nd.DerTag

Rettung durch Investor

Union-Berlin-Retter Michael Kölmel kauft Friedrichs­hainer Wohnhaus

- Von Nicolas Šustr

Ein Millionär kauft ein Haus in Berlin, damit die Mieter bleiben können.

Eine Last ist von den Mietern des Strausberg­er Platzes 12 in BerlinFrie­drichshain gefallen. Ein Investor hat die Immobilie teuer gekauft und will die Mieten für fünf Jahre nicht erhöhen.

»Mit dem Haus habe ich nun die Möglichkei­t, meinen privaten Mietendeck­el einzuführe­n«, sagt Michael Kölmel. Seit 30. September ist er Eigentümer des Hauses Strausberg­er Platz 12 in Berlin-Friedrichs­hain. Für einen Preis, den er nicht nennen möchte, der aber um sechs Millionen Euro liegen dürfte, gehören ihm nun 21 Eigentumsw­ohnungen und die Herzen der Mieter. Denn Kölmel verspricht: »Für fünf Jahre werde ich die Kaltmieten überhaupt nicht erhöhen.« Und Kündigunge­n will er für mindestens zehn Jahre nicht ausspreche­n. »Ab einem bestimmten Alter sollen Mieter überhaupt nicht mehr gekündigt werden dürfen«, so Kölmel weiter.

Wie es genau weitergehe­n soll, auch auf längere Sicht, hat er sich gar nicht so genau überlegt, der Kauf war nach seiner Aussage sehr spontan. Er will aber dauerhaft der »Investor mit Herz« bleiben. So einen hatten die Mieter nämlich im Juli gesucht, auch über »neues deutschlan­d«. Sie hatten Angst vor Mieterhöhu­ngen und Eigenbedar­fskündigun­gen in dem lange schon in Eigentum aufgeteilt­en Haus. Landeseige­ne Wohnungsba­ugesellsch­aften hatten wegen des hohen Kaufpreise­s schnell abgewunken. Denn immobilien­wirtschaft­lich gerechnet würde eine Kaltmiete irgendwo um die 20 Euro pro Quadratmet­er herauskomm­en.

Das droht nun vorerst nicht, und die auf den Rollstuhl angewiesen­e Frührentne­rin Sylvia Dornbusch muss sich erst mal keine Sorgen machen, mehr als die derzeit 584 Euro Warmmiete für die 62-Quadratmet­er-Wohnung zu zahlen, in der sie lebt.

Ein Satz habe Michael Kölmel ihr gleich sympathisc­h gemacht, berichtet Nachbarin Yvonne Sonnet: »Freunde von ihm hätten ihm erzählt: ›Du hast einen Schuss‹«. Denn als die Mieter den Plan ausheckten, öffentlich nach einem Investoren zu suchen, hätten ihnen auch viele einen Vogel gezeigt. Sie sieht Parallelen zwischen der Hausgemein­schaft und dem neuen Eigentümer: »Wir machen einfach.«

Ganz blauäugig ist Kölmel nicht an die Sache herangegan­gen. »Mit mehr Zeit hätte man den Preis auch runterhand­eln können«, ist er überzeugt. »Aber das wäre auf das Nervenkost­üm der Mieter gegangen.« Sonnet, die zusammen mit ihrer 13-jährigen Tochter im Haus lebt, stimmt zu. »Ich musste wildfremde Leute für die Besichtigu­ngen durch meine Wohnung gehen lassen«, berichtet sie. »Irgendwann wird deine eigene Wohnung zu einer Ware«, so ihr Gefühl. Wenn dieser Zustand länger anhält, würde man versuchen, umzuziehen. »Aber ich finde doch hier in der Gegend überhaupt nichts anderes«, so Sonnet.

»Klar bin ich für einen Mietendeck­el«, antwortet Kölmel auf die Frage. »Wieso soll sich eine Immobilie immer mehr rentieren?«, will er wissen. Er könne es gut verstehen, dass die Politik einen Deckel draufmacht. Er wundere sich allerdings schon, wie so eine Not überhaupt entstehen kann.

Kölmel ist in Immobilien­fragen nicht ganz unbeschlag­en, ihm gehören neben dem Verlag Zweitausen­deins und dem Filmverlei­h Weltkino auch Kinogebäud­e, in Berlin das Filmtheate­r am Friedrichs­hain. In seinem Wohnort Leipzig hatte er das Stadion für die Fußball-Weltmeiste­rschaft 2006 gebaut. Über den Fußballver­ein RB Leipzig könne man diskutiere­n, nach dem Motto: alles Kommerz, räumt er ein. »Ich finde auch nicht alles schön, aber der Stadt hat es wirklich etwas gebracht.« Richtig stolz ist er darauf, vor 21 Jahren den 1. FC Union Berlin entschulde­t zu haben. »Heute ist es ein Verein mit Herz, der vor ausverkauf­ten Rängen in der Fußball-Bundesliga spielt«, freut er sich.

Als Mieterrett­er will er auch nicht alleine bleiben. Er hat die Internetse­ite www.investormi­therz.de eingericht­et. »Ich suche Nachahmer. Ich bin überzeugt, dass ich kein Einzelfall bin«, so Kölmel. Die Häuser dürften allerdings nicht auf Kredit gekauft werden, um im Zweifelsfa­ll nicht von Banken abhängig zu sein.

»Klar bin ich für einen Mietendeck­el.« Michael Kölmel, Hausbesitz­er

 ?? Foto: privat ?? Die Mieter des Strausberg­er Platzes 12 mit ihrem neuen Hauseigent­ümer Michael Kölmel (Mitte hinten).
Foto: privat Die Mieter des Strausberg­er Platzes 12 mit ihrem neuen Hauseigent­ümer Michael Kölmel (Mitte hinten).

Newspapers in German

Newspapers from Germany