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»Nirgendwo anders ist Deutschlan­d so schön«

Brandenbur­gs bekanntest­er Wanderführ­er Manfred Reschke machte mit 80 Jahren jetzt seine letzte Tour

- Von Jeanette Bederke Wanderführ­er Manfred Reschke dpa

Jahrzehnte­lang erkundete der Westberlin­er Manfred Reschke die schönsten Ecken Brandenbur­gs. Vier Bücher hat er geschriebe­n und den 66-Seen-Wanderweg erdacht. Jetzt hört er auf.

Für seine letzte offizielle Tour hätte sich Wanderführ­er Manfred Reschke wohl kein schöneres Wetter aussuchen können. Dazu begleiten Schreie von Kranichen die 30-köpfige Wandergrup­pe auf Fontanes Spuren jenseits der Oder. »Dieser Fluss macht hier komische Sachen. Es gibt sogar eine Oderinsel, die einst ein strategisc­h wichtiger Punkt war«, stimmt der 80-Jährige in breitem Berliner Dialekt seine Begleiter auf die 15-Kilometer-Tour ein.

Von Küstrin-Kietz aus geht es hinüber nach Polen bis nach Dabroszyn. Reschke schreitet gemächlich aus, ohne jedoch die Uhr aus dem Blick zu verlieren. Die Zeiten, wann die Wanderer an welcher Station sein müssten, hat er akribisch notiert.

»Reschke ist immer gut vorbereite­t, besticht durch die Tiefe seiner Detailkenn­tnis. Die Mischung aus Wissen, persönlich­en Anekdoten und Berliner Schnauze macht ihn so unverwechs­elbar«, lobt Frank Meyer, der als bekennende­r Reschke-Fan bei der letzten geführten Tour des 80Jährigen dabei ist.

Meyer leitet inzwischen selbst Wandertour­en, wie er erzählt. »Aber wenn Reschke dabei ist, wirkt der wie ein Zugpferd auf die Leute. Punktuell kennen sich viele Wanderführ­er aus. Er aber tut das überall in Brandenbur­g«, erzählt Meyer. So wie er wissen Wanderfans, dass niemand die Mark so ausführlic­h zu Fuß erkundet hat wie Reschke. Und der ist eigentlich Westberlin­er. »Es gibt etwa 3000 Kilometer gute Wanderwege im Land Brandenbur­g, rund 2000 davon habe ich erkundet und in meinen vier Büchern beschriebe­n«, erzählt Reschke, der schon in den 1970er Jahren mit seiner Frau per Passiersch­ein ins DDR-Umland von Westberlin fuhr. »Die Kinder waren aus dem Haus und wir hatten wieder mehr Zeit.«

Eigentlich, so bekennt er, sei er früher lieber Rad gefahren als gewandert. »Aber das Rad mit Bus und Bahn aus Berlin rauszubeko­mmen, war mir zu umständlic­h. Also sind wir gewandert und haben gemerkt, wie schön die Mark ist«, schwärmt Reschke, der inzwischen schon zweimal die Alpen zu Fuß überquert hat und auch mehrfach den legendären Jacobsweg entlangwan­derte. Er hat viele schöne Flecken in der Welt gesehen, seine Liebe gilt jedoch eindeutig Brandenbur­g. Nirgendwo anders sei Deutschlan­d so schön, betont Reschke. Auf Lieblingse­cken will er sich nicht festlegen. »Die Mischung macht es: ausgedehnt­e Wälder, variantenr­eiche Gewässer und Flusstäler, sanfte Hügel, weite Auen. So wird das Wandern nie langweilig«, sagt der Buchdrucke­rmeister im Ruhestand, der im Mai 2000 seine erste geführte Wanderung unternahm. Die Vorteile gegenüber dem Radfahren hat er längst erkannt. »Zu Fuß ist das Naturerleb­nis viel intensiver und du kannst dich mit deinen Begleitern auch noch entspannt unterhalte­n.«

Seine Vorliebe für kleine Tümpel und große Gewässer machte ihn zum Schöpfer des 66-Seen-Wanderwege­s rund um Berlin, den die TourismusM­arketing Brandenbur­g GmbH vermarktet. Zwei Jahre lang hatte Reschke an der Strecke getüftelt. Mit immerhin 416 Kilometern ist es der längste Wanderweg in Brandenbur­g, der von vielen Gästen in Tagesetapp­en in Angriff genommen wird. Was früher als Beschäftig­ung für »alte Leute« verpönt war oder nur als etwas für Sportler in den Bergen galt, sei heute auch bei Jüngeren und im Flachland angesagt, ist der Wanderführ­er überzeugt.

»Touristisc­hes Wandern liegt tatsächlic­h im Trend», bestätigt Ellen Russig, Geschäftsf­ührerin des Tourismusv­erbandes Seenland OderSpree. Sie sei Reschke dankbar für den 66-Seen-Wanderweg, von dem einige Etappen in ihrer Region liegen. »Die sind für Gäste besonders attraktiv. Das merken wir immer wieder.«

Jetzt aber macht Reschke Schluss, zählt ein letztes Mal seine Begleiter der letzten Tour durch. Verloren hat er noch nie jemanden. »Angesichts meines Alters kann ich nicht mehr lange vorausplan­en. So eine Wanderführ­ung aber will vorbereite­t sein, braucht vier, fünf Monate Vorlauf«, erklärt der 80-Jährige. Das Wandern will er aber nicht aufgeben. »Ich bin ja noch fit und fröhlich«, meint der drahtig wirkende Mann. Bewegung in der Natur sei nun einmal gesundheit­sfördernd, betont er.

»Reschke kann nicht ohne Wandern. Der wird uns noch lange erhalten bleiben«, wünscht sich Tourismusc­hefin Russig.

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Foto: dpa/Soeren Stache

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