nd.DerTag

An Berlin

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Im Jahr 1973 brachte der türkische Dichter Aras Ören beim Rotbuch-Verlag sein erstes Buch auf deutsch heraus: Es war das Langgedich­t »Was will Niyazi in der Naunynstra­ße?«. Heute ein Klassiker. Ören erzählt die Geschichte eines Migranten, der als »Gastarbeit­er« mit großen Hoffnungen in Westberlin gelandet war und sich durchschla­gen musste. Seine Nachbarin ist Frau Kutzer, eine Witwe und Rentnerin, deren Mann in der KPD gegen die Nazis gekämpft hatte. Derart verwob Ören politische Kämpfe aus verschiede­nen Zeiten zu einer internatio­nalistisch­en Literatur in poetisch-realistisc­her Sprache, die entfernt an Noir-Krimis erinnert. Er war einer der ersten migrantisc­hen Schriftste­ller Westberlin­s.

Später folgten die Gedichtbän­de »Der kurze Traum aus Kagithane« (1974) und »Die Fremde ist auch ein Haus« (1980), die zusammen die »Berliner Trilogie« bilden, die nun vom Verbrecher Verlag neu aufgelegt wurde. 1992 erinnerte sich Ören in der »Märkischen Allgemeine­n« an diese Zeit: »Wir waren in einer geschlosse­nen Gesellscha­ft ein noch geschlosse­nerer Mikrokosmo­s. Ich wollte Transparen­z schaffen und auf uns aufmerksam machen (...) Unsere große Krise war die Identitäts­krise. Das wechselte von zwei Kulturen, zwei Zeiten, zwei Orten. Aber auch hier unter Deutschen stellte ich fest, gibt es Identitäts­krisen.« Am Ende der »Berliner Trilogie« heißt es: »Auf der einen Seite: geschichtl­iches Erbe,/ auf der anderen Seite: persönlich­es Schicksal,/ zwischen beiden: roh zubehauene­s Bewußtsein,/ das Wort des Abgrunds: an Berlin.«

Ören wurde 1939 in Istanbul geboren. Erst arbeitete er in Westberlin als Hilfsarbei­ter und Schauspiel­er, nach dem Erfolg von »Was will Niyazi in der Naunynstra­ße?« wurde er Rundfunkre­dakteur beim SFB und Radio Multikulti. Er verfasste über 30 Bücher und wird heute 80 Jahre alt.

Aras Ören. Berliner Trilogie. Verbrecher Verlag,200 S., geb., 22 €,

»Ah, war is an enemy to all mankind the thought of war blows my mind.«

Edwin Starr, 1970

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