Genossen wollen offenen Dialog
In einem Offenen Brief wehren sich Junge Genossenschaften dagegen, bei der Diskussion zum Mietendeckel mit Spekulanten in einen Topf geworfen zu werden.
»Finden wir zurück zu einer Atmosphäre der Sachlichkeit«, fordert das Bündnis Junger Genossenschaften für die Debatte zum Mietendeckel in einem neuen Aufruf, der »nd« vorliegt. »Die Polarisierung der Gutwilligen, derer die im Kern das Gleiche wollen, ein Berlin für alle, hilft denen, die diese Demokratie wirklich abschaffen wollen«, heißt es weiter ein bisschen pathetisch in dem von Andreas Barz und Ulf Heitmann unterzeichneten Schreiben. »Argumente müssen wieder ernst genommen und nicht reflexartig negativ kommentiert werden«, fordern die Vorstände der Genossenschaften Studentendorf Schlachtensee und Bremer Höhe als Sprecher des Bündnisses.
Anlass ist ein in der vergangenen Woche in der »Berliner Zeitung« veröffentlichter Gastbeitrag von Kultursenator Klaus Lederer (LINKE). Er griff dort die Kampagne des Bündnisses Wohnungsbaugenossenschaften Berlin an, die als Wurfsendung einen Großteil
»Argumente müssen wieder ernst genommen und nicht reflexartig negativ kommentiert werden.« Junge Genossenschaften
der Berliner Genossenschaftsmitglieder erreichte. Kern des sechsseitigen Faltblatts: Der Mietendeckel sei »schlecht für die Genossenschaften, schlecht für Berlin«, die Hauptstadt und »zerstört damit ihr soziales Gefüge«. Die durch den Mietendeckel wegfallenden Einnahmen hinderten Genossenschaften daran, Neubau, behindertengerechte Umbauten und vieles weitere realisieren zu können, lauten die Vorwürfe.
Lederer kritisierte, »dass sich die Vorstände von Genossenschaften regelrecht vorbehaltlos hinter die Argumente privater Wohnungskonzerne stellen«. Das Bündnis Junger Genossenschaften, das sich an dieser Kampagne nicht beteiligt, war damit aber wohl gar nicht gemeint.
Am Donnerstag haben sich Mitglieder mehrerer Genossenschaften in einer Pressemitteilung für einen Mietendeckel ausgesprochen. »Diese Kampagne ist zutiefst unsolidarisch gegenüber allen Mieter*innen, die extrem unter der überspannten Wohnungssituation leiden«, sagt Unterzeichnerin Anna Schildt. Gerade Genossenschaften orientierten sich in ihrer Mietpreispolitik sowieso an den Kosten und sollten daher das Anliegen einer Deckelung spekulativen Mietenwahnsinns vehement unterstützen, heißt es in der Mitteilung.
»Es werden Einnahmen für Genossenschaften wegfallen«, sagt Finanzexperte Christoph Trautvetter, der für die linksparteinahe Rosa-Luxemburg-Stiftung an einer Untersuchung zum Thema arbeitet, zu »nd«. »Trotzdem werden praktisch alle Genossenschaften wegen der drastisch gesunkenen Zinssätze für Kredite weiterhin auf einer soliden wirtschaftlichen Grundlage arbeiten können«, ist er überzeugt.
Diesen Freitag tritt der Koalitionsausschuss von SPD, LINKE und Grünen zusammen, um die Umsetzung des Mietendeckels zu diskutieren.