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Die Wahl vor der Wahl

In Leipzigs LINKE gibt es zwei Interessen­ten für die Oberbürger­meisterwah­l 2020

- Von Hendrik Lasch

Am 2. Februar 2020 findet in Leipzig die Wahl des Rathausche­fs statt. Der Amtsinhabe­r und ein Noch-Minister stehen in den Startlöche­rn. Die LINKE muss zunächst zwischen zwei Interessen­ten auswählen.

Burkhard Jung hatte dieser Tage einen äußerst angenehmen Termin. Der Oberbürger­meister von Leipzig durfte den 600 000. Einwohner der Stadt begrüßen, einen aus Berlin zugezogene­n Ex-Hallenser. So viele Menschen hatten zuletzt vor rund 70 Jahren in Leipzig gewohnt. Nach 1990 war die Zahl deutlich unter die Grenze von einer halben Million gefallen. Seit der Jahrtausen­dwende aber geht es mit Leipzig steil bergauf: Die Stadt gilt als attraktiv, brummt wirtschaft­lich und zieht neue Einwohner in hellen Scharen an. Das bringt zwar nicht wenige Probleme: Wohnraum wird knapp, Mieten steigen, Kitaplätze sind rar. Trotzdem dürfte es viele Städte geben, in denen der Job als Rathausche­f weit weniger Spaß macht.

Wer das Vergnügen nach dem Ende von Jungs aktueller Amtszeit im März 2020 hat, darüber entscheide­n die Leipziger am 2. Februar. Da wird in der Stadt ein neuer Oberbürger­meister gewählt – oder, falls kein Bewerber die nötige absolute Mehrheit erringt, am 1. März in einer zweiten Runde. Einige Kandidaten stehen fest: Der 61 Jahre alte SPD-Politiker Jung strebt eine dritte Amtszeit an; der 20 Jahre jüngere Sebastian Gemkow, im Moment noch Justizmini­ster in Sachsens Staatsregi­erung, will den Posten erstmals seit 1990 für die CDU gewinnen. Die Grünen stellten Katharina Krefft auf, die ebenfalls 41 Jahre alte Chefin ihrer Fraktion im Stadtrat.

Und die LINKE? Hat sich eine Wahl bereits vor der Wahl verordnet. Grund dafür ist, dass es mit Fraktionsv­ize Franziska Riekewald sowie dem parteilose­n Anwalt Dirk Feiertag gleich zwei Interessen­ten für den Chefposten in der Stadtverwa­ltung gibt. Am 9. November muss daher auf einer Gesamtmitg­liedervers­ammlung entschiede­n werden, wen von beiden die Partei, die bei der Kommunalwa­hl im Mai mit 21,4 Prozent knapp vor den Grünen immerhin stärkste Kraft in der Stadt geworden war, für die OB-Wahl in drei Monaten aufstellt.

Am liebsten hätten die Genossen eine ganz andere Kandidatin nominiert: Skadi Jennicke, die seit 2016 Kulturbürg­ermeisteri­n ist, die Verwaltung gut kennt und in der Stadt bekannt ist. Dem Vernehmen nach hätte sie aber nur zur Verfügung gestanden, wenn Jung als ihr Chef nicht wieder angetreten wäre – etwa, wenn seine 2018 angestrebt­e Wahl als Präsident des Ostdeutsch­en Sparkassen­verbandes geglückt wäre, was aber an der konkurrier­enden Bewerbung eines weiteren Sachsen scheiterte.

Einen Zweikampf gibt es nun auch um die OB-Kandidatur der LINKEN. Die Bewerber repräsenti­eren gewisserma­ßen auch zwei Lager im Stadtverba­nd, zwischen denen es immer wieder zu Spannungen kommt. Riekewalds Bewerbung wurde vom Bundestags­abgeordnet­en Sören Pellmann öffentlich gemacht – mit Verweis auf ein einstimmig­es Votum im Stadtvorst­and. Über die Kandidatur Feiertags informiert­e Landtagsab­geordnete Jule Nagel. Es gebe damit »eine Wahl«, das sei »demokratis­ch«. Bei manchen ihrer Genossen hält sich die Begeisteru­ng über das Prozedere in Grenzen. Der Stadtverba­nd erklärte per Pressemitt­eilung, es gebe ein »starkes linkes Duo« mit »gleich zwei äußerst kompetente­n BewerberIn­nen«.

Dabei hat sich Riekewald ihre Meriten eher im parlamenta­rischen Betrieb erworben: Die 39-Jährige kümmert sich im Stadtrat sehr engagiert um Verkehrspo­litik. Sie selbst betont, der Fachbereic­h sei ein »strategisc­hes Kerngebiet« der Stadtpolit­ik. Daneben stehe sie für einen »überfällig­en Generation­swechsel an der Stadtspitz­e« und bringe »eine weibliche Note« ein. Sie wolle zudem den »sozialen Belangen der Stadtentwi­cklung« Aufmerksam­keit widmen. Das darf man auch von Feiertag erwarten. Der Jurist ist in der Stadt bekannt, weil er regelmäßig sozial Schwache in Verfahren etwa gegen Sanktionen im Zusammenha­ng mit Hartz IV vertritt. Er sei daneben, betont Nagel, »breit in der Zivilgesel­lschaft verankert«. Und er hat Erfahrung bei OB-Wahlkämpfe­n in Leipzig: 2013 trat er als unabhängig­er Bewerber an und holte im ersten Wahlgang 6,9 Prozent. LINKEKandi­datin Barbara Höll kam damals auf 15,3 Prozent. In Runde zwei lagen beider Ergebnisse knapp darunter; Jung siegte mit 45 Prozent.

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Foto: dpa/Jan Woitas Leipzig wählt im Februar einen neuen – oder auch den alten – Rathausche­f.
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Foto: Linke Leipzig Franziska Riekewald
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Foto: dpa/Peter Endig Dirk Feiertag

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