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Wer ist der mutmaßlich­e Täter Stephan B.?

Stephan B. war nicht polizeibek­annt

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Berlin. Nach dem Anschlag in Halle hatte die Polizei am Mittwoch einen Tatverdäch­tigen festgenomm­en. Wie die Bundesanwa­ltschaft, die die Ermittlung­en in dem Fall übernommen hat, am Donnerstag bestätigte, handelt es sich dabei um den 27-jährigen Stephan B. Am Mittwochab­end wurde eine Wohnung in Benndorf durchsucht, wo der Deutsche mit seiner Mutter leben soll. Der Ort liegt im Landkreis Mansfeld-Südharz in Sachsen-Anhalt etwa 40 Kilometer westlich von Halle.

Gegenüber der »Bild«-Zeitung erklärte der Vater von B.: »Er war weder mit sich noch mit der Welt im Reinen, gab immer allen anderen die Schuld.« Er habe kaum Freunde gehabt und stattdesse­n viel Zeit im Internet verbracht. »Der Junge war nur online.« Dem »Bild«-Bericht zufolge hatte B. nach dem Abitur zwei Semester Chemie studiert, das Studium aber wegen Krankheit abgebroche­n. Einer Nachbarin zufolge soll er zuletzt als Rundfunkte­chniker gearbeitet haben. Der Vater berichtete, sein Sohn sei zwar bei der Bundeswehr gewesen, habe aber keine Spezialaus­bildung gehabt.

Strafrecht­lich war der mutmaßlich­e Täter vor dem Anschlag nicht aufgefalle­n, er sei nicht polizeibek­annt gewesen, hieß es in Sicherheit­skreisen. Es habe intern eine bundesweit­e Abfrage bei Sicherheit­sbehörden gegeben, niemand habe den Mann auf dem Schirm gehabt.

Aufschluss über B.s Motivation geben Aufnahmen der Tat, die er live im Internet übertrug, und ein im Internet veröffentl­ichter Text. In dem gut halbstündi­gen Film führt B. immer wieder Selbstgesp­räche, teilweise auf Englisch, in denen er unter anderem den Holocaust leugnet und sich antisemiti­sch äußert. Das Video zeigt demnach auch, dass der Täter offenbar technische Probleme mit seinen Waffen hat. Bekleidet ist der Mann mit einer Art grünem Kampfanzug und Helm samt Helmkamera. Nach Angaben des auf die Überwachun­g extremisti­scher Websites spezialisi­erten USUnterneh­mens SITE werden in einem PDF-Dokument Fotos von bei der Attacke verwendete­n Waffen und Munition gezeigt. Als Ziel der Attacke werde in dem Dokument genannt, so viele »Anti-Weiße« wie möglich zu töten, vorzugswei­se Juden.

Nach Einschätzu­ng des Rechtsextr­emismus-Forschers Matthias Quent wollte B. eine internatio­nale rechte Internet-Subkultur erreichen. »Er spricht Englisch und er greift Verschwöru­ngstheorie­n auf, zum Beispiel über die angeblich zerstöreri­sche Macht des Judentums. Er äußert sich auch abwertend über Feminismus«, so Quent. »Das sind Motive der weltweiten radikalen und populistis­chen Rechten.«

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