Ein kulturelles Gedächtnis
Die DDR-Erinnerungsbibliothek sichert ihr Erbe
Mehr als 1000 Bände voller Erinnerungen an das Leben in der DDR finden eine dauerhafte Bleibe im Bundesarchiv.
Es begann mit einem nd-Artikel: In der Weihnachtsausgabe 2011 erschien im »neuen deutschland« das Porträt von Rolf Funda, einem früheren Kreistierarzt aus Staßfurt in Sachsen-Anhalt. »Der Traum von einer ganz besonderen Bibliothek« war der Text überschrieben. Funda, Jahrgang 1940, hatte seine Lebenserinnerungen aufgeschrieben und als Buch veröffentlicht und war auf die Idee gekommen, ähnliche Aufzeichnungen von anderen Menschen aus dem Osten Deutschlands zu sammeln. Eine Art kulturelles Gedächtnis des DDR-Alltags.
Kaum war das Porträt gedruckt, kam Funda nicht mehr zur Ruhe. Immer mehr Frauen und Männer, die ihr Arbeitsleben in der DDR verbracht hatten, meldeten sich bei ihm, begeisterten sich für seine Idee, schickten ihm ihre Bücher. Funda, ein Mann, der Dinge gern grundsätzlich anpackt, gründete schließlich mit anderen Enthusiasten einen Verein: Erinnerungsbibliothek DDR e.V.
Viele, die Funda ihre Bücher zukommen ließen, waren nach der Wende und der deutsch-deutschen Vereinigung vor 30 Jahren aus ihrem Beruf gedrängt worden, oft wegen so genannter Systemnähe. Sie brachten zu Papier, was sie in ihrem Leben geleistet haben – als Therapie gegen die plötzliche Leere und als Hinterlassenschaft für ihre Kinder und Enkel, sagte der Vereinsvorsitzende Funda am Mittwoch auf der letzten Zusammenkunft. Es ist eine Generation, die noch den Zweiten Weltkrieg erlebte, die das Land im Osten danach wieder aufbaute, eine neue, antifaschistische Gesellschaft wollte. Die meint, dass vieles aus der DDR erinnernswert ist und ihr Scheitern nicht das letzte Wort der Geschichte.
Mehr als 1000 Bücher von über 2000 Autorinnen und Autoren sammelten sich in der Erinnerungsbibliothek an, aus denen »ein buntes Bild gelebten Lebens« entsteht, so Funda. Er selbst wollte eigentlich nur über seine Kindheit schreiben, doch es ging immer weiter, bis er auf mehr als 400 Seiten Zeugnis über sein gesamtes Leben abgelegt hatte.
Die Bände stapelte sich in seinem Keller; die Vereinsmitglieder und Interessenten wurden älter. Viele derer, die nun zur letzten Vereinsversammlung kamen, sind älter als 80. Deshalb suchten Funda und Co. nach
Es gibt auch andere Geschichten über die DDR; ohne diejenigen aus der Erinnerungsbibliothek aber wäre das Bild höchst unvollständig.
einer sicheren Bleibe für ihre Sammlung und fanden sie letztlich im Bundesarchiv in Berlin-Lichterfelde. Das übernimmt den gesamten Bestand samt der Korrespondenz des Vereins mit Mitgliedern und Autoren. Ein Register aller Bücher und Verfasser ist in Arbeit. »Wir können uns stolz zurücklehnen« resümierte Funda, bevor der Verein seine Auflösung beschloss.
Historische Mission erfüllt? Keineswegs. Denn Funda ist sich sicher, dass die Bücher »eine Goldgrube für spätere Zeiten sind, wenn es von Interesse ist, wie das Leben in dem kleinen ostdeutschen Land war«. Sicher, es gibt auch andere Geschichten über die DDR; ohne diejenigen aus der Erinnerungsbibliothek aber wäre das Bild höchst unvollständig. Die Webseite des Vereins bleibt dauerhaft online, um auch künftig auf dieses bemerkenswerte Projekt hinzuweisen.