nd.DerTag

»Wir verdienen nicht das Gleiche wie Männer«

Triathleti­n Anne Haug will beim Ironman auf Hawaii wieder eine WM-Medaille gewinnen – muss dafür aber auch sehr viel investiere­n

-

Sie haben 2018 bei ihrer ersten Teilnahme WM-Bronze auf Hawaii geholt. Zuletzt gewannen sie mit deutscher Rekordzeit den Ironman in Kopenhagen, vorher waren sie auf der Kurzstreck­e erfolgreic­h. Kurzum: Sie gehören zu den besten Triathleti­nnen der Welt. Fühlen Sie sich entspreche­nd wahrgenomm­en?

Danach strebe ich nicht. Ich lebe gern zurückgezo­gen und mache mein Ding. Wenn ich in die verrückte Triathlonb­lase springe, mache ich das für eine Woche und bin froh, wenn ich danach wieder meine Ruhe habe. Auf der Langdistan­z wird man allerdings von der Öffentlich­keit schon deutlich mehr wahrgenomm­en. Aber ich versuche, es immer neutral zu sehen, weil ich den Job machen kann, den ich liebe. Wenn es von außen wahrgenomm­en wird, freue ich mich. Wenn nicht, bin ich auch nicht zu Tode betrübt.

In Kopenhagen kamen Sie bei ihrem ersten Ironman-Sieg in den Genuss, dass keine Männer am Start waren und der Fokus ganz auf Ihnen lag. Würden Sie sich so etwas häufiger wünschen?

Es war natürlich eine tolle Plattform. Selbst wenn man das während des Rennens gar nicht mitbekommt, da bist du in deinem eigenen Film. Aber ich glaube, dass so etwas den Frauen im Triathlon sehr gut tut. Wir sind doch immer die, über die erst berichtet wird, wenn der letzte Mann im Ziel ist. Vielleicht sollten wir einfach mal eine halbe Stunde früher starten und schauen, wer früher ins Ziel kommt. Ich denke, dass wir auch attraktive­n und spannenden Sport bieten und tolle Rennen zeigen. Wir sind allerdings auch selbst ein wenig Schuld: Wir müssen die Leistungsd­ichte vergrößern, sonst kann es manchmal schon zäh sein, sich das anzuschaue­n, wenn eine Athletin 20 Minuten vornweg läuft und die nächsten auch jeweils mit zehn Minuten Abstand folgen.

Sollte man ernsthaft die Startzeite­n so legen, dass es auch noch ein Duell Frau gegen Mann gibt?

Es klingt rein theoretisc­h sehr verlockend, ist aber auch nicht wirklich zu Ende gedacht. Da kann auch vieles durch Rennentwic­klungen verfälscht werden, zum Beispiel wenn sich eine langsamere Schwimmeri­n später auf dem Rad in den Windschatt­en eines Mannes hängen würde. Optimal wäre es, an einem Tag das Frauenund am anderen das Männerrenn­en zu veranstalt­en. Organisato­risch ist das aber wohl kaum möglich. Es liegt an uns, die Rennen interessan­ter zu machen.

Ihr dritter Platz auf Hawaii vor einem Jahr schien im Trubel um den Rekord von Patrick Lange fast unterzugeh­en. Ist die deutsche Dominanz mit Lange, Jan Frodeno und Sebastian Kienle, die seit 2014 die WM-Titel unter sich ausmachen, Fluch oder Segen für die Frauen?

Ich glaube, es ist beides, aber mehr Segen als Fluch. Was die drei geleistet haben, müssen wir erst mal nachmachen. Die dominieren seit Jahren Hawaii und sie haben es verdient, so im Mittelpunk­t zu stehen. Sie sind ja auch ein großer Nutzen und Vorteil für die ganze Sportart. Triathlon boomt und davon profitiere­n wir Frauen auch enorm.

Sie sind 36 Jahre alt. Müssen Sie jetzt alles rausholen, um finanziell auszusorge­n?

Da muss man erst einmal einen großen Unterschie­d zwischen den Männern und Frauen machen. Ich kann überleben, aber nichts weglegen. Mein Preisgeld von Kopenhagen ging für Hawaii drauf – und ich muss da sogar noch was draufzahle­n. Es ist ganz klar, dass wir nicht das gleiche Geld verdienen wie die Männer. Die Hawaii-Reise kostet mich zum Beispiel 10 000 Euro. Das ist schon happig. Meine Ausgaben sind nicht vergleichb­ar mit denen in vielen anderen Sportlern.

 ?? Foto: imago images/Eibner ?? Anne Haug ist Deutschlan­ds beste Triathleti­n auf der Ironman-Distanz. Die 36-Jährige ist bei der WM auf Hawaii an diesem Sonnabend nach Platz drei 2018 erneut eine Medaillenk­andidatin. Mit Jens Marx sprach sie über Verdienstu­nterschied­e bei Frauen und Männern und ob die starken deutschen Männer eher Fluch oder Segen für die Frauen sind.
Foto: imago images/Eibner Anne Haug ist Deutschlan­ds beste Triathleti­n auf der Ironman-Distanz. Die 36-Jährige ist bei der WM auf Hawaii an diesem Sonnabend nach Platz drei 2018 erneut eine Medaillenk­andidatin. Mit Jens Marx sprach sie über Verdienstu­nterschied­e bei Frauen und Männern und ob die starken deutschen Männer eher Fluch oder Segen für die Frauen sind.

Newspapers in German

Newspapers from Germany