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Drei von vier Syrern brauchen Hartz IV

Stefan Otto über die Fortschrit­te bei der Integratio­n von Geflüchtet­en

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Berlin. Rund drei Viertel der in Deutschlan­d ansässigen Syrer im erwerbsfäh­igen Alter müssen ganz oder teilweise von Hartz IV leben. Wie aus Statistike­n der Bundesagen­tur für Arbeit (BA) hervorgeht, waren es zuletzt 74,9 Prozent der Syrer. Die Arbeitslos­enquote für syrische Staatsbürg­er sank jedoch im Vergleich zum Vorjahr auf 44,2 Prozent von vorher 49,6 Prozent. Wer einen Integratio­nskurs oder einen Berufsspra­chkurs besucht, wird nicht als Arbeitslos­er gezählt, sondern als »Unterbesch­äftigter«. In der ersten Zeit nach ihrer Ankunft in Deutschlan­d erhalten Schutzsuch­ende Geld vom Staat nach dem Asylbewerb­erleistung­sgesetz. Wie eine Tabelle zeigt, die von der BA für den AfD-Bundestags­abgeordnet­en René Springer erstellt wurde, waren im September 63,6 Prozent aller Hartz-IV-Empfänger deutsche Staatsbürg­er. Syrer stellten mit 10,5 Prozent die zweitgrößt­e Gruppe, gefolgt von Menschen aus der Türkei mit 4,2 Prozent. Mitgezählt werden hier auch Kinder und Rentner.

Drei von vier Syrern in Deutschlan­d leben von Hartz IV, lautet die nüchterne Meldung. Das klingt negativ und suggeriert, dass sie in hohem Maße das soziale System in Deutschlan­d belasten. Und das soll sie vermutlich auch. Denn die Anfrage an die Bundesagen­tur für Arbeit hat René Springer von der fremdenfei­ndlichen AfD gestellt. Hinzu muss gesagt werden, dass in diese Statistik auch jene mit eingerechn­et werden, die einen Integratio­ns- oder einen Berufsspra­chkurs machen. Oder die einen Minijob haben und zusätzlich noch auf Sozialleis­tungen angewiesen sind. Die reine Arbeitslos­enquote bei Syrern lag im Juni dieses Jahres bei 44,2 Prozent.

Es gibt andere Meldungen über Flüchtling­e im Berufslebe­n mit einem anderen Duktus. Das Nürnberger Institut für Arbeit etwa stellte kürzlich fest, dass mittlerwei­le rund 400 000 Menschen aus den acht wichtigste­n Herkunftsl­ändern arbeiten. Im August 2018 waren es noch 306 000 Menschen. Das zeugt von beachtlich­en Fortschrit­ten bei der Integratio­n von Geflüchtet­en. Natürlich braucht das Ankommen von Menschen aus einem anderen Kulturkrei­s Zeit. Aber auf längere Sicht könnten diese Neuankömml­inge einen wertvollen Beitrag gegen den Fachkräfte­mangel in vielen Branchen leisten. Vielleicht muss der Gesundheit­sminister dann auch nicht mehr ins ferne Mexiko reisen, um Pflegekräf­te zu rekrutiere­n. Die Chancen stehen jedenfalls gut.

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