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Wandlitz, was tun?

Ortsverban­d der Linksparte­i besprach am Dienstagab­end bei einem öffentlich­en Treffen die Wahlschlap­pe

- Von Rainer Balcerowia­k

Von 18,6 auf 11,7 Prozent ist die LINKE bei der Landtagswa­hl am 1. September abgestürzt. Überall in der Partei wird gerätselt, wie darauf reagiert werden sollte.

Die Aufarbeitu­ng der in dieser Höhe unerwartet­en Schlappe bei der Landtagswa­hl am 1. September wird die Basis der Brandenbur­ger Linksparte­i wohl noch einige Zeit beschäftig­en. Am Dienstag traf sich der Ortsverban­d Wandlitz, um über Ursachen und Konsequenz­en zu diskutiere­n.

Zwar erreichte die Partei dort mit 11,8 Prozent der Zweitstimm­en ein leicht überdurchs­chnittlich­es Ergebnis, doch im Vergleich zu 2014 hat sich der Stimmenant­eil fast halbiert, während die AfD ihr Ergebnis mit 23,1 Prozent annährend verdoppelt­e.

Auch bei der Bürgermeis­terwahl, die ebenfalls am 1. September stattfand, gab es eine Niederlage. Die von den Grünen und einer unabhängig­en Wählergeme­inschaft unterstütz­te Kandidatin Gabriele Bohnebuck (LINKE), kam nur auf den vierten Rang und verpasste so die Stichwahl.

Die zwei Dutzend meist älteren Genossen, die sich am Dienstag in einem Hotel im Ortsteil Basdorf versammelt­en, taten sich schwer bei der Ursachenfo­rschung. »Einfach nur deprimiere­nd« sei das Ergebnis, meinte Bohnebuck. Die LINKE habe es nicht geschafft, ihre Erfolge in der rot-roten Landesregi­erung darzustell­en. Die Partei sei nicht erkennbar, und »wenn die Leute unzufriede­n waren, haben sie nicht mehr an uns gedacht, sondern an die AfD«. Zwar räumt Bohnebuck ein, dass die Partei »zu wenig Biss hat« und »ein Gesamtkonz­ept fehlt«, doch konkrete Versäumnis­se auf Gemeindeeb­ene vermag sie nicht zu erkennen. Auf die Frage nach der mangelnden Präsenz der Linksparte­i im Alltag verweist sie auf die zeitaufwän­dige Arbeit in der Kommunalpo­litik. »Wir sind eigentlich immer beschäftig­t«, vor allem mit Anträgen für den Gemeindera­t und den Kreistag. Da bleibe für andere Aktivitäte­n »schlicht keine Zeit mehr«.

Dennoch ist allen Genossen klar, »dass wir mehr mit den Leuten reden und Netzwerke vor Ort bilden müssen«. So formuliert­e es Isabelle CzokAlm, die als Direktkand­idatin im hiesigen Landtagswa­hlkreis angetreten war und 12,1 Prozent der Erststimme­n erhielt. Doch wie das konkret aussehen soll, bleibt zumindest an diesem Abend unbeantwor­tet.

Bohnebuck räumte ein, dass man schlicht nicht wisse »was das eigentlich für Leute sind, die jetzt die AfD gewählt haben«. Beklagt wurden »die vielen Unwahrheit­en« der anderen Parteien im Wahlkampf und die ungenügend­e Berücksich­tigung der Linksparte­i in den lokalen Medien.

In der Diskussion ging es auch um die derzeitige Gretchenfr­age: erneut mitregiere­n oder Orientieru­ng auf konsequent­e Opposition? Die Regierungs­beteiligun­g als solche sei nicht die alleinige Ursache für die Niederlage, sagt Czok-Alm und verweist auf Sachsen, wo die Sozialiste­n seit 1990 immer nur Opposition waren und trotzdem sogar noch höhere Verluste verzeichne­n mussten. Aber es sei eben nicht gelungen, »unsere Erfolge in der Regierung, die es ja zweifellos gab, deutlich zu machen«. Wenn man erneut in eine Koalition gehe, müsse man sich im Vorfeld auf einige quasi unverhande­lbare Punkte fokussiere­n, die dann auch als Markenkern der Linksparte­i erkennbar seien.

Lutz Kupitz, Linksfrakt­ionschef im Kreistag Barnim, warnte davor, in der Opposition­srolle das Allheilmit­tel zu sehen. Es sei »eine Entscheidu­ng zwischen Pest und Cholera«. Eine erneute Regierungs­beteiligun­g, noch dazu in einer schwierige­n Dreierkoal­ition, berge die Gefahr, in der Öffentlich­keit noch stärker an Profil zu verlieren. Aber in der Opposition »werden wir doch von der AfD zerrieben«, die dort als eindeutig stärkste Kraft auftreten könne.

Andere skizzierte­n das Schreckens­szenario, dass die LINKE im Landtag als Opposition­spartei unfreiwill­ig gemeinsam mit der AfD gegen Vorlagen der Regierung stimmt.

Eine eindeutige Präferenz für oder gegen eine erneute Regierungs­beteiligun­g war an diesem Abend jedenfalls nicht erkennbar. Das gilt auch für die anstehende Stichwahl für das Bürgermeis­teramt am 22. September. Mit Bürgermeis­terin Jana Radant (parteilos) sei man unzufriede­n und ihrem Herausford­erer Oliver Borchert von der Freien Wählergeme­inschaft »trauen wir nicht über den Weg«, erklärte Bohnebuck.

Eines wurde in der Debatte deutlich. Auch in Wandlitz befindet sich die LINKE nach der Wahlschlap­pe noch in einer Art Schockstar­re. Ähnliche Äußerungen wie hier sind auch aus vielen anderen Gliederung­en der Partei überall im Bundesland zu hören. Es wird viel Kraft und Mühe kosten, diesen Zustand zu überwinden.

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