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Dresdner Heimspiel in Berlin

Rund 40 000 Fans feiern trotz Niederlage bei Hertha BSC eine schwarz-gelbe Pokalparty

- Von Alexander Ludewig Zwei parierte Elfmeter: Herthas Pokalheld Thomas Kraft

»Der Mythos Dynamo lebt«, sagt Dresdens Sportchef Ralf Minge. Trotz Zehntausen­der Fans im Olympiasta­dion und einer guten Leistung gegen Hertha BSC hat der Zweitligis­t im Alltag Probleme.

Zwei zentrale Ziele einer jeden Saison hat Hertha BSC am Mittwochab­end auf einen Schlag erreicht: ein richtig gut gefülltes sowie stimmungsv­olles Stadion und Pokalerfol­ge. Der Stadionspr­echer verrichtet­e in einer außergewöh­nlichen Atmosphäre allerdings Alltagsarb­eit, als er die Zuschauerz­ahl von 70 429 verkündete: »Vielen Dank für die Unterstütz­ung, vielen Dank Herthaner!« Als Antwort bekam er ein schrilles Pfeifkonze­rt – von rund 40 000 Dresdner Fans, die ihre Mannschaft zur zweiten Runde im DFB-Pokal ins Olympiasta­dion begleitet hatten.

»Ich glaube, dass die Blau-Weißen lauter sein werden«, hatte Herthas Manager Michael Preetz gehofft. Er wurde enttäuscht. Die Berliner Fans, vor allem in der Ostkurve, gaben ihr Bestes. Den Lautstärke­vergleich gewannen aber eindeutig die Gäste aus Dresden. Sie feierten trotz der 7:8Niederlag­e nach Elfmetersc­hießen eine schwarz-gelbe Pokalparty – nicht selten leuchtend untermalt. Über den Einsatz von Pyrofackel­n kann man streiten. Dass aus den Dresdner Blöcken aber auch Leuchtrake­ten abgefeuert wurden – einige landeten im Innenraum –, hilft jedoch nur den Gegnern einer lebendigen Fankultur.

Das derzeit wichtigste Ziel der Sportgemei­nschaft aus Dresden hatte Herthas Trainer vor dem Anpfiff gleichzeit­ig als Warnung an sein eigenes Team beschriebe­n. »Dynamo kann mit nur einem einzigen Spiel einen Stimmungsw­echsel schaffen. Das ist gefährlich«, hatte Ante Covic gesagt. Verstanden haben ihn seine Spieler nicht wirklich. Nach einer flotten Anfangsvie­rtelstunde lief nicht mehr viel zusammen. Zur Pause führte Dresden durch einen Treffer von Moussa Koné. Erst nach 85 Minuten hatte Hertha das Spiel durch die Tore von Dodi Lukebakio und Ondrej Duda gedreht.

Aber auch die Führung gab dem Erstligist­en keine Sicherheit. Stattdesse­n schallte das beeindruck­end laute »Dy-Na-Mo« immer öfter durchs Olympiasta­dion. Erst hatte Patrick Ebert in der Nachspielz­eit, wie zuvor Herthas Duda per Elfmeter, die Dresdner mit seinem Treffer zum 2:2 in die Verlängeru­ng geschossen. Und dort sah der Zweitligis­t dann nach dem erneuten Führungsto­r von Luka Stor lange wie der Sieger aus. Mit der letzten Aktion hämmerte Jordan Torunarigh­a den Ball dann aber zum 3:3 ins Netz. »Wahnsinn!« So empfand Covic diesen Spielverla­uf samt anschließe­ndem Sieg im Elfmetersc­hießen. Wirklich erklären konnte Herthas Trainer den zerfahrene­n Auftritt seines Teams nicht, beim Versuch wirkte er fast so unbeholfen wie zuvor seine Spieler auf dem Platz.

Als »Wahnsinn« hatte im Vorfeld der Partie Dresdens Sportchef Ralf Minge die Reiselust und Unterstütz­ung der Fans bezeichnet: »Der Mythos Dynamo lebt.« Seine recht gute Laune nach dem Abpfiff zeigte zudem, dass er auch mit dem Auftritt der Mannschaft zufrieden war. Dass die SGD derzeit aber alles andere als sorgenfrei ist, war den Worten des Trainers zu entnehmen. Was seine Spieler am Donnerstag von Cristian Fiél zu hören bekamen, verriet er schon im Olympiasta­dion: »Am Sonntag ist alles wieder anders.«

Ob der leidenscha­ftliche Auftritt in Berlin tatsächlic­h einen Stimmungsw­echsel in Dresden herbeiführ­en kann, wird die Ligapartie beim VfB Stuttgart zeigen. Das sich etwas ändern muss, ist klar. Nach zuletzt vier Niederlage­n in Folge ist Dynamo in den Keller der zweiten Liga gerutscht, nur das bessere Torverhält­nis gegenüber dem Aufsteiger Wehen Wiesbaden hat den Sturz ans Tabellenen­de verhindert. So richtig hoffnungsv­oll klang Fiél jedoch nicht. Auch nicht gegenüber seinen Spielern, denen er direkt nach dem Abpfiff im Mannschaft­skreis sagte: »Egal was in den letzten Wochen war und was passieren wird: Das hier kann euch keiner mehr nehmen.« Der beeindruck­ende Auftritt in dieser beeindruck­enden Atmosphäre habe ihn im Glauben an seine Spieler bestärkt. »Ich weiß, was sie können.« Nur bekommen sie es unter seiner Anleitung viel zu selten auf den Platz. Seit seinem Amtsantrit­t im März konnte er durchschni­ttlich nur 1,13 Punkte sammeln. Das ist die Bilanz eines Absteigers.

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Foto: imago images/O. Behrendt
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Foto: imago images/Bernd König

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