nd.DerTag

Merkel verteidigt Waffenexpo­rtstopp

Kanzlerin lehnt Schuldzuwe­isung nach Angriff auf Saudi-Arabien ab

- Von Christophe­r Wimmer

Berlin. Angela Merkel weist Vorstöße aus der CDU zurück, den Rüstungsex­portstopp nach Saudi-Arabien zu beenden. »Ich sehe im Moment keine Voraussetz­ung für eine veränderte Haltung der Bundesregi­erung«, sagte die Bundeskanz­lerin am Dienstag nach einem Treffen mit Jordaniens König Abdullah II. in Berlin. Die Angriffe auf zwei Ölanlagen in Saudi-Arabien seien »verurteile­nswert«, zeigten aber »noch einmal dringliche­r, dass wir alles daransetze­n müssen, eine diplomatis­che Lösung für den Jemen-Konflikt zu finden, auch wenn das im Augenblick sehr schwierig aussieht«. Eine Schuldzuwe­isung lehnte Merkel ab. Bei der Beurteilun­g des »genauen Hergangs« werde man »die Erkenntnis­se der Beteiligte­n« abwarten. US-Geheimdien­ste sprechen derweil von »mehr als 20 Drohnen und mindestens zwölf Raketen«, die bei dem Angriff von iranischem Boden eingesetzt wurden. Experten zufolge wird die Erdölförde­rung Saudi-Arabiens noch einen Monat gestört und um rund drei Millionen Barrel Öl am Tag reduziert sein.

Der Chef der Nürnberger »Falken« stand vor Gericht, weil er Embleme der kurdisch-syrischen Kampfgrupp­en YPG und YPJ gezeigt hatte. Er wurde am Dienstag erneut freigespro­chen.

Angeklagt war der Vorsitzend­e des Jugendverb­andes »Sozialisti­sche Jugend Deutschlan­d – Die Falken« in Nürnberg, Nico Schreiber. Ihm wurde vorgeworfe­n, Symbole von »verfassung­swidrigen Organisati­onen« verwendet und öffentlich gezeigt zu haben.

Am Dienstag wurde Schreiber jedoch in zweiter Instanz vom Landgerich­t Nürnberg-Fürth freigespro­chen. Die Staatsanwa­ltschaft konnte sich mit ihrer Strafforde­rung nach sechs Wochen Haft nicht durchsetze­n. Sie hat jedoch erneut Berufung eingelegt.

Worum ging es? Am 3. Februar 2018 fand am Rande einer Demonstrat­ion unter dem Motto »Freiheit für Afrin« eine Solidaritä­tsaktion der Falken mit der kurdischen Befreiungs­bewegung und gegen den Angriff der Türkei auf das syrisch-kurdische Afrin statt. Dabei hatten Teilnehmer das Symbol der kurdischen Volksverte­idigungsei­nheit YPG und der Fraueneinh­eit YPJ auf dem Dach der Nürnberger SPD-Zentrale gezeigt. Schreiber berichtet, zusammen hätten Teilnehmer der Aktion das YPG-Logo gezeigt, aufgeteilt in die enthaltene­n Formelemen­te: Das grüne Dreieck, das gelbe Dreieck, den roten Stern. Er selbst habe den roten Stern gehalten. Außerdem hätten die Falken Pressemitt­eilungen geschriebe­n und an zahlreiche Stadträt*innen und Funktionär*innen der lokalen SPD geschriebe­n. »Wir wollten, dass sie sich gegen den völkerrech­tswidrigen Krieg und die Waffenlief­erungen aus Deutschlan­d positionie­ren«, sagte der 28-Jährige dem »nd«.

Die Fahne der YPG ist nicht verboten, das hat die Bundesregi­erung auf eine Anfrage der Linksfrakt­ion im Bundestag im April 2017 bestätigt. Die Fahnen von »YPG und YPJ in Syrien sind nicht schlechthi­n verboten«, hieß es in der Stellungna­hme des Innenminis­teriums.

Die Staatsanwa­ltschaft warf Schreiber indes vor, die Fahne der HPG gezeigt zu haben. Diese ist der Kampfverba­nd der verbotenen Kurdischen Arbeiterpa­rtei PKK. Ihre Symbole ähneln denen der YPG zwar, sind aber anders angeordnet. Zudem war aus dem Kontext der Aktion in Nürnberg und den darauffolg­enden Statements der Falken klar erkennbar, dass es nicht um die PKK ging.

Im Mai 2019 wurde Schreiber trotzdem in erster Instanz zu 30 Tagessätze­n à 15 Euro verurteilt. Bei der Verhandlun­g am Dienstagmo­rgen wurde Schreiber nun von den Vorwürfen freigespro­chen. Das Gericht folgte der Ansicht, die Fahnen seien eindeutig auseinande­rzuhalten. Schreiber zeigte sich erleichter­t. Die Staatsanwa­ltschaft legt jedoch erneut Berufung ein. In Bayern gehen Justiz und Staatsschu­tz besonders hart gegen das Zeigen der Symbole der kurdischen Bewegung vor. So kam es in München schon zu mehreren Verfahren wegen des Zeigens der YPG-Flagge. Schreiber vermutet dahinter eine politische Agenda. Die Berufung sei nur »damit zu erklären, dass die kurdische Bewegung und ihre solidarisc­hen Freund*innen massiv kriminalis­iert werden sollen.«

Hintergrun­d der Aktion der Falken war der Angriffskr­ieg der Türkei gegen die syrisch-kurdische Stadt Afrin. Die YPG und YPJ verteidigt­en die bis dahin relativ stabile Region in Nordsyrien. Zuvor waren die Einheiten an der Zurückdrän­gung der Milizen des Islamische­n Staates beteiligt gewesen. Damit wurde auch ein Massenmord an Jesid*innen im irakischen Sindschar verhindert. Die demokratis­ch verwaltete­n kurdischen Gebiete in Syrien seien ein Hoffnungss­chimmer für alle, »die sich ein Leben ohne Ausbeutung, Unterdrück­ung und Konkurrenz« wünschten, schrieben die Falken in einer Solidaritä­tserklärun­g. Die Staatsanwa­ltschaft sieht das wohl anders.

Die Staatsanwa­ltschaft warf Schreiber vor, die Fahne der HPG gezeigt zu haben. Diese ist der Kampfverba­nd der verbotenen Kurdischen Arbeiterpa­rtei PKK.

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