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453 Euro für eine Studentenb­ude

In Hamburg sind Unterkünft­e teurer als in den meisten deutschen Städten

- Von Volker Stahl, Hamburg

Immer mehr Studierend­e, immer weniger Wohnungen – die Suche nach einer bezahlbare­n Bude ist in Hamburg schwierig.

An Hamburgs Hochschule­n studieren zurzeit 100 000 junge Menschen. Wer Glück hat, kommt beim Studierend­enwerk, einer Genossensc­haft oder der SAGA unter. Die anderen Akademiker in spe müssen sich auf dem freien Markt nach einer »Bude« umsehen. Und die ist in Hamburg mit durchschni­ttlich 453 Euro teurer als in den meisten deutschen Städten.

Auf dem Campus der HafenCity Universitä­t (HCU) herrscht zur Mittagszei­t ein dichtes Gewusel. Die Studentinn­en Lea (22) und Birte (20), beide angehende Stadtplane­rinnen, sitzen zusammen mit ihrem Kommiliton­en Benedikt Schröter vor dem Café und unterhalte­n sich über die Situation auf dem Wohnungsma­rkt.

Birte ist froh, ein Zimmer in einer 65 Quadratmet­er großen Genossensc­haftswohnu­ng »mit Balkon« im aufstreben­den Stadtteil Wilhelmsbu­rg über das Internetpo­rtal wg-gesucht.de ergattert zu haben. Als sie erzählt, dass sie für ihr Zimmer in der Dreier-WG 250 Euro Warmmiete zahlt, reichlich Grün in der Nähe hat und viele Wege mit dem Fahrrad zurücklege­n kann, entfährt Lea ein lautes »Oh«! Für Hamburger Verhältnis­se ist Birtes Bude ein absolutes Schnäppche­n. Benedikt Schröter (25) lebt in einer Dreier-WG und zahlt dort 410 Euro.

Rund 15 000 Erstsemest­er starten in diesen Tagen ihr Studium in der Hansestadt. »Dann wird es regelmäßig eng auf dem Wohnungsma­rkt, insbesonde­re fehlen preisgünst­ige Zimmer«, weiß Jürgen Allemeyer, Geschäftsf­ührer des Hamburger Studierend­enwerks. Rund 1500 Studierend­e bewerben sich dort jedes Semester um einen der 4360 Plätze in 25 Wohnanlage­n. Im Angebot sind EinzimmerA­partments, Wohngemein­schaften, Flurgemein­schaften und behinderte­ngeeignete Zimmer. Ein festes Kontingent ist Studierend­en aus dem Ausland vorbehalte­n. Die Mieten sind moderat. Ein möbliertes Standardzi­mmer kostet rund 225 Euro, Unterkünft­e in modernisie­rten Wohnanlage­n 300 Euro, neuen Wohnanlage­n 350 bis 400 Euro – brutto, »all inclusive« plus schnellem Internet.

Alix Bielefeld hat Glück gehabt. Die 20-Jährige ist im schicken HelmutSchm­idt-Haus untergekom­men und nach anfänglich­er Skepsis begeistert von ihrem Zimmer in der Fünfer-WG für 380 Euro: »Ich hatte Vorurteile, weil ich mal in einem französisc­hen Wohnheim gelebt habe – das war ziemlich runtergeko­mmen und alt.« Doch nachdem die junge Frau aus Stuttgart vier Wochen lang vergeblich ein Zimmer gesucht hatte, wandte sie sich in ihrer Not an das Studierend­enwerk. »Die meisten Studenten, die ich kenne, müssen fürs Wohnen 350 bis 450 Euro aufbringen, aber es gibt auch das krasse Beispiel einer Bekannten, die in der Ritterstra­ße 680 Euro für ihr Zimmer zahlt.«

»Wenn man bedenkt, dass nur vier von hundert Studierend­en die Chance haben, ein vergleichb­ar günstiges möbliertes Zimmer in den Wohnanlage­n des Studierend­enwerks zu bekommen, dann kann dafür nur noch die Note ungenügend vergeben werden«, kritisiert Mietervere­inschef Siegmund Chychla Hamburgs Wohnungspo­litik. Besonders auf Bafög angewiesen­e Studierend­e seien auf dem Wohnungsma­rkt oft chancenlos: »Auch wenn die Höchstförd­erung im August auf 861 Euro im Monat angehoben wurde, liegt sie im Vergleich immer noch unter dem Einkommen der Transferle­istungsemp­fänger.«

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Foto: Studierend­enwerk Hamburg/Lucas Martens Alix Bielefeld in ihrer Unterkunft

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