Energie aus der Steckdose für schwimmende Riesen
Wirtschaftsminister Altmaier kündigt Finanzspritze für Landstrom in Häfen an – Spitzenpolitiker der Küstenländer trafen sich in Kiel
Der Bund und die deutschen Küstenländer wollen das Tempo bei der Energie aus der Steckdose für Kreuzfahrt- und Containerschiffe deutlich erhöhen. Problem ist bislang vor allem der Preis.
Kiel. Die Bundesregierung will das schleppende Tempo beim Landstrom für Kreuzfahrt- und Containerschiffe in Deutschlands Häfen kräftig erhöhen. Bundeswirtschafts- und Energieminister Peter Altmaier (CDU) stellte am Donnerstag bei einem Treffen mit Spitzenpolitikern der Küstenländer in Kiel nicht nur ein Förderprogramm in Höhe von 140 Millionen Euro ab 2020 für den Bau von Landstrom-Anlagen in Aussicht, sondern auch eine Absenkung der Ökostromumlage für Landstrom auf 20 Prozent.
»Wir wollen deutsche Häfen sauberer machen«, sagte Altmaier bei der Unterzeichnung einer Absichtserklärung mit Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU), Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) und Vertretern der Regierungen Bremens, Niedersachsens und Mecklenburg-Vorpommerns. Altmaier sprach von einem »Durchbruch«. Im 1. Halbjahr 2020 sollen notwendige Gesetzesregelungen auf den Weg gebracht werden.
In deutschen Seehäfen macht der Landstrom-Ausbau unterschiedliche Fortschritte, so eine Umfrage. So startet in Kiel in wenigen Tagen der Bau einer Anlage, die ab Sommer Kreuzfahrtschiffe und die Fähren der schwedischen Stena Line versorgen soll. Auch Hamburg hat klare Pläne.
Durch eine Senkung der Ökostromumlage für große Schiffe will Altmaier Landstrom für Reedereien attraktiver machen. »Wir schließen die Wirtschaftlichkeitslücke für den Bezug von Landstrom«, sagte er. Neben der Senkung der Umlage aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) für Landstrom um 80 Prozent sollen bei den Netzentgelten künftig Tagestarife angeboten werden. Der Bund habe das Förderprogramm für den Etat 2020 angemeldet. Denkbar sei, dass auch Häfen profitieren, die bereits Landstromanlagen bauen, so Altmaier. Auf europäischer Ebene will sich der Bund für eine verbindliche Landstromnutzung durch Kreuzfahrt- und Containerschiffe einsetzen. So soll vermieden werden, dass Reeder wegen der Kosten von deutschen Häfen auf Standorte im Ausland ausweichen.
Gastgeber Günther sieht in Landstrom einen messbaren Beitrag zur Luftreinhaltung und zum Klimaschutz. Problem sei aktuell die Unwirtschaftlichkeit. Zwar nutzten die Norwegen-Fähren während der Liegezeiten im Kieler Hafen Landstrom. »Aber wir wissen: Das lohnt sich nicht für die. Es wäre immer noch günstiger, den Diesel laufen zu lassen.«
Tschentscher verteidigte die Pläne für die EEG-Umlage gegen Kritik. »20 Prozent sind mehr als 0 Prozent«, sagte er. Niedersachsens Finanzminister Reinhold Hilbers (CDU) sagte: »Das ist mehr als eine Subvention.« Landstrom sei ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz.Tschentscher sagte, »wir brauchen Investitionen in die Anlagen und Wirtschaftlichkeit in deren Betrieb«. In der Hansestadt sollen neben den Kreuzfahrtterminals auch drei innenstadtnahe Container -Terminals mit künftig acht Liegeplätzen entsprechende Anschlüsse bekommen. Mecklenburg-Vorpommerns Finanzminister Reinhard Meyer (SPD) sagte, »die Preise für Landstrom sind zwei- bis dreimal so hoch als wenn der Diesel läuft. Jetzt muss der Bund liefern.«
Der Verband Deutscher Reeder sprach von einem guten und richtigen Schritt. »Neben der landseitigen Infrastruktur braucht es finanzielle Anreize für die Schifffahrtsunternehmen, von denen sich insbesondere hierzulande viele in einem harten globalen Konkurrenzkampf behaupten müssen.«
Auf See gibt es bei großen Schiffen einen Trend zu Flüssig-Erdgas (LNG) als Treibstoff. Derzeit wird LNG mit Lkw aus Rotterdam in den Hamburger Hafen transportiert, so Tschentscher. Mit staatlicher Förderung sollen mindestens zwei neue LNG-Terminals gebaut werden. Laut Altmaier wird das erste Projekt voraussichtlich Anfang 2020 verkündet. Als mögliche Standorte für Terminals zum LNG-Import konkurrieren Brunsbüttel, Wilhelmshaven und Stade.