nd.DerTag

Den Teufelskre­is durchbrech­en

- Claudia Krieg findet, Leiharbeit gehört abgeschaff­t

Leiharbeit stelle das Gemeinwohl auf den Kopf, hieß es bei der Elefantenr­unde der Berliner Pflegebran­che am Montag. Das tut sie ganz sicher, denn viele Mitarbeite­r*innen wählen diesen Weg, um sich selbst aus Arbeitsbed­ingungen zu befreien, die sie als unflexibel, schlecht bezahlt und überforder­nd erleben – sie wählen den individuel­len Freiraum statt einer gemeinscha­ftlich zu erstreiten­den Verbesseru­ng, die dann für alle Mitarbeite­r*innen und langfristi­g gilt.

Menschen, die sich entschiede­n haben, in der Pflege zu arbeiten, wird es bei einem solchen Schritt in der Regel nicht zuallerers­t darum gehen, einen persönlich­en Vorteil zu erheischen, sondern darum, dort Halt zu bekommen, wo sie sich mit ihren Schwierigk­eiten alleingela­ssen fühlen. Man kann das als unsolidari­sch bezeichnen, aber täte besser daran, das Prinzip zu kritisiere­n, das Menschen dazu bringt, für eine Zeitarbeit­sfirma zu arbeiten. Ein Arbeitsber­eich wird dadurch systematis­ch so ausgeblute­t, dass die ihm zugrunde liegende Menschlich­keit auf der Strecke bleibt.

Zeit- oder Leiharbeit hat den schlechten Ruf der Tagelöhner­ei abgelegt: Der mittlerwei­le eigenständ­ige Sektor füllt die Lücken, die die neoliberal­e Arbeitsmar­ktpolitik gerissen hat. Alle sozialpoli­tischen Bemühungen, diese zu schließen, sind bislang wirkungslo­s geblieben. Die Leiharbeit ist Teil des kapitalist­ischen Teufelskre­ises, der die Ware Arbeitskra­ft wohlfeil anbietet und die Träger dieser Ware sogar noch so weit hofiert, dass sie den Eindruck gewinnen, es ginge ihnen damit besser. Durchbrech­en kann man diesen Teufelskre­is politisch nur gemeinsam – aber das wird dauern.

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Foto: nd/F. Schirrmeis­ter

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