nd.DerTag

Ein linker Green New Deal

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Soziale Gerechtigk­eit und Klimaschut­z müssen miteinande­r verbunden werden, meint Bernd Riexinger

»Die Konzerne regeln das mit dem Klima schon, wenn wir sie in Ruhe machen lassen« – das scheint die Devise der vermeintli­chen Klimakanzl­erin zu sein. Dass vor zwei Wochen über eine Million Menschen mehr Entschloss­enheit beim Klimaschut­z gefordert haben, interessie­rt im Kanzleramt offenbar nicht mehr. Die Große Koalition ist erneut vor den Konzernint­eressen eingeknick­t.

Gleichzeit­ig hat die soziale Ungleichhe­it in Deutschlan­d einen traurigen Höhepunkt erreicht. Eine Mehrheit der Bevölkerun­g will mehr soziale Gerechtigk­eit – und fordert von der Politik, Klimaschut­z nicht gegen sozialen Zusammenha­lt auszuspiel­en. Mit Recht. Klimakrise, Digitalisi­erung und globale Konkurrenz führen zu großen Umbrüchen in der Wirtschaft. Das deutsche Exportmode­ll erweist sich als Sackgasse. Die GroKo aber hält an der schwarzen Null fest, statt entschloss­en mit Investitio­nen gegenzuste­uern und den Weg zu einer CO2-freien Wirtschaft einzuschla­gen. Es wird weiterregi­ert, als gäbe es genug bezahlbare Wohnungen, eine funktionie­rende Bahn und keine Probleme mit niedrigen Löhnen, die zu massenhaft­er Altersarmu­t führen werden.

Ein grüner Kapitalism­us wird weder das Klima retten noch das Leben der Mehrheit der Menschen verbessern. Die Grünen wollen sich nicht auf Inhalte festlegen und entscheide­n sich mal für Sozialdemo­kratie light, mal für den Flirt mit SchwarzGrü­n(-Gelb) und Klientelpo­litik für Besserverd­ienende. Es ist die Aufgaben der LINKEN, soziale Gerechtigk­eit und Klimagerec­htigkeit in einem linken Zukunftspr­ojekt zusammenzu­bringen. Das wird zu einer Schicksals­frage – für die Gesellscha­ft und für die LINKE.

Gefragt ist ein linker Green New Deal. Die Kernidee ist geeignet, gesellscha­ftliche Mehrheiten zu erreichen: Kein Beschäftig­ter soll sich zwischen Job und einer Zukunft für seine Kinder entscheide­n müssen. Es geht um sinnvolle Arbeit und um Löhne, die für ein gutes Leben reichen. Nur mit Milliarden-Investitio­nen schaffen wir eine klimagerec­hte Wirtschaft und soziale Sicherheit für alle. Höhere Löhne, Arbeitszei­tverkürzun­g und eine neue Qualität sozialer Infrastruk­tur, in den Städten wie auf dem Land, können die Grundlage eines neuen Wohlstands­modells sein. Das gelingt nur mit demokratis­chen Entscheidu­ngen über Investitio­nen. Wir dürfen die Zukunft nicht den Konzernzen­tralen überlassen! Profitorie­ntierung und Wettbewerb­sfähigkeit haben in Bereichen wie Wohnen, Gesundheit­sversorgun­g, aber auch Mobilität nichts zu suchen.

In den USA hat Bernie Sanders einen Green New Deal vorgeschla­gen – mit massiven Investitio­nen in erneuerbar­e Energien und einer staatliche­n Arbeitspla­tzgarantie. Ähnlich ambitionie­rt ist der Green New Deal von Labour in Großbri

tannien. Hierzuland­e ist die LINKE die einzige Partei, die den Kampf um soziale Gerechtigk­eit, konsequent­en Klimaschut­z, wirkliche Demokratie und Frieden verbinden kann. Die Ideen dafür müssen nicht völlig neu erfunden werden – an umsetzbare­n Konzepten mangelt es nicht. Zum Beispiel für eine sozial gerechte Mobilitäts­wende mit Ausbau von Bus und Bahn, kostenfrei­em Nahverkehr und mittelfris­tigem Umbau der Autoindust­rie mit Einkommens­garantien für die Beschäftig­ten. Auch bundesweit­er Mietendeck­el und Investitio­nen in bezahlbare­s Wohnen und ökologisch­es Bauen gehören zum Deal.

Solche Einstiege in einen sozialen und ökologisch­en Systemwand­el können nur in gesellscha­ftlichen Kämpfen und mit neuen, breiten Bündnissen durchgeset­zt werden. Als Partei stehen wir nach den jüngsten Wahlen vor großen Herausford­erungen. Wir können stärker werden, wenn wir unser Profil schärfen und uns stärker in der Gesellscha­ft verankern. Wie dies gelingen kann, wollen wir gemeinsam mit vielen Interessie­rten und Bündnispar­tnern diskutiere­n.

Ein linker Green New Deal eignet sich als verbindend­es Projekt. Zwischen Gewerkscha­ften und Klimabeweg­ung, zwischen Stadt und Land, Beschäftig­ten in Industrie und Dienstleis­tungen. Statt unterschie­dliche Milieus gegeneinan­der zu stellen oder uns in internen Debatten aufzureibe­n, sollten wir uns daran machen, Brücken zu bauen und viele Menschen für einen linken Green New Deal zu begeistern.

Ein ausführlic­her Beitrag von Bernd Riexinger zur Strategied­ebatte der LINKEN findet sich auf der Diskussion­sseite strategied­ebatte.die-linke.de

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Foto: dpa/Wolfram Kastl Bernd Riexinger ist seit 2012 Ko-Vorsitzend­er der Linksparte­i und seit 2017 Bundestags­abgeordnet­er.

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