern. Unter Bezug auf das AmpelSystem bewerteten die Vertreter*innen des Bündnisses die Umsetzung der 27 geplanten Projekte des Zukunftspakts. Ihr düsteres Fazit: dunkelgelb bis rot.
Ganz anders sieht das die zuständige Senatsverwaltung: »Für mich stehen die Ampeln überwiegend auf grün«, stellt der Staatssekretär für Verwaltungs- und Infrastrukturmodernisierung, Frank Nägele (SPD), klar. Nägele zeigt sich empört über die Pressekonferenz des Kampagnenbündnisses. »Sie bewerten eine Kampagne nach vier Monaten, für die andere Jahre brauchen«, sagt Nägele zu »nd«. Bei der Umsetzung der einzelnen Projekte seien die Fahrpläne überwiegend eingehalten worden. Als Positivbeispiel nennt er die Eröffnung des City Labs im Juni, mehrere geplante Pilotprojekte des Senats sowie Fortschritte bei der Diskussion über eine einheitliche Geschäftsbereichstruktur des Rats der Bürgermeister. Als Reaktion auf die in seinen Augen vorzeitige Bilanz plant Nägele Mitte November eine Evaluation der Fortschritte. Dann wird der Zukunftspakt ein halbes Jahr in Kraft sein.