Airbus spionierte bei der Bundeswehr
Geheime Dokumente zu künftigen Beschaffungsprojekten in Konzernhand / Staatsanwaltschaft ermittelt
Airbus hat sich offenbar vertrauliche Rüstungspapiere verschafft. Ermittelt wird wegen möglicher »Geheimnishehlerei« gegen »17 namentlich Bekannte und weitere Unbekannte«.
»Proaktiv« habe Airbus »über mögliche Unregelmäßigkeiten bei regulatorischen Angelegenheiten« informiert, teilte das Unternehmen mit und versprach, »die zuständigen Behörden in vollem Umfang bei der Aufklärung der Angelegenheit« zu unterstützen.
Nicht viel deutlicher wird das Verteidigungsministerium, das offenbar von der Spionageaktion betroffen ist. Von Airbus Defence and Space (ADS) habe man erfahren, dass die Firma »im Besitz von Planungsdokumenten zu zwei künftigen Beschaffungsvorhaben der Bundeswehr« sei. Die Rechtsabteilung des Ministeriums habe Untersuchungen eingeleitet, und die erfolgten in enger Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft in München.
Die Behörde wiederum bestätigte, man ermittle wegen möglichen Missbrauchs von Kundendokumenten gegen »17 namentlich Bekannte und weitere Unbekannte«. Dabei gehe es um den Verdacht des »Verrats von Betriebsund Geschäftsgeheimnissen« und möglicher »Geheimnishehlerei«.
Das alles klingt noch sehr verschwommen. Auch ist bislang »nur« von Dokumenten die Rede, die den geringsten Geheimhaltungsgrad »VS-NfD« tragen. Doch auch die könnten einen extrem geldwerten Vorteil für Airbus bedeuten. Laut Konzern geht es um durchaus zukunftsträchtige Beschaffungsprojekte »der Programme Line Communications, Intelligence and Security«. In der betroffenen Airbus-Sparte werden unter anderem projektübergreifende Vorhaben der verschlüsselten Kommunikation bearbeitet.
Der multinationale Airbus-Konzern beschäftigt rund 134 000 Mitarbeiter und rechnete 2018 einen Umsatz von 64 Milliarden Euro ab. Montagewerke befinden sich in Frankreich, Deutschland, Spanien, Großbritannien, China und den USA. Die Firma bietet nicht nur Verkehrsflugzeuge und Helikopter an, sondern ist nach eigenem Bekunden auch »europäischer Marktführer bei Tank-, Kampf-, Transport- und Missionsflugzeugen«.
Die Bundeswehr beschafft bei Airbus Gerät für die Luftwaffe und das Heer im Milliardenumfang. Der Konzern ist an der Ausrüstung und Wartung diverser Drohnen sowie am Bau der neuen Euro-Drohne beteiligt. Maßgeblich bestimmt Airbus die Entwicklung des künftigen europäischen Kampfflugzeugsystems, und ebnet damit Wege zur von Deutschland und Frankreich angestrebten europäischen Verteidigungsunion.
Offenbar pflegt das deutsche Verteidigungsressort eine allzu große Nähe zu profitorientierten Unternehmen. Daher kümmert sich derzeit ein Untersuchungsausschuss des Bundestages um die sogenannte Berateraffäre. Die Recherchen der Abgeordneten reichen zurück bis ins Jahr 2013. Doch noch im ersten Halbjahr 2019 hat das Wehrressort rund 155 Millionen Euro für externe Beratung und Unterstützung ausgegeben. Fast genauso viel wie alle anderen Bundesministerien zusammen.
Laut Pressemitteilung informierte Airbus »über mögliche Unregelmäßigkeiten bei regulatorischen Angelegenheiten«.