nd.DerTag

Russland opfert Kurden für Assad

Philip Malzahn über die türkische Invasion der kurdischen Gebiete

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Kurz bevor der türkische Präsident Erdogan seinen Truppen den Befehl zum Einmarsch erteilte, telefonier­te er mit seinem russischen Amtskolleg­en Wladimir Putin. Der bestreitet zwar, grünes Licht für eine Invasion gegeben zu haben; indirekt hat er das trotzdem, denn ohne Russland als mächtigste­r Akteur im Tauziehen um das Bürgerkrie­gsland läuft nichts. Die syrische Regierung hatte sich zuvor noch warnend an die Türkei gewandt, man würde jede Aggression gewaltsam beantworte­n. Das liegt auf der Hand, denn die Türkei benutzt für ihre Invasion Tausende syrisch-opposition­elle Kämpfer, die sonst die russischen und Regierungs­truppen bekämpfen, und bietet ihnen dadurch die Möglichkei­t, ihre Gebiete zu erweitern.

Die russische Toleranz gegenüber der türkischen Offensive folgt aber einem höherem Ziel: Man will die Kurden in die Arme der syrischen Regierung treiben. Jetzt schon verhandeln beide Seiten über ein gemeinsame­s Vorgehen gegen Ankara, somit würden die stärksten Fraktionen eine Allianz bilden. Dass Washington und seine Verbündete­n, darunter die Bundesrepu­blik, die Kurden im Stich gelassen haben, könnte bewirken, was sie seit Jahren verhindern wollen: eine Wiedervere­inigung großer Teile Syriens unter dem vielfach – von Türken, Arabern, Kurden und Menschen auf der ganzen Welt – als Diktator bezeichnet­en Präsidente­n Bashar al-Assad.

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