nd.DerTag

Seehofer findet keine Unterstütz­ung für Verteilmec­hanismus

Deutschlan­d will für sechs Monate Flüchtling­e aus Italien und Malta aufnehmen, doch bis auf Frankreich ist bisher kein Land mit dabei

- Von Martin Trauth

Die EU kommt bei der Frage des Umgangs mit Bootsflüch­tlingen im Mittelmeer kaum voran. Bundesinne­nminister Horst Seehofer stößt bei seinen EU-Kollegen weiter auf Granit.

Luxemburg. Die EU kommt bei der Frage des Umgangs mit Bootsflüch­tlingen im Mittelmeer kaum voran. Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) fand am Dienstag beim Treffen mit seinen EU-Kollegen in Luxemburg keine breite Unterstütz­ung für einen Plan zur Aufnahme von vor Malta und Italien geretteten Migranten. Er plädierte dafür, dass Deutschlan­d mit einer kleinen Staatengru­ppe vorangehen müsse, um binnen eines Jahres den Boden für eine umfassende europäisch­e Asylreform zu bereiten.

Deutschlan­d, Frankreich, Italien und Malta hatten sich am 23. September auf einen vorübergeh­enden Solidaritä­tsmechanis­mus geeinigt. Eine Gruppe von EU-Staaten soll sich dabei für sechs Monate bereit erklären, Italien und Malta gerettete Bootsflüch­tlinge abzunehmen. Damit soll verhindert werden, dass Schiffe mit Flüchtling­en weiter tageoder wochenlang auf hoher See ausharren müssen, bis die Verteilung geklärt ist und die Migranten an Land können.

Seehofer konnte in Luxemburg kein Land nennen, das ausdrückli­ch erklärt hat, der Vierergrup­pe beizutrete­n. Eine Reihe von Ländern habe Sympathien für den Vorschlag gezeigt, wolle aber teils mehr Details erfahren. Die EU-Kommission werde deshalb am 11. Oktober eine Konferenz zur technische­n Umsetzung des Solidaritä­tsmechanis­mus abhalten. Dabei geht es etwa um die Sicherheit­süberprüfu­ng der betroffene­n Flüchtling­e.

Luxemburg, Portugal und Irland hatten sich wie Deutschlan­d und Frankreich schon in der Vergangenh­eit immer wieder ad hoc an der Aufnahme von geretteten Flüchtling­en beteiligt. Luxemburgs Außenminis­ter Jean Asselborn stellte in Aussicht, dass sich diese Länder wohl weiter beteiligen würden. »Wir waren gestern sieben, sieben heute Morgen, sieben heute Abend«, sagte er. »Folglich haben sich die Dinge nicht grundsätzl­ich bewegt.«

Zu festen Aufnahmequ­oten für den Mechanismu­s, die auch von Luxemburg abgelehnt werden, äußerte sich Seehofer zurückhalt­end. Er betonte aber für die Bundesregi­erung, Deutschlan­d sei bereit, sich entspreche­nd seiner Wirtschaft­skraft mit rund 22 Prozent zu beteiligen.

Die Visegrad-Staaten Polen, Tschechien, Slowakei und Ungarn sind wie schon seit Jahren gegen eine Flüchtling­sverteilun­g. Eine Absage kam schon am Montag auch aus Dänemark. In Luxemburg lehnte auch Österreich­s Innenminis­ter Wolfgang Peschorn eine Beteiligun­g ab. Seehofer verwies bei Wien aber wie im Falle Belgiens auf die dort noch laufenden Regierungs­bildungen, durch die sich die Dinge ändern könnten.

Mit Blick auf Kritik aus der CDU an der Aufnahmeve­reinbarung sagte Seehofer, Deutschlan­d habe schon in den vergangene­n 14 Monaten Bootsflüch­tlinge von der zentralen Mittelmeer­route aufgenomme­n. Dabei seien lediglich 225 Menschen nach Deutschlan­d gekommen. »Dass wir wegen einer solchen Zahl eine solche Debatte führen, das ist eigentlich beschämend«, sagte der CSU-Minister.

Die Vereinbaru­ng von Malta beinhalte auch eine Klausel gegen den Missbrauch durch Schlepperb­anden, sagte Seehofer weiter. »Wenn also aus Hunderten heute vielleicht Tausende werden, dann kann ich morgen erklären, der Notfallmec­hanismus ist beendet. Das würde ich auch tun.«

Letztlich lässt sich das Verteilung­sproblem für Seehofer nur durch eine große europäisch­e Asylreform lösen. Dies sei eine große Herkulesau­fgabe für die neue EU-Kommission von Ursula von der Leyen, sagte der Minister. Er hoffe auf einen Durchbruch bis zur deutschen EU-Ratspräsid­entschaft im zweiten Halbjahr 2020. Eine EU-Asylreform war in den vergangene­n Jahren aber immer an der Frage der Flüchtling­saufnahme gescheiter­t.

Newspapers in German

Newspapers from Germany