Besseren Schutz der Synagogen gefordert
Nach dem Angriff auf das jüdische Gotteshaus in Halle wächst die Kritik an den Sicherheitsbehörden
Der Anschlag auf die Synagoge wurde offenbar von einem 27Jährigen verübt. Es ist umstritten, ob es sich um einen Einzeltäter handelt.
Der mutmaßliche Täter Stephan B. wollte offenbar ein Blutbad in der Synagoge in Halle (Saale) anrichten. Aber er scheiterte an der gesicherten Eingangstür und zog ab. Zwei Menschen mussten dennoch sterben, eine Passantin nur wenige Meter von der Synagoge entfernt und ein Mann in einem Dönerladen um die Ecke.
Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, brachte die Frage auf, ob diese Taten womöglich hätten verhindert werden können, wenn es einen Polizeischutz vor der Einrichtung gegeben hätte. Offensichtlich habe man in SachsenAnhalt die Situation im Vorfeld verkannt, sagte er am Donnerstag im Deutschlandfunk. Bei den meisten Synagogen sei es üblich, dass sie zu Gottesdienstzeiten von der Polizei bewacht sind. In Sachsen-Anhalt sei das aber offensichtlich nicht die Regel.
Die frühere Präsidentin des Zentralrates der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, hält für alle jüdischen Einrichtungen Polizeischutz für nötig. »Daran darf es keinen Zweifel mehr geben, nirgends in Deutschland«, sagte Knobloch.
Die Bundesanwaltschaft wollte am Donnertag Haftbefehl gegen den mutmaßlichen Täter Stephan B beantragen. Sie geht von einer rechtsextremen und antisemitischen Tat aus. Der Polizei ist der 27-Jährige bislang nicht bekannt gewesen. Die Behörden gehen davon aus, dass es sich um einen Einzeltäter handelt.
Die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Sachsen-Anhaltischen Landtag, Henriette Quade, warnte indes vor der Einzeltäter-These. »Jemand, der so etwas tut, der sich dabei filmt, der sich vorher Waffen beschafft hat, hat ein Netzwerk«, sagte Quade dem rbb. Es gebe auch »einen ideologischen Background« und Menschen, die den mutmaßlichen Täter bei seiner Radikalisierung begleiteten. Angesichts dieser Tatsachen von einem Einzeltäter zu sprechen, sei falsch und ignoriere den Terror, den diejenigen, die von Rechtsextremen bedroht seien, alltäglich erlebten.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier besuchte am Donnerstag die Synagoge in Halle und forderte in einer Ansprache eine klare Haltung gegen Rechtsextremismus: »Wer jetzt noch einen Funken Verständnis zeigt für Rechtsextremismus und Rassenhass, wer die Bereitschaft anderer fördert durch das Schüren von Hass; wer politisch motivierte Gewalt gegen Andersdenkende, Andersgläubige oder auch Repräsentanten demokratischer Institutionen (...) rechtfertigt, macht sich mitschuldig«, sagte Steinmeier.
Zugleich müsse klar sein, dass der Staat Verantwortung übernehme für die Sicherheit jüdischen Lebens in Deutschland. »Und ebenso klar muss sein: Die gesamte Gesellschaft muss Haltung zeigen, eine klare, eine entschiedene Haltung der Solidarität mit den jüdischen Mitmenschen in unserem Land«, so Steinmeier.