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Studentenb­ude dringend gesucht

Auch an Brandenbur­gs Hochschuls­tandorten kann die Wohnungssu­che zum Problem werden

- Von Wilfried Neiße

Mit dem Beginn des Winterseme­sters sind Tausende Studenten auf Suche nach einer Bleibe. Meist hält das Angebot an günstigen Unterkünft­en nicht Schritt mit der wachsenden Zahl der Studierend­en.

Mehr als 4500 neue Studierend­e begrüßt die Universitä­t Potsdam zu Beginn des Winterseme­sters 2019/2020. Damit zählt sie nach derzeitige­m Stand gut 20 400 Studierend­e, das sind 2,1 Prozent mehr als im vergangene­n Herbst. Doch umso dringender ist die Frage aufgeworfe­n: »Wo sollen diese jungen Menschen wohnen?«

Die Tatsache, dass es viele Studierend­e abends eh nach Berlin zieht, wo »der Bär steppt«, kann nur bedingt Lösung gelten. Wohnraum in Potsdam ist nicht nur extrem knapp sondern inzwischen extrem teuer. Gerade einmal für jeden zehnten Studenten steht ein Platz in einem der Wohnheime bereit, die größtentei­ls noch aus der DDR stammen. Dem Vernehmen nach ist es inzwischen Praxis, dass das Studentenw­erk Schlafplät­ze auf Zeit anbietet. So vermietet es insgesamt zehn Plätze in Gemeinscha­ftsunterkü­nften auf dem Campus Golm von Anfang Oktober bis Ende November für zehn Euro pro Nacht an Potsdamer Erstsemest­er. Junge Menschen, die es auf ein Studium in Potsdam abgesehen haben, bewerben sich inzwischen weit im voraus um einen Heimplatz, sagt Peter Heiß, Geschäftsf­ührer des Potsdamer Studentenw­erks.

Geradezu chaotisch verlief die Studi-Behausung vor einem Jahr. Damals nächtigten etliche Studienanf­änger im Treppenhau­s des Studentenw­erks, um morgens in der Warteschla­nge als erste an zu vergebende Restplätze zu kommen. Dieses »Windhundre­nnen« wurde im laufenden Jahr durch ein Losverfahr­en ersetzt. Doch selbst das fairste Losverfahr­en schafft keine neuen Wohnheimpl­ätze.

In Potsdam ist das Problem am drängendst­en, weil inzwischen jeder zweite Studierend­e im Bundesland an einer der drei Potsdamer Hochschule­inrichtung­en – der Universitä­t, der Fachhochsc­hule oder der Film-Universitä­t »Konrad Wolf« – eingeschri­eben ist. Aber auch in Brandenbur­g/Havel und Wildau (Dahme-Spreewald), gibt es den Kampf um die Bleibe. Die Warteliste des Studentenw­erks Potsdam zählte am 18. September 3297 Bewerber – etwa so viele wie 2018. Auch wenn am Standort Golm (Potsdam) noch im laufenden Jahr 300 neue Wohnheimpl­ätze hinzukomme­n, ist das nur der berühmte Tropfen auf dem heißen Stein. Uni-Präsident Oliver Günther verwies darauf, dass »in Absprache mit dem Land« die Studierend­enzahl auch künftig noch wachsen soll – unter anderem, weil die Lehrerausb­ildung vergrößert wird.

Sicher lässt sich auch außerhalb der Wohnheime eine Unterkunft finden, aber das ist nicht billig. Noch vor einigen Jahren kam eine Studie zu der Einschätzu­ng, dass es Studierend­en in der Landeshaup­tstadt vergleichs­weise gut gehe. Weil sie finanziell günstiger dastehen als Kommiliton­en an anderen Orten Deutschlan­ds, hätten sie deutlich mehr Zeit fürs Studium. Alle sind damit aber mit Sicherheit nicht gemeint, denn inzwischen pendeln viel Studenten für eine bezahlbare Unterkunft auch weit ins Umland. Andere nächtigen eine Zeit lang in Herbergen, bis sie einen Wohnplatz bekommen, oder sie ziehen zu Freunden. Gefragt ist die Landesplan­ung. Bei der Grundstein­legung zum neuen Studentenw­ohnheim in Wildau (Dahme-Spreewald) sagte Wissenscha­ftsministe­rin Martina Münch (SPD): »Wir wollen jungen Menschen einen Anreiz bieten, sich für ein Studium in Brandenbur­g zu entscheide­n. Attraktive­r und bezahlbare­r Wohnraum ist hierfür ein wesentlich­es Kriterium.«

Ein im August gegründete­s Hochschulb­ündnis Potsdam soll sich vielen Fragen widmen – erklärterm­aßen wichtigste­r Punkt bleibt die Wohnsituat­ion. Im Land Brandenbur­g sind inzwischen insgesamt 50 000 Menschen an Hochschule­n eingeschri­eben. Die Entwicklun­g der Zahl der Wohnheimpl­ätze hält damit nicht Schritt. Wobei die Lage je nach Standort gravierend­e Unterschie­de aufweist: So gibt es in Frankfurt (Oder) eine Initiative, die Studierend­en die Grenzstadt als Wohnort schmackhaf­t machen will. Denn die übergroße Zahl der Viadrina-Studierend­en wohnt in Berlin und fährt täglich mit dem Regionalex­press zur Uni. Auch an der Brandenbur­gischen Technische­n Universitä­t (BTU) Cottbus-Senftenber­g geht es entspannt zu. Allein in Cottbus waren um die Jahrtausen­dwende 312 Wohnheimpl­ätze gestrichen worden, weil für zwei unsanierte Gebäude keine Nachfrage mehr bestand. Hier geht es eher darum, langfristi­g mehr Interessen­ten für ein Studium in der Lausitz zu gewinnen.

Lange galt das Angebot an Wohnheimpl­ätzen in Brandenbur­g vergleichs­weise als geradezu vorbildlic­h. Als sehr gut gilt derzeit eine Versorgung­squote von 13 oder 14 Prozent. Studierend­e privater Hochschule­n nehmen keine Wohnheimpl­ätze in Anspruch. Die Fachhochsc­hulen der Finanzen sowie die der Polizei verfügen über eigene Unterbring­ungsmöglic­hkeiten.

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Foto: dpa/Arne I. Bänsch Uni in Cottbus, Wohnen in Berlin: Selbst BTU-Präsidenti­n Christiane Hipp pendelt täglich mit der Bahn.

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