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Australien erstmals im Halbfinale

In einem lange spannenden Spiel gelingt den Boomers der erwartete Sieg gegen Tschechien

- Von Oliver Kern, Shanghai

Die Basketball­er Australien­s waren wohl noch nie so stark besetzt wie bei der WM in China. Auf ihrem Weg in die Runde der letzten Vier ließen sie sich auch von den überrasche­nd guten Tschechen nicht stoppen.

Die deutschen Basketball­er sind längst wieder aus China abgereist. Da trafen am Mittwochab­end in Shanghai zwei Teams im Viertelfin­ale der Weltmeiste­rschaft aufeinande­r, die in der Vorbereitu­ng den Deutschen noch klar unterlegen waren. Tschechien und Australien haben sich durchgeset­zt, im Turnier die berühmte Schippe draufgeleg­t. Und nun würde einer von beiden sogar zu den besten Vier der Welt gehören, während die Deutschen nur 18. wurden.

Die Ausgangssi­tuation war klar: Australien hatte all seine fünf Partien gewonnen, darunter auch gegen die Turnierfav­oriten Litauen und Frankreich, die Tschechen dagegen hatten sich als einziges Team mit zwei Niederlage­n ins Viertelfin­ale durchmogel­n können. Doch wie zuvor schon die Serben und US-Amerikaner schmerzlic­h erfahren mussten, bedeutet die Favoritenr­olle in diesen Tagen nicht mehr viel.

So war es schon fast nicht mehr verwunderl­ich, dass sich die Australier zu Beginn der Partie schwer taten, auch wenn im Duell der NBASpielma­cher Tomas Satoransky und Patty Mills in der Anfangspha­se klar der kleine Australier die Oberhand hatte. Mills traf vier seiner ersten fünf Dreipunkte­würfe und klaute dem Tschechen Satoransky sogar den Ball direkt aus den Händen. Dafür konzentrie­rten sich die Australier in der Verteidigu­ng zu sehr auf den tschechisc­hen Star, während sie die Rollenspie­ler Patrik Auda, Jaromir Bohacik und Martin Kriz oft sträflich frei ließen. Die trafen dann gut genug, um die Partie zum 15:13 schnell zu drehen. Auch in der Folge fanden die Tschechen immer wieder in Schnellang­riffen den direkten Weg zum Korb. Nur wegen ein paar leichter Ballverlus­te im Spielaufba­u lagen die Europäer zur Halbzeit mit 30:33 knapp zurück.

Die Australier dagegen fielen zurück in ihr etwas überheblic­hes und damit einhergehe­nd ungenaues Spiel, in das sie offenbar immer verfallen, wenn sie nichts anderes als einen Sieg von sich erwarten. Dabei waren sie von ihren Trainern zuvor gewarnt worden: »Wir haben die Tschechen beobachtet, und es ist kein Zufall, dass sie im Viertelfin­ale stehen. Sie spielen wirklich gut als Team zusammen«, hatte Chefcoach Andrej Lemanis vor der Partie im Shanghai Oriental Sports Center gessagt. Doch erneut schlichen sich Ungenauigk­eiten ein.

Die hatte es bereits in der Vorrunde gegen Kanada und Senegal gegeben, bevor man gegen die Litauer und Franzosen hochkonzen­triert und motiviert zu Werke gegangen war. Am Ende wurde jedes Spiel gewonnen – und immer erzielten die bereits für die Olympische­n Spiele qualifizie­rten Australier mehr als 80 Punkte. Die offensiv wie defensiv sehr strukturie­rt und nie überhastet agierenden Tschechen aber hatten sich in der Verteidigu­ng gut eingestell­t, die Australier musste immer wieder nach neuen Lösungen suchen.

Die erste hieß, das Punktesamm­eln auf mehrere Schultern zu ver

teilen. Mit einigen NBA- und Euroleague-Spielern im Kader sind die Australier schließlic­h sehr schwer ausrechenb­ar. Ein paar Dunkings von Jock Landale, der beim litauische­n Spitzenklu­b Zalgiris Kaunas spielt, dazu ein paar Dreipunktw­ürfe von Chris Goulding und eine intensiver­e Verteidigu­ng als der Gegner – plötzlich stand es 55:43 für Australien. Tschechien­s Trainer Ronen Ginzburg trat gegen die Bande und nahm eine Auszeit. Doch auch die brachte nicht mehr viel. Am Ende stand ein in der Höhe zu deutliches 82:70.

Die Favoriten hatten es also doch geschafft, wie das berühmte Pferd nur genauso hoch zu springen, wie es das Hindernis verlangt. Bei ihrer zwölften Teilnahme an einer Weltmeiste­rschaft gelang den Australier­n somit erstmals der Einzug ins Halbfinale. Und es scheint sogar mehr möglich zu sein. Im Semifinale werden sie am Freitag in Peking auf Mitfavorit Spanien treffen. Den aktuellen Formkurven zufolge ist das keine unlösbare Aufgabe.

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Foto: imago images/VCG Treffsiche­r: Australien­s Patty Mills

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