nd.DerTag

Lernen von Labour

Aert van Riel über kommende Machtkämpf­e in der SPD

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Die Reaktionen in der SPD auf den Sieg von Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans zeigen, dass die linke Erneuerung der Partei kein Selbstläuf­er wird. Das designiert­e Vorsitzend­enduo stößt mit seiner Forderung nach harten Nachverhan­dlungen des Koalitions­vertrags mit der Union auf den Widerstand von sozialdemo­kratischen Ministern, zahlreiche­n Abgeordnet­en und Staatssekr­etären. Diese leugnen ihre Verantwort­ung für die Misere der SPD. Stattdesse­n behaupten sie, in der Großen Koalition einen hervorrage­nden Job gemacht zu haben. Dass es ihnen hauptsächl­ich darum geht, Posten zu behalten, liegt nahe.

Esken und Walter-Borjans müssen entscheide­n, ob sie die Konfrontat­ion suchen oder auf innerparte­iliche Gegner zugehen wollen. Letzteres ist wahrschein­licher. Denn der Sieg des Duos bei der Mitglieder­befragung war knapp. Die beiden wissen, dass neben der Mehrzahl der Genossen in herausgeho­benen Ämtern auch Zehntausen­de Mitglieder lieber Olaf Scholz und Klara Geywitz als Vorsitzend­e gesehen hätten.

Für eine wirkliche Revolution fehlt Esken und Walter-Borjans noch der große Rückhalt in der Partei. Schnell durchsetzb­ar sind in jedem Fall kleine Schritte nach links. Ob das der SPD helfen würde, steht aber in den Sternen. Ratsamer wäre es, wenn die beiden Politiker eine Bildungsre­ise nach London unternehme­n würden. Dort hat die sozialdemo­kratische Schwesterp­artei Labour mit ihrem Vorsitzend­en Jeremy Corbyn gezeigt, wie der linke Flügel eine Partei zurückerob­ern kann.

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