Die Sonne scheint für den Gott des Lichts
Vier restaurierte Skulpturen an den Neuen Kammern im Potsdamer Park Sanssouci wieder aufgestellt
Seit 1982 standen stark beschädigten Skulpturen aus dem 18. und 19. Jahrhundert im Depot der Schlösserstiftung. Spenden ermöglichten die Restaurierung.
Behutsam hebt der Fahrer des als Minikran benutzten Gabelstaplers die Marmorskulptur »Apoll mit Leier« an und lässt sie an dicken Riemen ein Stück über dem Podest einschweben. Nach sorgsamen Vorbereitungen senkt der Fahrer das Kunstwerk ab. Drei Kollegen stehen um das Podest und dirigieren millimetergenau. Einmal, als die Skulptur etwa zehn Zentimeter zu schnell nach unten gesenkt wird, ertönt fast panisch das Kommando: »Stopp!« Doch am Ende steht der griechische Gott Apoll am Montag um 10.51 Uhr genau da, wo er hin soll – vor den Neuen Kammern im Potsdamer Schlosspark Sanssouci.
»Ich kenne die Neuen Kammern bewusst nur ohne Skulpturen, und ich glaube, es geht vielen Potsdamern genauso«, schwärmt bei diesem für sie noch ungewohnten Anblick Silke Kiesant, die für Skulpturen zuständige Kustodin der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten (SPSG).
26 Skulpturen standen einst vor den Neuen Kammern, doch seit 1982 nicht mehr. Damals wiesen sie starke Schäden auf und wurden ins Depot verbracht. Nun ermöglichen Spenden, 20 Skulpturen schrittweise zu restaurieren und wieder aufzustellen. Mit vier bereits fertigen Stücken wurde am Montag der Anfang gemacht. Es handelt sich um »Endymion« und »Narziss« des Bildhauers Asmus Frauen und um »Faun« von François Gaspard Adam aus dem 18. Jahrhundert sowie um »Apoll mit Leier« von Eduard Stützel aus dem 19. Jahrhundert.
König Friedrich II. hatte 1749 in Italien solche Skulpturen kaufen und sie vor der 1747 errichteten Orangerie aufstellen lassen. 1771 bis 1774 wurde diese Orangerie zu dem für Gäste bestimmten Schloss Neue Kammern umgebaut. Nachdem der antike Apollo – in der Mythologie der Gott des Lichts – 1830 an das Königliche Museum in Berlin abgegeben wurde, ersetzte eine Kopie von Eduard Stützel das Original.
Obwohl die verschiedenen Skulpturen 230 Jahre lang unter den gleichen klimatischen Bedingungen an den Neuen Kammern gestanden hatten, ergab ihre Begutachtung im Depot im Jahr 2014 einen unterschiedlichen Erhaltungszustand. Der verwendete Marmor ist nicht von gleich guter Qualität. Die Witterung bewirkte teils tiefe Risse. Außerdem lief das Regenwasser über das Kupferdach der Neuen Kammern, bevor es auf den Marmor tropfte. Die Poren der Skulpturen waren deswegen mit der Zeit mit basischen Kupferverbindungen gesättigt, was zu einer starken Grünfärbung führte. An den Oberflächen gab es schwarze Krusten.
Die Restauratoren haben mit Ultraschallmessungen gearbeitet und zur Reinigung Laser- und Mikrodampfstrahltechnik verwendet, haben Ammoniak, Kompressen und Acrylharz angewendet. Nun strahlen die vier Skulpturen wieder in herrlichem Weiß, und auch die Sonne bricht durch und strahlt, als SPSG-Generaldirektor Martin Vogtherr das Ergebnis der Restaurierung präsentiert. »Wenn Götter reisen«, freut er sich mit Blick auf Apoll und mit Blick darauf, dass er morgens im Radio noch eine Sturmwarnung gehört hatte.
Vogtherr bedankte sich bei der betagten Ruth Cornelsen, deren Kulturstiftung 278 000 Euro für die Arbeiten spendiert hatte. Das war der Anfang für weitere Spenden, sodass 1,2 Millionen Euro für die Wiederherstellung des Figurenprogramms an den Neuen Kammern zusammen kamen. Bis 2021 und vielleicht schon früher soll es geschafft sein.
Vier der historischen Kunstwerke sind jedoch verloren. Es sollen vier Kopien entstehen. Dabei gebe es jedoch ein Problem, wie SPSG-Chefrestauratorin Kathrin Lange erläutert. Bildhauer, die sich in der Vergangenheit mit Arbeiten für die Schlösserstiftung hervorragend in die Materie eingearbeitet haben, erledigen im Moment ähnliche Aufträge für Berlin oder München. Andere Bildhauer, die Kopien in der gewünschten Qualität anfertigen könnten, sind so schnell nicht aufzutreiben.