Ecuador zählt die Toten
Indigenenverband CONAIE widerspricht der Regierung
Quito. »Indigene Brüder, ich freue mich, dass ihr eure friedlichen Kundgebungen von den schädlichen Elementen getrennt habt«, schrieb Ecuadors Präsident Lenín Moreno am Mittwochabend über Twitter. Er kündigte gleichzeitig erste Erfolge einer Dialoginitiative der Regierung an. Mit den »schädlichen Elementen« bezog er sich auf Anhänger seines Vorgängers Rafael Correa (2007-2017).
Das Kommuniqué, das die Konföderation der Indigenen Völker Ecuadors (CONAIE) nach dem Generalstreik am Mittwoch veröffentlichte, hört sich anders an: »CONAIE teilt mit tiefem Schmerz Ecuador mit, dass wir nach der exzessiven und brutalen Repression gegen die indigene Bewegung vom Mittwoch, den 9. Oktober, die von der von Präsident Lenín Moreno, der Innen
Die Konföderation der Indigenen Völker Ecuadors (CONAIE) sorgte dafür, dass ihre Kundgebung friedlich durch Quito zog.
ministerin María Paula Romo und des Verteidigungsministers Oswaldo Jarrín gesteuert wurde, bestätigen müssen, dass es Genossen gibt, die ihr Leben verloren haben.« Und CONAIE kündigte an, gegen die Desinformation von Seiten der Regierung und mancher Kommunikationsmedien in den kommenden Tage eine komplette Liste mit den Namen aller Toten, Verletzten und Verschwundenen zu veröffentlichen.
Sie kamen aus dem Norden und aus dem Süden. Knapp 20 000 Angehörige der indigenen Völker Ecuadors marschierten am Mittwoch auf den Straßen Quitos um das von Sicherheitskräften abgeriegelte Regierungsrevier. Sie protestierten dagegen, dass Diesel um 120 Prozent teurer wird. Sie brauchen den Treibstoff für ihre Arbeit auf dem Feld und für den Transport.
Doch das Ziel ihres Marsches, der Präsidentenpalast Carondelet, stand leer. Staatschef Lenín Moreno hatte bereits am Montag seinen Regierungssitz von der auf knapp 3000 Meter Höhe liegenden Hauptstadt in die Hafenstadt Guayaquil verlegt. Dort leben vor allem Weiße. Und dort findet er die Unterstützung des langjährigen konservativen Bürgermeisters Jaime Nebot, der in Guayaquil am Mittwoch zu einer Gegendemonstration »für sozialen Frieden und Demokratie« aufrief.
Moreno kehrte erst am Mittwochnachmittag zurück nach Quito, nachdem die Gefahr unkontrollierbarer Ausschreitungen praktisch gebannt war. Die CONAIE sorgte dafür, dass ihre Kundgebung friedlich durch Quito zog, klar getrennt von radikalisierten Demonstrantengruppen, die von Gewerkschaften und Studenten gestellt wurden. Auch erwiesen sich die nach Verhängung des Ausnahmezustands errichteten Sicherheitsringe um Regierungsgebäude am Mittwoch wirksamer als am Vortag, als vereinzelte Demonstranten ins Parlamentsgebäude eindringen konnten.
Moreno, der selbst Vizepräsident der ersten Amtszeit Correas war, hatte den Ex-Präsidenten bezichtigt, mit Straßenblockaden und gewalttätigen Protesten die Destabilisierung seiner Regierung anzustreben. Correa selbst forderte Neuwahlen von seinem Wohnsitz in Belgien aus und wies die Beschuldigungen Morenos zurück. Hinter der Protestwelle stehe »kein externer Faktor«, nur die »schlechte Wirtschaftsführung« der Regierung, die ihr Wahlprogramm verraten habe, erklärte Correa über Twitter.