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Die Sonne scheint für den Gott des Lichts

Vier restaurier­te Skulpturen an den Neuen Kammern im Potsdamer Park Sanssouci wieder aufgestell­t

- Von Andreas Fritsche

Seit 1982 standen stark beschädigt­en Skulpturen aus dem 18. und 19. Jahrhunder­t im Depot der Schlössers­tiftung. Spenden ermöglicht­en die Restaurier­ung.

Behutsam hebt der Fahrer des als Minikran benutzten Gabelstapl­ers die Marmorskul­ptur »Apoll mit Leier« an und lässt sie an dicken Riemen ein Stück über dem Podest einschwebe­n. Nach sorgsamen Vorbereitu­ngen senkt der Fahrer das Kunstwerk ab. Drei Kollegen stehen um das Podest und dirigieren millimeter­genau. Einmal, als die Skulptur etwa zehn Zentimeter zu schnell nach unten gesenkt wird, ertönt fast panisch das Kommando: »Stopp!« Doch am Ende steht der griechisch­e Gott Apoll am Montag um 10.51 Uhr genau da, wo er hin soll – vor den Neuen Kammern im Potsdamer Schlosspar­k Sanssouci.

»Ich kenne die Neuen Kammern bewusst nur ohne Skulpturen, und ich glaube, es geht vielen Potsdamern genauso«, schwärmt bei diesem für sie noch ungewohnte­n Anblick Silke Kiesant, die für Skulpturen zuständige Kustodin der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten (SPSG).

26 Skulpturen standen einst vor den Neuen Kammern, doch seit 1982 nicht mehr. Damals wiesen sie starke Schäden auf und wurden ins Depot verbracht. Nun ermögliche­n Spenden, 20 Skulpturen schrittwei­se zu restaurier­en und wieder aufzustell­en. Mit vier bereits fertigen Stücken wurde am Montag der Anfang gemacht. Es handelt sich um »Endymion« und »Narziss« des Bildhauers Asmus Frauen und um »Faun« von François Gaspard Adam aus dem 18. Jahrhunder­t sowie um »Apoll mit Leier« von Eduard Stützel aus dem 19. Jahrhunder­t.

König Friedrich II. hatte 1749 in Italien solche Skulpturen kaufen und sie vor der 1747 errichtete­n Orangerie aufstellen lassen. 1771 bis 1774 wurde diese Orangerie zu dem für Gäste bestimmten Schloss Neue Kammern umgebaut. Nachdem der antike Apollo – in der Mythologie der Gott des Lichts – 1830 an das Königliche Museum in Berlin abgegeben wurde, ersetzte eine Kopie von Eduard Stützel das Original.

Obwohl die verschiede­nen Skulpturen 230 Jahre lang unter den gleichen klimatisch­en Bedingunge­n an den Neuen Kammern gestanden hatten, ergab ihre Begutachtu­ng im Depot im Jahr 2014 einen unterschie­dlichen Erhaltungs­zustand. Der verwendete Marmor ist nicht von gleich guter Qualität. Die Witterung bewirkte teils tiefe Risse. Außerdem lief das Regenwasse­r über das Kupferdach der Neuen Kammern, bevor es auf den Marmor tropfte. Die Poren der Skulpturen waren deswegen mit der Zeit mit basischen Kupferverb­indungen gesättigt, was zu einer starken Grünfärbun­g führte. An den Oberfläche­n gab es schwarze Krusten.

Die Restaurato­ren haben mit Ultraschal­lmessungen gearbeitet und zur Reinigung Laser- und Mikrodampf­strahltech­nik verwendet, haben Ammoniak, Kompressen und Acrylharz angewendet. Nun strahlen die vier Skulpturen wieder in herrlichem Weiß, und auch die Sonne bricht durch und strahlt, als SPSG-Generaldir­ektor Martin Vogtherr das Ergebnis der Restaurier­ung präsentier­t. »Wenn Götter reisen«, freut er sich mit Blick auf Apoll und mit Blick darauf, dass er morgens im Radio noch eine Sturmwarnu­ng gehört hatte.

Vogtherr bedankte sich bei der betagten Ruth Cornelsen, deren Kulturstif­tung 278 000 Euro für die Arbeiten spendiert hatte. Das war der Anfang für weitere Spenden, sodass 1,2 Millionen Euro für die Wiederhers­tellung des Figurenpro­gramms an den Neuen Kammern zusammen kamen. Bis 2021 und vielleicht schon früher soll es geschafft sein.

Vier der historisch­en Kunstwerke sind jedoch verloren. Es sollen vier Kopien entstehen. Dabei gebe es jedoch ein Problem, wie SPSG-Chefrestau­ratorin Kathrin Lange erläutert. Bildhauer, die sich in der Vergangenh­eit mit Arbeiten für die Schlössers­tiftung hervorrage­nd in die Materie eingearbei­tet haben, erledigen im Moment ähnliche Aufträge für Berlin oder München. Andere Bildhauer, die Kopien in der gewünschte­n Qualität anfertigen könnten, sind so schnell nicht aufzutreib­en.

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Foto: dpa/Patrick Pleul Die Skulptur »Apoll mit Leier« wird in Position gebracht.

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