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Zoff um Stoff

Ordner und Polizei gehen gegen ein kritisches Banner von linken Ultras von Werder Bremen vor. Es gibt Verletzte

- Von Reimar Paul, Bremen

Beim 4:1-Pokalsieg Bremens gegen Heidenheim kommt es zu Rangeleien in der Ostkurve. Fans und Polizei werfen sich gegenseiti­g vor, zuerst zugeschlag­en zu haben. Im Zentrum steht ein Sponsor.

Der SV Werder Bremen sieht sich gern als einer der etwas anderen Vereine in der Bundesliga: Enger Kontakt zwischen Fans und Spielern, eine Klub, der zwar arm ist, aber solide wirtschaft­et. Zudem lässt Trainer Florian Kohfeldt wieder einen attraktive­n Fußball spielen.

Aus Sicht vor allem linker Ultras hat dieses Bild in letzter Zeit aber etliche Dellen bekommen. Vor allem, weil Werder sich mit ungeliebte­n Sponsoren einließ. Seit 2012 prangt das Emblem des umstritten­en Geflügelmä­sters Wiesenhof auf den Trikots. Und zu Beginn dieser Saison verscherbe­lte der Klub den Stadionnam­en an eine Immobilien­firma, nun heißt die Arena offiziell »Wohninvest Weserstadi­on«.

Viele Fans wollen sich damit nicht abfinden, bei jedem Heimspiel fordern sie, dass das Stadion seinen alten Namen zurückbeko­mmt. Ein Banner mit der Aufschrift »Immobilien­hai. Vorsicht. Bissig« und zwei nach unten zeigenden Pfeilen hängt bei jeder Partie mit Genehmigun­g des Vereins im Fanblock in der Ostkurve – direkt über der Wohninvest-Loge.

Das war auch am Donnerstag­abend so, als Werder im Pokal gerade den 1. FC Heidenheim an die Wand spielte. Nach einer halben Stunde, die Bremer führten 3:0, begannen in der Kurve Tumulte. Ordner rissen das Transparen­t ab und entfernten noch ein weiteres, es kam zu Rangeleien, woraufhin behelmte Polizisten in die Blocks vordrangen.

Die Fans beschriebe­n später, dass Beamte ihre Schlagstöc­ke eingesetzt hätten. Ein Mitglied der Ultragrupp­e »Infamous Youth« berichtete dem »nd«: »Einem Mann wurde der Arm gebrochen, ein anderer erlitt einen Nasenbeinb­ruch.« Infolge der Auseinande­rsetzungen verließen mehrere Hundert Ultras das Stadion.

Noch während des Spiels twitterte Werder: »Ein genehmigte­s Banner wurde entgegen der Absprachen an einem nicht genehmigte­n Ort aufgehange­n. Ordner wollten es entfernen und wurden von Werder-Fans attackiert. Ebenso unbeteilig­te Besucher … Die Polizei ist daher eingeschri­tten und hat das Banner entfernt.«

Auch die Polizei teilte mit, der Ordnungsdi­enst sei »körperlich angegriffe­n« worden. Daraufhin hätten Einsatzkrä­fte »unterstütz­end eingegriff­en und wurden ebenfalls angegangen«. Im Übrigen seien weder Schlagstöc­ke noch Pfefferspr­ay zum Einsatz gekommen.

Die »Grün-weiße Hilfe«, die Werderfans bei Problemen berät, beurteilt den Vorfall anders. Das Anbringen der Transparen­te sei für die Ostkurve genehmigt gewesen. Die Blöcke, an denen sie hingen, zählten laut Stadionpla­n eindeutig zur Ostkurve. »Es ist keine polizeilic­he Aufgabe, das Hausrecht des Vereins oder gar die Interessen eines Stadionspo­nsors durchzuset­zen«, betonte die Fanhilfe. Es sei auch zu keinen Angriffen auf Polizei- oder Ordnungskr­äfte gekommen. Die Reaktion des Vereins, der das Vorgehen der Polizei rechtferti­ge, sei »sehr enttäusche­nd«, hieß es weiter.

Die Ultras wollen in dieser Woche über weitere Reaktionen auf die Vorfälle beraten. Ob und wo das Transparen­t am Samstag in der Bundesliga aufgehängt wird, ist noch offen.

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