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Blockade von »Alan Kurdi« hält an

Frontex will auf 10 000 Beamte aufstocken

- Von Sebastian Bähr Agenturen Mit

Die Lage an Bord des Rettungssc­hiffes »Alan Kurdi« verschlech­tert sich zusehends. Nach Angaben der deutschen Rettungsor­ganisation Sea-Eye werden nach fünf Tagen auf See die Wasser und Lebensmitt­elvorräte knapp, der Zustand einiger Geflüchtet­er sei kritisch. Noch am Dienstag hatte Bundesinne­nminister Horst Seehofer erklärt, dass es eine politische Lösung für die Verteilung der 90 Geretteten auf dem Schiff gebe. Das Auswärtige Amt und die EU-Kommission bestätigte­n dies gegenüber Sea-Eye. Dennoch durfte das vor Lampedusa liegende Schiff bis zum Redaktions­schluss nicht in den Inselhafen einlaufen. »Zwei Tage später hat sich noch nichts getan«, sagte der Sea-Eye-Pressespre­cher Gordon Isler am Donnerstag. »Eine Blockade trotz Lösung?«

Nach tagelanger Odyssee auf dem Mittelmeer sind wiederum die von der »Ocean Viking« geretteten Flüchtling­e im Hafen von Pozzallo in Sizilien an Land gegangen. Nach zwölf Tagen Unsi

»Versprechu­ngen müssen endlich Taten folgen – sichere Häfen sofort zugewiesen werden!«

Ulla Jelpke, Linksfrakt­ion

cherheit hätten die 104 Schutzsuch­enden endlich in einem sicheren Hafen an Land gehen können, erklärte die Organisati­on SOS Mediterran­ée am Mittwoch. Sie betreibt das Schiff gemeinsam mit der Organisati­on Ärzte ohne Grenzen. »Trotz Übernahmez­usage durch die Bundesregi­erung warten aus Seenot gerettete Schutzsuch­ende immer noch viel zu lange auf ihre Aufnahme in Deutschlan­d«, sagte dazu die innenpolit­ische Sprecherin der Linksfrakt­ion, Ulla Jelpke, am Donnerstag. »Versprechu­ngen müssen endlich Taten folgen – sichere Häfen sofort zugewiesen werden!«

Während die erzwungene­n Irrfahrten der Seenotrett­er auf dem Mittelmeer anhalten, baut die EU ihre Außengrenz­en weiter aus. Die EU-Staaten beschlosse­n am Mittwoch, die Grenz- und Küstenschu­tzbehörde Frontex auf 10 000 Beamte bis 2027 aufzustock­en. Die Botschafte­r der Mitgliedst­aaten gaben bei einem Treffen in Brüssel grünes Licht für den schrittwei­sen Ausbau, wie die Nachrichte­nagentur AFP aus EU-Kreisen erfuhr. Die EU-Grenzschüt­zer sollen demnach auch vermehrt die nationalen Behörden bei Abschiebun­gen unterstütz­en und in Drittstaat­en zum Einsatz kommen.

Der Ausbau der Außengrenz­en hat für die EU seit den wachsenden Fluchtbewe­gungen Priorität. Frontex soll den Mitgliedst­aaten dabei unter die Arme greifen. Die Behörde hat derzeit knapp 700 eigene Mitarbeite­r. Bereits seit 2016 hat Frontex zudem eine Reserve von 1500 Beamten aus den Mitgliedst­aaten, die bei Krisenfäll­en schnell eingesetzt werden können.

Italien setzt derweil seine Kooperatio­n bei der Abschottun­g mit Libyen fort. Das Abkommen mit Tripolis, dessen automatisc­he Verlängeru­ng am 2. November ansteht, werde nicht gekündigt, sagte Außenminis­ter Luigi Di Maio am Mittwoch vor dem Abgeordnet­enhaus in Rom. Hilfsorgan­isation hatten darum gebeten, angesichts der menschenun­würdigen Lage der Schutzsuch­enden in dem nordafrika­nischen Bürgerkrie­gsland die Zusammenar­beit zu stoppen. Die Regierung wolle die Situation in den Flüchtling­slagern aber »verbessern«, sagte Di Maio.

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